Röttgen: Nationalismus löst keine Probleme
37. Innovationsforum bei der Anton Häring KG behandelt internationale Herausforderungen
BUBSHEIM - Wahlkampfzeiten machen es immer wieder möglich, dass sich die bundespolitische Prominenz auf den Heuberg begibt. Auf Vermittlung der CDU-Bundestagskandidatin Maria-Lena Weiss beeindruckte der eloquente Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen, seine rund 140 Zuhörer, darunter Altministerpräsident Erwin Teufel, viele Bürgermeister, Politiker, Unternehmer und Vertreter aus der Wirtschaft.
„Nur mit guten außenpolitischen Beziehungen können wir auch Gutes erreichen“, mahnte Miriam Häring im Namen der Inhaberfamilie bei der Eröffnung im Betriebsrestaurant „Antonis“. Für den auf vier Kontinenten aktiven Teilezulieferer seien die internationalen politischen Verhältnisse in der tagtäglichen Praxis unmittelbar zu spüren, zum Beispiel bei Visaproblemen mit der Volksrepublik China. Ein Lob hatte sie für den CDU-Abgeordneten bezüglich des neuen Einwanderungsgesetzes, das die Anwerbung von Fachkräften erleichtere.
Ebenfalls lobende Worte fand Maria-Lena Weiss für das gastgebende Unternehmen und den heimischen Mittelstand insgesamt, der sich in der Coronakrise gut behauptet habe. Weiss plädierte für einen Neustart in ein Jahrzehnt, in dem der Klimaschutz Priorität habe, allerdings würde es nur funktionieren, wenn Ökonomie und Ökologie zusammenwirken.
„Ich freue mich auf eine gemeinsame Zeit in Berlin mit der Kandidatin des Wahlkreises“, sagt Röttgen, bedauert aber auch das Ausscheiden des Vorgängers Volker Kauder, dessen große Verdienste als Fraktionschef nicht vergessen seien.
„Mit einem dummen Nationalismus lösen wir keine Probleme“, leitete der Redner seinen globalen Streifzug ein. In dieser besonderen historischen Zeit einer Zwischenepoche mit dem Ende der Nachkriegsordnung komme es auch besonders auf uns selbst an.
Bei seinem jüngsten USA-Besuch habe ihn – auch nach der Regierung Trump – das Ausmaß des politischen Kulturkampfes überrascht. Die immer noch andauernde fragile Lage verhindere die Politikfähigkeit noch einige Zeit. Der Verfechter der guten transatlantischen Beziehungen plädiert vehement für einen deutschen Beitrag der Verantwortung, um auf eine neue Partnerschaft mit den USA bauen zu können.
Die schwierigen Beziehungen zu
China sieht Röttgen dagegen als sehr problematisch an, nicht nur wegen der Missachtung von grundlegenden Menschenrechten, sondern auch des Ablehnens des internationalen Rechtes. Trotzdem dürfe man im Spannungsfeld der Weltmächte nicht in alte Verhältnisse zurückfallen.
Der Machtkonflikt finde künftig auf dem Technologiesektor statt, weshalb die eigene Innovationskraft mit allen Kräften auf europäischer Ebene gestärkt werden solle. Der ambitionierte Außenpolitiker räumt unumwunden ein, dass die fernöstlichen Beziehungen eine Gratwanderung seien, denn die wirtschaftlichen Verbindungen könne man nicht beschädigen.
Damit fand der Referent die Zustimmung des Geschäftsführers Jürgen Häring, der mit seinen Niederlassungen in beiden Machtblöcken China und USA auf eine funktionierende Außenpolitik des vernünftigen Ausgleichs hofft.
Einen wunden Punkt sprach der jüngste Diskussionsteilnehmer an: Er und seine Mitschüler fühlten sich als hilflose Opfer und als Spielball während der Pandemie. Und wie sich der ehemalige Umweltminister zum Klimawandel positioniert, wollte der Sprecher einer großen Schule des Kreises wissen.
Röttgen zeigte sich vor der gewaltigen Zukunftsaufgabe, in der nächsten Zeit auf „Null-Emissionen“zu kommen, selbstkritisch, zeigte sich jedoch verhalten optimistisch, denn es sei nun nicht mehr die Frage, ob man das will, sondern nur der Weg zum „wie“sei noch umstritten.
Auch mit der neuen amerikanischen Administration unter Biden sei endlich eine Chance gegeben, mit marktwirtschaftlichen Mitteln eine Wende zu schaffen. Aber über das Verhalten von China oder auch Brasilien macht sich Röttgen keine Illusionen.
Professor Lüder Gerken vom Zentrum für europäische Politik outete sich als Befürworter eines CO-2 Tarifes, möchte jedoch auch die Wettbewerbsfähigkeit der Exportindustrie nicht gefährden.
Ein leitender Bankvertreter mahnte die Verbesserung des Verhältnisses zu Russland an, wogegen der Referent den Umgang mit Putin und seiner aggressiven Außenpolitik als sehr schwierig einschätzt. Man müsse jede politische Naivität gegenüber Russland ablegen und klar erkennen, dass die umstrittene Gaspipeline in der Ostsee als politische Waffe gegenüber der bedrohten Ukraine eingesetzt wird.