Gränzbote

Krzikalla beendet sein Verstecksp­iel

Bundesliga-Handballer macht seine Homosexual­ität öffentlich und erfährt Zuspruch

- Von Christoph Stukenbroc­k und Moritz Löhr

(SID) - Lucas Krzikalla hielt es nicht mehr aus. Dem jahrelange­n Verstecksp­iel setzte der Leipziger Handballer am Wochenende ein Ende. „Die Sexualität, wer wie leben will, muss einfach egal sein – in jedem Beruf. Und damit sich endlich etwas ändert, müssen wir Profisport­ler jetzt auch selbst etwas unternehme­n“, sagte Krzikalla der „Welt am Sonntag“– und machte seine Homosexual­ität als erster aktiver männlicher Mannschaft­ssportler in Deutschlan­ds vier größten Profiligen öffentlich.

Mit seinem mutigen Entschluss, einem der „wichtigste­n Schritte in meinem Leben“, möchte Krzikalla Vorbild sein. Ein Vorbild, das der langjährig­e Bundesliga­spieler selbst nie hatte. Der frühere Fußball-Nationalsp­ieler Thomas Hitzlsperg­er etwa hatte sein Coming-Out erst nach der Karriere.

Und so äußerte Krzikalla in der MDR-Dokumentat­ion „Aus der Deckung“seine große Hoffnung: „Vielleicht wird es den ein oder anderen ermutigen, offener damit umzugehen und kein Verstecksp­iel mehr zu betreiben.“Allein von fünf Handballsp­ielern in der ersten und zweiten Liga wisse er, „die es vielleicht innerhalb der Mannschaft erzählen, aber Angst haben, mit einem Coming-Out ihrer Karriere zu schaden“. Aber die Veränderun­g müsse „auch von innen kommen, aus dem Sport selbst“.

Johannes Golla ist überzeugt, dass Krzikalla ein Vorreiter sein kann. „Ich glaube, es wird weitere geben, die diesen Schritt gehen werden, um befreiter leben zu können und sich nicht mehr verstellen zu müssen“, sagte der Nationalma­nnschaftsk­apitän

zum „sehr, sehr mutigen und bemerkensw­erten Schritt“seines Bundesliga-Rivalen: „Er geht damit voran. Das wird ein Vorteil für viele weitere Sportler über den Handball hinaus sein.“

Im Volleyball hatte sich bereits im Vorjahr der queere Berliner Benjamin Patch geoutet. Im Fußball, Handball, Basketball und Eishockey – den vier größten Ligen in Deutschlan­d – wagte bislang jedoch kein aktiver Profi den Schritt, den Krzikalla nun ging. Im Handball kommt der womöglich wegweisend­e Entschluss gut an. Leipzigs Geschäftsf­ührer Karsten Günther sieht in Krzikalla ein „absolutes Vorbild“. Und auch DHB-Präsident Andreas Michelmann freut die Nachricht „für den Menschen Lucas Krzikalla und sein gesamtes Umfeld. Sein Outing zeugt im besten Sinne des Wortes von einem gesunden Selbstbewu­sstsein“, sagte der Verbandsch­ef .

Familie, Freunde und Mitspieler:

Krzikallas Coming-Out begann im Kleinen. „Das war dann glaube ich schon eine Erlösung für ihn“, erzählt der Leipziger Teamkolleg­e Alen Milosevic. Fortan grübelte Krzikalla über der Frage, ob und wann er an die Öffentlich­keit gehen sollte. Der 28Jährige erinnert sich an Partys, auf denen er mit Mädchen nur quatschte, um den Schein zu wahren. Jetzt war die Zeit reif.

„Nach Jahren der Diskrimini­erung haben wir, wenn wir alle den Mut haben, jetzt die Chance, tatsächlic­h ein für alle Mal etwas zu ändern. Jedes Coming-Out ist eine große Befreiung“, sagt Krzikalla, der in Leipzig auf fast 200 Bundesliga-Spiele und knapp 500 Tore kommt. Auch wenn Mitspieler Milosevic mit „vielen, vielen Kommentare­n“, auch viel Negativem auf Social Media rechnet – Krzikalla ficht das nicht an. „Idioten, die dumme Sprüche machen, wird es immer geben“, sagt er. Das Verstecksp­iel hat für ihn endlich ein Ende.

 ?? FOTO: HENDRIK SCHMIDT/DPA ?? Lucas Krzikalla wollte sich nicht länger verstecken.
FOTO: HENDRIK SCHMIDT/DPA Lucas Krzikalla wollte sich nicht länger verstecken.

Newspapers in German

Newspapers from Germany