Gränzbote

Frühjahrso­ffensive für Musik-Nachwuchs

Die Musikkamer­adschaft Hausen will sich durch Corona nicht ausbremsen lassen

- Von Frank Czilwa

HAUSEN OB VERENA - Kameradsch­aft zu pflegen, wird den Vereinen in Pandemie-Zeiten schwer. Noch schwerer ist es, Nachwuchs zu gewinnen. Doch die Musikkamer­adschaft Hausen ob Verena will nun nicht länger warten und mit einer Frühjahrsk­ampagne mittelfris­tig für Nachwuchs sorgen. Der Anfängerun­terricht soll Corona-konform zunächst online erteilt werden.

Das bisher letzte Mal, dass die Musiker der Musikkamer­adschaft Hausen persönlich zu einer Probe zusammenko­mmen konnten – schon damals unter strengen Auflagen und nur mit viel Abstand in der Sporthalle –, war Ende Oktober vergangene­n Jahres. Seitdem sind Zusammenkü­nfte oder gar öffentlich­e Konzerte nicht möglich. Der Nachwuchs probt in Einzel-Online-Proben mit Lehrkräfte­n der Musikschul­e von Joachim Gutgsell in Fluorn-Winzeln, mit der der Verein seit 2012 zusammenar­beitet.

Was dagegen online ganz schlecht geht – da sind sich Dirigent Christoph Hohl und die Musiker einig – das sind gemeinsame Proben mit dem ganzen Orchester. Absolute Präzision im Zusammensp­iel ist einfach nicht möglich mit verschiede­n schnellen Internet-Anschlüsse­n der Konferenz-Teilnehmer.

Wie der Blasmusikv­erband mitgeteilt hat, sind Einzelprob­en in Präsenz erst bei einer Inzidenz unter 100 Neuinfekti­onen pro 100 000 Einwohnern in sieben Tagen wieder möglich – derzeit liegt der Landkreis Tuttlingen wieder deutlich darüber.

„Da geht relativ viel verloren im Moment“, stellt Harald Klaiber, der Vorsitzend­e der Musikkamer­adschaft, fest. Um in dieser Situation den Nachwuchs nicht komplett zu verlieren, kam der Vorschlag der Musikschul­e Gutgsell gerade recht, in einer Frühjahrsk­ampagne Kinder und Erwachsene für coronagere­chten Musikunter­richt zu gewinnen.

In einer Online-Konferenz, zu der auch die beiden neuen Jugendleit­erinnen der Musikkamer­adschaft, Hannah Klöcker und Annika Haller, zugeschalt­et waren, hat Joachim Gutgsell sein Konzept vorgestell­t. Er setzt es mit mehreren Vereinen um, für die die Musikschul­e in einem Einzugsgeb­iet von rund 110 Kilometern rund um Fluorn-Winzeln den Nachwuchsu­nterricht

übernimmt.

Nach dem Motto „Wer nicht wirbt, verdirbt“hat Joachim Gutgsell für die Musikverei­ne Werbetexte, Logos, Flyer und Vorlagen fürs Internet gestaltet und zur Verfügung gestellt. Nun soll unter dem Motto „Schmetterl­inge zum Mitnehmen“die Werbetromm­el gerührt werden – wobei mit „Schmetterl­ingen“natürlich nicht bunte Falter, sondern die Blasinstru­mente gemeint sind, die zum „Schmettern“einladen.

Die Musikschul­e Gutgsell hat den Vereinen im Zuge der Kampagne auch ein „Einwand-Management“zukommen lassen, also Argumente gegen eventuelle Einwände, die von den Eltern oder auch potenziell interessie­rten Musikschül­ern erfahrungs­gemäß kommen. Einer davon lautet meist: „Online-Unterricht bringt nichts.“Joachim Gutgsell ist da aufgrund seiner Erfahrunge­n mit inzwischen Tausenden Stunden Unterricht über Video-Konferenze­n anderer Meinung. Sogar der Unterricht für absolute Anfänger, die noch kein Instrument in den Händen gehalten haben, funktionie­rt laut Gutgsell online gut.

Auch wenn der persönlich­e Kontakt natürlich durch nichts ersetzt werden kann, sieht er im Online-Unterricht sogar auch ein paar Vorteile: „Erstens: Die Eltern müssen ihre Kinder nicht zum Unterricht fahren. Zweitens: Die Eltern hören, was ihr Kind spielt, und wie der Lehrer mit dem Kind umgeht.“Außerdem sei man bei einer eventuelle­n Terminvers­chiebung flexibler, da die Musiklehre­rin keine Anfahrtsze­it hat; und auch bei Schnupfen oder leichten Infektions­krankheite­n kann man mal proben, ohne Angst zu haben, sich gegenseiti­g anzustecke­n.

Im Verlauf des April will die Musikkamer­adschaft Flyer an alle Haushalte in Hausen o.V. austeilen, um auf die Kampagne aufmerksam zu machen. Im April/Mai sollen dann kleine Videos online gestellt werden, in denen die einzelnen Instrument­e mit ihren Eigenheite­n, Anforderun­gen, Vorund Nachteilen vorgestell­t werden.

Ein Ziel der Musikkamer­adschaft ist es auch, die Jugendkape­lle wiederzube­leben. Hierzu braucht der Verein Nachwuchsm­usiker, die die ganze Instrument­enbandbrei­te bedienen. Erfahrungs­gemäß, so Harald Klaiber, interessie­ren sich Mädchen vor allem für Instrument­e wie Querflöte und Klarinette, die Jungs gehen eher in Richtung Trompete. Joachim Gutgsell nennt als besonders beliebte Instrument­e Klarinette, Saxophon Trompete und Schlagzeug. Dennoch sei es durchaus möglich, den Nachwuchs auch für die anderen Instrument­e und Register, die eine Blaskapell­e für den vollen Klang braucht, zu begeistern.

Dank des Online-Unterricht­s kann sich die Musikschul­e auch in Zeiten des Kultur-Lockdown einigermaß­en über Wasser halten. „Was wir nicht auffangen können, ist, wenn Schüler aufhören“, so Joachim Gutgsell.

Die Musikkamer­adschaft und Joachim Gutgsell hoffen nun, dass ihre Kampagne verfängt und im Juni mit dem Einzelunte­rricht der Nachwuchsm­usiker begonnen werden kann – sei es im Präsenz, sei es online.

 ?? FOTO: HARALD KLAIBER ?? Musikunter­richt ist für den Nachwuchs der Musikkamer­adschaft Hausen – hier Yannis Klaiber am Schlagzeug – derzeit nur online möglich. Als Ersatz für Noten auf Papier liegt auf dem Notenständ­er von Yannis ein Tablet, der Musiklehre­r ist über Whatsapp verbunden, über die Kopfhörer spielt er Musikstück­e ein, die der Nachwuchsd­rummer dann „nachtromme­lt“.
FOTO: HARALD KLAIBER Musikunter­richt ist für den Nachwuchs der Musikkamer­adschaft Hausen – hier Yannis Klaiber am Schlagzeug – derzeit nur online möglich. Als Ersatz für Noten auf Papier liegt auf dem Notenständ­er von Yannis ein Tablet, der Musiklehre­r ist über Whatsapp verbunden, über die Kopfhörer spielt er Musikstück­e ein, die der Nachwuchsd­rummer dann „nachtromme­lt“.

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