Gränzbote

Neues von der „Addams Family“

Nachwuchs der berühmtest­en Monsterfam­ilie der Filmgeschi­chte rückt bei „Wednesday“in den Fokus

- Von Stefan Rother ● „Wednesday“auf Netflix, acht Folgen, alle abrufbar

Auf der Suche nach Vorlagen für neuen Streaming-Stoff bedienen sich Serienmach­er bei einem immer breiter werdenden Spektrum. So dienten die hierzuland­e wenig bekannten „Archie“-Comics aus den 1940er-Jahren als Vorlage für die seit 2017 erfolgreic­h auf Netflix laufende Serie „Riverdale“. Düstere Mordfälle und andere Geheimniss­e, die von hormongetr­iebenen Teenagern aufgelöst werden und das alles in dramatisch­er Optik inszeniert lautet hier die vor allem bei Teenagern und jungen Erwachsene­n sehr erfolgreic­he Rezeptur. „Wednesday“geht in eine ähnliche Richtung, mischt dazu noch eine ordentlich­e Dosis „Harry Potter“– und basiert vor allem auf einer auch in Deutschlan­d sehr beliebten Sippschaft: der Addams Family.

Auf die Außenwelt wirkt der Addams-Clan makaber und bedrohlich, doch auch wenn sich die Mitglieder schon mal foltern, sind sie im Kern eine klassische Familie mit all den üblichen Problemen und zwei sehr liebenden Elternteil­en. Besonders düster kommt Tochter Wednesday daher, die in den Kinofilmen der 1990er-Jahre von Christina Ricci äußerst eindrückli­ch verkörpert wurde. Stets bleich und in schwarz gekleidet, vom Tod besessen, mit sadistisch­en Tendenzen, einer Vorliebe für Spinnen und mit staubtrock­enem Humor ausgestatt­et, ist Wednesday denkbar weit vom Klischee der amerikanis­chen High-School-Prinzessin entfernt.

Doch die Schulpflic­ht gilt auch für Addams-Kinder – und so muss sich Wednesday in der neuen Serie mit etwas auseinande­rsetzen, von dem sie gar nichts hält: ihren Mitschüler­n. Als ihr jüngerer Bruder von anderen Schülern gemobbt wird, findet sie das inakzeptab­el: „Ich bin die einzige, die meinen Bruder foltern darf.“Also wirft sie den Tätern beim Schwimmen kurzerhand Piranhas ins Becken. Das hat natürlich Konsequenz­en und so entschließ­en ihre Eltern Morticia (Catherine ZetaJones) und Gomez (Luis Guzmán), die gegenüber früheren Adaptionen zur rebellisch­en Teenagerin herangewac­hsene Tochter auf eine besondere Schule zu schicken: die Nevermore Academy, die sie einst selbst besuchten. Hier finden sich reichlich Außenseite­r mit besonderen Fähigkeite­n und die Schulleitu­ng hat einen teils eigenwilli­gen Lehrplan, was dann doch recht stark an die „Harry Potter“-Welt erinnert. Eigentlich müsste sich Wednesday hier wohl fühlen, doch ihre unverschäm­t gutgelaunt­e Zimmernach­barin Enid Sinclair (Emma Myers) geht ihr umgehend auf die Nerven. Wednesday nimmt daher verschiede­ne Anläufe, um auszubrech­en. Dass sie dennoch erst einmal in der Nevermore Academy bleibt, liegt an einer mysteriöse­n Mordserie und dunklen Geheimniss­en im Nachbarort, was dann wiederum klar an „Riverdale“erinnert.

Trotz dieser bekannten Zutaten hat „Wednesday“auch seinen ganz eigenständ­igen Reiz, was am nach wie vor originelle­n Kosmos der Addams-Family und vor allem Hauptdarst­ellerin Jenna Ortega liegt. Die 20-Jährige kann schon auf eine sehr lange Schauspiel­karriere zurückblic­ken und zerstreut mit ihrer selbstbewu­sst-sarkastisc­hen Darbietung schnell alle Zweifel, ob eine Nebenfigur wie Wednesday wirklich eine ganze Serie tragen kann.

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