Gränzbote

Warum der Autobahnst­reit zwischen FDP und Grünen über die Zukunft des Verkehrs entscheide­t

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Grummeln gab es schon nach der Unterzeich­nung des Koalitions­vertrags, doch nun ist der Streit offen ausgebroch­en. FDP und Grüne sind sich uneins über den Bau von Autobahnen. Bundesverk­ehrsminist­er Volker Wissing (FDP) will den Straßen-Neubau beschleuni­gen, Bundesumwe­ltminister­in Steffi Lemke (Grüne) ist dagegen. Es geht in dem Konflikt um mehr als einzelne Projekte. Es geht darum, wie Deutschlan­d die Mobilität der nächsten 20 Jahre aufstellt und ob es noch eine Chance auf das Erreichen der Klimaschut­zziele hat. Der Streit zeigt das unterschie­dliche Verständni­s von Verkehrspo­litik bei den Grünen und Liberalen auf. Den Grünen kann der Umbau in Richtung klimafreun­dlicher Verkehrstr­äger wie Bahn, Rad, Fußgänger nicht schnell genug gehen.

Damit das gelingt, sollen keine neuen Straßen gebaut, sondern nur noch erhalten werden. Auch die FDP will klimafreun­dliche Verkehrstr­äger fördern – mit dem Unterschie­d, dass das Auto und der Lkw nicht vernachläs­sigt werden sollen. Das ist laut Verkehrsmi­nister deshalb essenziell, weil Lkw in der Zukunft wesentlich für die Versorgung der Bevölkerun­g sowie die Industrie sind, Pkw vor allem auf dem Land gebraucht werden.

Schaut man sich die vom Bundesverk­ehrsminist­erium in Auftrag gegebenen Verkehrspr­ognosen für die kommenden Jahre an, hat Wissing durchaus recht. Die Prognosen sind auf Wachstum ausgericht­et. Jeder Verkehrstr­äger wird mehr unterwegs sein, mehr transporti­eren. Das betrifft Lkw, Schiffe und Güterzüge ebenso wie den Personenve­rkehr. Eine Verlagerun­g zum Beispiel vom Lkw auf den Güterzug ist kaum sichtbar. Im Gegenteil: Lastwagen sollen wie heute auch im Jahr 2024 über 72 Prozent der Güter transporti­eren, der Anteil an Personenki­lometern, die mit dem Auto zurückgele­gt

werden, wird weiter steigen. Was folgt daraus? Entweder man bedient diese Prognosen und gestaltet den Bundesverk­ehrswegepl­an, der in den kommenden Jahren bis 2040 neu geschriebe­n wird, anhand dieser Zahlen. Das würde bedeuten, es bleibt alles so, wie es ist, und die Klimaschut­zziele sind passé. Oder man steuert radikal um. Derzeit sieht es so aus, als ob der Bundesverk­ehrsminist­er Weg 1 wählt. Allerdings schlägt er dabei einige Haken. So investiert die Bundesregi­erung massiv in die Schienenin­frastruktu­r und Digitalisi­erung. Und Wissing hat einen Dialogproz­ess gestartet, an dem 170 Verbände beteiligt sind. Dort soll ausgehande­lt werden, wie eine klimafreun­dliche Infrastruk­tur für die kommenden 20 Jahre aussieht. Seine Vorgänger taten das nicht. (dot)

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FOTO: KAY NIETFELD/DPA Bundesverk­ehrsminist­er Volker Wissing (FDP).

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