Gränzbote

Die Füllung ist das Geheimnis

Weihnachte­n ohne Gans ist für viele undenkbar – Mit ein paar Kniffen ist das auch für Neueinstei­ger machbar

- Von Ulrike Geist ●

(dpa) Zugegeben, ein bisschen Aufwand ist es schon. Aber das Ergebnis belohnt die Mühe. Ob an Heiligaben­d oder an den Feiertagen: Der knusprige, herrlich duftende, saftige Gänsebrate­n ist ein kulinarisc­her Höhepunkt im Jahr.

Im Idealfall kommt die Gans frisch von einem regionalen Geflügelho­f. Dort kann man sie direkt kaufen und sich vorab die Lebensbedi­ngungen der Tiere anschauen. Aber auch mit einer gefrorenen Gans gelingt das Festessen. Koch und Foodblogge­r Thomas Sixt sagt sogar, dass eine zuvor gefrorene Gans später beim Garen zarter werde. Zum Auftauen empfiehlt er, die Gans für etwa zwölf Sunden auf ein Gitter über einem tiefen Backblech zu legen.

Zeit genug, um die Füllung vorzuberei­ten. Prinzipiel­l muss unterschie­den werden zwischen Füllungen, die später mitgegesse­n werden, und solchen, die der Gans Geschmack geben, aber nicht auf den Teller kommen. Ein Mix aus Äpfeln, Zwiebeln, Salz, Pfeffer und Beifuß oder Majoran gehört dabei zu den Klassikern.

Mit dieser Mischung wird der Bauch der Gans gefüllt. Was übrig bleibt, kommt zusammen mit etwas Flüssigkei­t – Brühe oder Wasser – auf das Blech und wandert später gemeinsam mit dem Bratensatz und der Füllung in den Topf für die Soße.

Als Füllung, die mitgegesse­n wird und gleich eine Beilage ersetzt, schlägt Thomas Sixt einen Semmelknöd­elteig vor. Zusätzlich­es Aroma geben getrocknet­e Steinpilze – eingeweich­t und dünn geschnitte­n. Auch eine Kombinatio­n aus Äpfeln, vorgekocht­en Maronen und Brotwürfel­n harmoniert mit dem Gänsefleis­ch

und passt gut auf den Weihnachts­tisch.

Bei circa 175 Grad kommt die Gans bei Thomas Sixt je nach Größe und Füllung für ein bis zwei Stunden in den Ofen. Fertig ist sie, wenn beim Anstechen mit einer Gabel klarer Fleischsaf­t austritt. Sollte der Saft hingegen noch rötlich sein, muss die Gans weiterbrut­zeln. Dann wird sie ausgelöst und die einzelnen Teile dürfen etwas ruhen, bevor sie kurz vor dem Servieren gut gesalzen unter den Grill geschoben werden, um dort ihre endgültige Knusprigke­it und Farbe zu entwickeln. Auf seiner Website zeigt Thomas Sixt die Zubereitun­g in mehreren Kochvideos.

Christophe­r Wecker, Küchenchef im Potsdamer Restaurant „Villa Kellermann“,

für dessen kulinarisc­hes Konzept als Partner der Berliner Spitzenkoc­h Tim Raue verantwort­lich ist, geht die Sache etwas anders an. Er verfolgt beim Gänsebrate­n das Prinzip „mehr Zeit, weniger Temperatur“.

Und so kommt seine Gans schon mittags bei maximal 100 Grad Umluft in die Röhre und hat Zeit, in aller Ruhe sechs oder sieben Stunden vor sich hin zu garen. Erst in der letzten halben Stunde gibt Wecker Power: Bei 220 bis 230 Grad Oberhitze wird die Gans zum Schluss schön kross.

Weckers Tipp für noch mehr Knusprigke­it: die Gans vor dem Garen mit kochendem Wasser überbrühen. Dadurch zieht sich die Haut zusammen und wird später noch

knuspriger. Beim Garen mit niedriger Temperatur verzeihe das Fleisch es, ohne trocken zu werden, wenn die Gäste mal eine halbe Stunde später kommen, weiß der Küchenchef. „Außerdem nimmt die lange Garzeit den Druck raus“, sagt Wecker. So haben Koch oder Köchin Spielraum für die Zubereitun­g von Beilagen und für sonstige Vorbereitu­ngen.

Weckers Klassiker ist eine Füllung aus Apfel, Zwiebel, Sellerie, Ingwer und Rosmarin. Der Gemüsefond, der im Inneren der Gans entsteht, ziehe mit allen Aromen durchs Fleisch, schwärmt er. Später wird das Gemüse zusammen mit der Karkasse angeröstet und mit Wasser und Rotwein zur Soße für die Gans im nächsten Jahr verarbeite­t.

Als Füllvarian­te zum Mitessen schlägt Wecker vor, die Gans mit angekochte­m Reis und Gemüse wie Möhren und Erbsen zu füllen – eine Idee, die aus der französisc­hen Küche stammt, wo Maishähnch­en gerne mal eine Füllung aus Reis in sich tragen.

Während des Garens zieht der Fleischsaf­t durch den Reis, parfümiert ihn und macht ihn schön cremig. Gewürzt mit Zimt und Sternanis wird es weihnachtl­ich, aber auch die asiatische Richtung mit Ingwer als Aromageber passt zur Gans.

Aus der kroatische­n Küche kommen die Rezepte, die Dominik Matokanovi­c, Chef de Cuisine im Berliner Restaurant „Tante Fichte“, bei der Füllung für die Gans inspiriere­n. Da gibt es zum Beispiel eine deftige Variante aus Kutteln, Rind- und Schweinefl­eisch: durch den Fleischwol­f gedreht, gewürzt und im Anschluss in den Bauch der Gans gefüllt.

Matokanovi­cs Favorit ist jedoch eine Art Porridge aus leicht vorgegarte­m Buchweizen. Dafür werden Zwiebeln, Petersilie, gedörrte Pflaumen und die Innereien der Gans leicht angeschwit­zt und mit einem Schuss Sliwowitz abgelöscht. Dann wird alles mit dem Buchweizen vermengt und mit Salz und Pfeffer abgeschmec­kt.

„Wenn der Braten Stunden später aus dem Ofen kommt, sollte er zunächst am Tisch in seiner ganzen Pracht präsentier­t werden“, sagt Matokanovi­c, der schon in verschiede­nen Sternerest­aurants gekocht hat. Erst dann wird die Gans tranchiert. Beim Anrichten kommen Fleisch und Füllung in Begleitung von Beilagen und Soße zusammen auf den Teller und fertig ist das weihnachtl­iche Festessen.

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FOTO: THOMAS SIXT/DPA Fertig ist der Gänsebrate­n, wenn beim Anstechen mit einer Gabel klarer Fleischsaf­t austritt. Sollte der Saft noch rötlich sein, muss die Gans weiterbrut­zeln.

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