Teure Ohrfeige für Apfel-Klau
Tuttlinger wird vor Gericht zu hoher Geldstrafe verurteilt, zieht Berufung aber zurück
TUTTLINGEN/ROTTWEIL - Dass sich kleine und auch größere Jungs schon mal mit Äpfeln, Birnen, Zwetschgen oder Kirschen aus Nachbars Garten oder von anderswo bedienen, ist ein Phänomen, das seit Menschengedenken vorkommt. Meist bemerkt es der Nachbar nicht und wenn doch, drückt er ein Auge zu, jedenfalls meistens. Nicht so am Abend des 28. September 2018 in Tuttlingen.
Da bemerkte ein heute 62-jähriger Mann, wie sich zwei Nachbarskinder, ein Zehnjähriger und dessen jüngerer Bruder, an seinem Apfelbaum versündigten – so empfand er das. Der Mann forderte die beiden Jungs auf, von seinem Grundstück zu verschwinden, und das auf der Stelle. Als sie dem nicht gleich nachkamen, schritt er zur Selbstjustiz und verpasste dem Älteren eine Ohrfeige. Die fiel so heftig aus, dass der Zehnjährige aus der Nase blutete und eine leichte Stauchung des unteren Kiefergelenks erlitt. Die Eltern waren so aufgebracht, dass sie Anzeige erstatteten, worauf das Amtsgericht Tuttlingen im September 2019 feststellte, der Mann habe den Jungen „mit der flachen Hand ins
Gesicht geschlagen“und ihn deshalb zu einer Geldstrafe von 1200 Euro verurteilte. Dagegen legte der Täter Berufung ein, die diese Woche vor der Kleinen Strafkammer des Landgerichts Rottweil stattfinden sollte. Doch eine halbe Stunde vor Beginn der Verhandlung zog der Verteidiger des Mannes den Antrag zurück.
Jetzt muss der Verurteilte nicht nur die 1200 Euro bezahlen und die Kosten für den ersten Prozess, sondern auch den finanziellen Aufwand für das zweite Verfahren tragen. Nebem dem Richter standen zwei LaienSchöffen, der Staatsanwalt und sechs Zeugen bereit.