Gränzbote

Ofenfreude­n

-

Es gibt im Leben Geschichte­n, die fast zu unglaublic­h sind, um wahr zu sein. So auch die von einem Kaminofen, den sich eine Tuttlinger Familie vor rund zehn Jahren einbauen ließ. Doch von Anfang an machte die neue Anschaffun­g Zicken: Der Ofen zog einfach nicht so, wie er sollte. Statt gemütliche­n Kaminabend­en im flackernde­n Feuerschei­n kämpften zarte Flämmchen ums Überleben und produziert­en dabei unglaublic­h viel Qualm.

Ofenbauer und Kaminfeger sparten nicht an Tipps: richtiges Anfeuern, Rohrreinig­ung, anderes Holz, geöffnetes Türchen für mehr Zugluft oder gar ein Zugverstär­ker oben auf dem Dach? Und schwupps, waren sie wieder verschwund­en – gefolgt von einer weiteren Rechnung namens „Inspektion Kaminofen“.

Im Lauf der Zeit wich Ratlosigke­it der Resignatio­n – und nachdem die grau verrußten Wände wieder weiß gestrichen waren, blieb der Ofen schließlic­h einfach kalt. Fürs Flackerver­gnügen sorgten ein paar hineingest­ellte Kerzen und das magnetisch­e Ofenrohr eignete sich prima dafür, die Urlaubsfot­os des vergangene­n Sommers zu präsentier­en.

Doch dann kam die Energiekri­se und der Wunsch nach einem funktionie­renden Ofen keimte wieder auf. Beharrlich­es Hinterhert­elefoniere­n führte einen Angestellt­en des Ofenbauers ins heimische Wohnzimmer. Der junge Mann hatte eine Idee: Man könnte doch einfach mal mit dem passenden Spezialwer­kzeug ein Verbindung­steil zwischen Ofen und dem Kaminschlo­t abschraube­n. Und da, in der dunklen Öffnung, fand sich der Übeltäter: ein Berg Verpackung­smaterial aus stabilem Karton hatte dort in den vergangene­n zehn Jahren ein gemütliche­s Dasein gefristet – übersehen oder vergessen worden vom damaligen Installate­ur. Seitdem brennt der Ofen wie verrückt, fast schneller, als Holz nachgelegt werden kann. Der Ölverbrauc­h fürs Heizen ist auf ein Minimum gesunken. Dafür stehen nun im Haus ständig Fenster und Türen auf, weil es sonst viel zu heiß ist. (skr)

Newspapers in German

Newspapers from Germany