„Die Amateurmusik wird oft vergessen“
Lorenz Overbeck über die derzeitige Situation für Chöre und Orchester
TROSSINGEN (sfk) – Die Arbeit von Chören und Orchestern ist seit Beginn der Pandemie fast ganz zum Erliegen gekommen. Für den Bundesmusikverband Chor und Orchester (BMCO), der derzeit ein Kompetenzzentrum in Trossingen baut, bringt das viele Herausforderungen mit sich. Sabine Felker hat sich mit Lorenz Overbeck, Geschäftsführer des Bundesmusikverbands, darüber unterhalten, warum so mancher Politiker erst davon überzeugt werden muss, dass Amateurmusik keine reine Freizeitbeschäftigung ist, und wie Hygienekonzepte helfen sollen, dass Proben und Konzerte wieder stattfinden können.
Der BMCO wurde vor etwa zweieinhalb Jahren gegründet, also vor der Pandemie. Nun können sich Orchester und Chöre kaum noch zu Proben und schon gar nicht zu Auftritten treffen. Wie beeinflusst das Ihre aktuelle Arbeit?
Die Pandemie hat gezeigt, wie wichtig es ist, dass die Interessen der Amateurmusik der Politik zu Gehör gebracht werden. Die Amateurmusik wird oft vergessen oder als reine Freizeitbeschäftigung abgetan. Hier hat der BMCO in den vergangenen Monaten viel Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit geleistet und ist im regelmäßigen Austausch mit
Abgeordneten des Bundestags. Unter anderem konnten wir dank der Förderung der Kulturstaatsministerin ein „Kompetenznetzwerk Neustart Amateurmusik“ins Leben rufen, welches die unzähligen Fragestellungen, die sich durch Corona ergeben haben, beantwortet. Natürlich fallen auch bei uns unzählige Veranstaltungen aus, müssen abgesagt, verschoben oder umgeplant werden. Ebenso beraten wir unsere vielen Fördergeldempfänger, deren Projekte nun nicht in der geplanten Form stattfinden können und helfen ihnen bei der Lösungssuche. Gemeinsam mit dem Deutschen Musikrat und der Konferenz der Landesmusikräte machen wir uns dafür stark, dass insbesondere die Probenarbeit - bei hoffentlich in absehbarer Zeit anstehenden Öffnungen - nicht mehr pauschal verboten wird, sondern mit guten Hygienekonzepten ermöglicht wird.
Viele Vereine fürchten, dass sie in der Corona-Krise Mitglieder verlieren, weil die ihre Freizeit neu ausgerichtet haben. Hat Ihr Verband bereits Konzepte erarbeitet, wie diese Herausforderung von Chören und Orchestern bewältigt werden kann?
Grundsätzlich ist die Befürchtung da, allerdings lassen sich bislang noch kaum zahlenmäßige Austritte feststellen, die Solidarität ist noch sehr groß. Problematischer ist aktuell, dass die gewohnte Nachwuchsarbeit nicht stattfinden kann. Schulklassen die normalerweise als Singe-, Bläser- oder zum Beispiel Harmonikaklassen stattgefunden hätten, fallen aus und können nicht nachgeholt werden.
Auch Talentförderung kann gerade nicht stattfinden, so dass wir hier schon von verlorenen Jahrgängen sprechen müssen. Mit Förderprogrammen zur Nachwuchs(wieder) gewinnung versuchen wir allerdings auch hier zu kompensieren.
Derzeit sieht es eher nach neuen Beschränkungen als nach Lockerungen aus. Wie kann Ihr Verband auch unter den aktuellen Bedingungen seinen Mitgliedern Hilfestellungen geben?