Scholz sagt der Frührente den Kampf an
Mehr Menschen sollen nach Wunsch des SPD-Kanzlers tatsächlich bis 67 arbeiten
BERLIN (AFP) - Bundeskanzler Olaf Scholz will erreichen, dass weniger Menschen in Deutschland vorzeitig in Rente gehen. „Es gilt, den Anteil derer zu steigern, die wirklich bis zum Renteneintrittsalter arbeiten können“, sagte er am Sonntag den Funke-Zeitungen und der französischen Zeitung „Ouest-France“. Der Sozialdemokrat räumte allerdings ein, dass dies vielen Menschen schwer falle. Neuen Zahlen zufolge verlassen derzeit zahlreiche ältere Menschen deutlich vor der Regelaltersgrenze den Arbeitsmarkt. Das Regelalter für den Renteneintritt hatte in Deutschland lange bei 65 Jahren gelegen; 2007 wurde die Anhebung
auf 67 Jahre beschlossen. Die Anpassung erfolgt in vielen kleinen Stufen bis 2031.
Nachdem jahrelang immer mehr ältere Menschen berufstätig blieben, stagniert der Trend laut des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) bei den Babyboomer-Jahrgängen, die in den geburtenstarken Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg zur Welt kamen. Eine Rolle spielt demnach die seit 2014 bestehende Möglichkeit des früheren Rentenbezugs ohne Abschläge für besonders langjährig Versicherte, die sogenannte Rente mit 63. Laut BiB ging 2021 jede und jeder Dritte über diesen Weg in die Rente. Zahlen der Deutschen
Rentenversicherung zeigten zudem, dass in den letzten Jahren vermehrt Menschen früher in den Ruhestand gingen und hierfür Rentenabschläge in Kauf nahmen. Bei etwa einem Viertel der im letzten Jahr neuen Rentner war dies demnach der Fall.
Für das Institut gibt die Entwicklung „aus finanz- und arbeitsmarktpolitischer Sicht Anlass zur Sorge“. Aufgrund der Größe der Babyboomer-Jahrgänge verstärke deren Austritt den Mangel an erfahrenen Arbeitskräften. „Die stagnierenden Zahlen zeigen, dass die Ausweitung der Erwerbstätigkeit in höhere Alter kein Selbstläufer ist“, sagte Elke Loichinger vom BiB am Samstag.
In diesem Zusammenhang forderte Kanzler Scholz unter anderem den Ausbau von Ganztagsangeboten in Krippen, Kitas und Schulen, um insbesondere den Anteil von Frauen am Arbeitsmarkt zu steigern. Er wies auf Prognosen hin, wonach bis zum Jahr 2035 wohl sieben Millionen Fachkräfte in Deutschland fehlen werden und betonte die Notwendigkeit von Zuwanderung, „um unseren Wohlstand sichern zu können“.
Der Sozialverband SoVD begrüßte den Vorstoß des Bundeskanzlers. Arbeitgebervertreter forderten die Ampel-Koalition derweil auf, eine große Rentenreform in Angriff zu nehmen.