„Putin ist nach Hitler der größte Verbrecher in Europa“
Günter Oettinger spricht Klartext beim 39. Innovationsforum der Inter-ETS
- Die regelmäßigen Veranstaltungen der Interessengemeinschaft der Erwin-Teufel-Schule (ETS) haben inzwischen einen legendären Ruf, nicht nur im Umkreis der geförderten Berufsschule in Spaichingen, sondern in der gesamten Region Schwarzwald-Baar-Heuberg.
So war es für die gastgebende Unternehmerfamilie Häring, trotz der allgegenwärtigen Krisen, eine Freude, dass das Betriebsrestaurant „Antonis“die vielen Gäste kaum fassen konnte. Neben dem „Schulpaten“Altministerpräsident Erwin Teufel waren die Abgeordneten Maria-Lena Weiss (MdB), Guido Wolf (MdL), Niko Reith (MdL) und Landrat Stefan Bär präsent. Auch die früheren Mitglieder des Landtages, Franz Schuhmacher und Josef Rebhan, ETSSchulleiter Dr. Walter Blaudischek, Rektor Rolf Schofer von der Fachhochschule Furtwangen und der frühere Staatsekretär Ernst Burgbacher waren dabei. Der Fördervereinsvorsitzende Robert Pemsel unterstrich den Stellenwert der beruflichen Schule für die Wirtschaft des Raumes, denn diese lasse keine Lücke im Angebot für die nachwachsenden Fachkräfte offen. Der nunmehr 43 Jahre existierende Trägerverein mit über 120 Mitgliedern unterstütze die Schule ideell und materiell und nehme eine wichtige Brückenfunktion zwischen den Lernorten wahr.
Jürgen Häring sieht seine Aufgabe nicht nur in der Führung seines Familienkonzerns, er spricht sich außerdem
vehement für den Zusammenschluss der heimischen Wirtschaft auf dem Heuberg aus. Die vielfältigen Problemfelder, angefangen von der gefährdeten Energieversorgung, dem Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, dem Mangel an Wohnraum und der Gefährdung der internationalen Transportwege beschäftigen ihn zurzeit besonders. Von der Politik erhofft er sich genügend Freiraum
mit unternehmerfreundlichen Rahmenbedingungen, um den erreichten Wohlstand zu sichern.
Der frühere Ministerpräsident legte in einer temperamentvollen Rede seinen Finger in so manche offene Wunde. Und da brauchte er nicht lange zu suchen, denn ihn treibt die allgegenwärtige Krisenlage mächtig um. „Wir sind in einem Kampf der Kulturen, die Mehrheit der Weltbevölkerung wird nicht demokratisch regiert, weshalb wir gefordert sind, unsere freiheitlichen Werte zu exportieren“, fordert der ehemalige EU-Kommissar. Allerdings meint er mit diesen „Werten“weniger die sogenannten Gendersternchen, oder Klimablockierer und die weltmeisterlichen Armbindenträger, sondern die persönlichen und politischen Freiheiten in einem demokratischen System. Öttinger befürchtet, dass US-Präsident Biden wohl der letzte Transatlantiker sein könnte. Aber auch bei ihm komme leider Amerika zuerst.
„Die Frau Lagarde hat mit der Europäischen Zentralbank für die Geldwertstabilität zu sorgen“, doch hier hat sie auf der ganzen Linie versagt. Und unter der galoppierenden Inflation mit der Lohn-Preisspirale leiden zuerst die kleinen Vermögen“, kritisiert der Redner unter dem Beifall der Zuhörer. Mit der erkennbaren Rezession werde unsere Republik wieder zum Sorgenkind Europas. Die SPD-Forderung nach einer 25Stundenwoche sei der falsche Lösungsansatz, denn wir sollten nicht weniger, sondern entschieden mehr arbeiten, besonders auch den Rentenbeginn auf 70 Jahre anheben. „Wir müssen den Leuten die Wahrheit sagen, denn wir sind eine ziemlich verwöhnte Gesellschaft geworden“, kritisiert Oettinger.
Ein düsteres Bild im Rahmen der Energieversorgung malt der inzwischen in die Wirtschaft abgewanderte Politiker. „Wo kommt denn momentan unser Strom her“, frage er sich. Aber er hat auch die ernüchternde Antwort parat. „Es sind die Kohlekraftwerke, welche die Lücken bei dieser Wetter- und Jahreszeitlage füllen müssen“. Und wenn künftig die vielen Wärmepumpen den Strombedarf noch zusätzlich erhöhen werden, werde die angestrebte CO-2 Neutralität in weite Ferne gerückt. Man dürfe sich in dieser zentralen Frage nicht in die eigene Tasche lügen, wobei er auch seine politische Heimatpartei CDU offen kritisiert, ohne aber die Exkanzlerin beim Namen zu nennen. Überhaupt ist nach Oettingers Meinung die Energiewende nicht erfolgreich, sie sorge vielmehr dafür, dass unsere wichtigen Industriebranchen ganz einfach in die Länder mit preiswerter Versorgung abwandern.
Ein weiterer Irrweg sei es nun mit der Verflüssigung von Gas. Das zur Verschiffung notwendiger Verfahren sei der völlig falsche Ansatz. Schließlich müsse bei jeder Änderung des Aggregatzustandes wieder sehr viel Energie vergeudet werden.
Geschäftsführerin Miriam Häring wollte noch ein paar konkrete Tipps für die mittelständischen Unternehmen erhalten. Da komme zuerst die Sicherung der bisherigen Arbeitsplätze in Frage, dann die gute Ausbildung und nicht zuletzt die permanente Weiterbildung der Belegschaft, ist der Ratschlag Oettingers. Und zur viel gepriesenen Zukunftsenergie Wasserstoff merkt er an, dass dieser nur ein Teil der Lösung sein könne, denn nur mit dem sogenannten „Grünen Wasserstoff “könne man die Versorgung der Industrie nicht abdecken. Guido Wolf pflichtete den Aussagen voll zu und beklagte aber auch den um sich greifenden Vertrauensverlust in die Politik und unser demokratisches System insgesamt.