Neues von der „Addams Family“
Nachwuchs der berühmtesten Monsterfamilie der Filmgeschichte rückt bei „Wednesday“in den Fokus
Auf der Suche nach Vorlagen für neuen Streaming-Stoff bedienen sich Serienmacher bei einem immer breiter werdenden Spektrum. So dienten die hierzulande wenig bekannten „Archie“-Comics aus den 1940er-Jahren als Vorlage für die seit 2017 erfolgreich auf Netflix laufende Serie „Riverdale“. Düstere Mordfälle und andere Geheimnisse, die von hormongetriebenen Teenagern aufgelöst werden und das alles in dramatischer Optik inszeniert lautet hier die vor allem bei Teenagern und jungen Erwachsenen sehr erfolgreiche Rezeptur. „Wednesday“geht in eine ähnliche Richtung, mischt dazu noch eine ordentliche Dosis „Harry Potter“– und basiert vor allem auf einer auch in Deutschland sehr beliebten Sippschaft: der Addams Family.
Auf die Außenwelt wirkt der Addams-Clan makaber und bedrohlich, doch auch wenn sich die Mitglieder schon mal foltern, sind sie im Kern eine klassische Familie mit all den üblichen Problemen und zwei sehr liebenden Elternteilen. Besonders düster kommt Tochter Wednesday daher, die in den Kinofilmen der 1990er-Jahre von Christina Ricci äußerst eindrücklich verkörpert wurde. Stets bleich und in schwarz gekleidet, vom Tod besessen, mit sadistischen Tendenzen, einer Vorliebe für Spinnen und mit staubtrockenem Humor ausgestattet, ist Wednesday denkbar weit vom Klischee der amerikanischen High-School-Prinzessin entfernt.
Doch die Schulpflicht gilt auch für Addams-Kinder – und so muss sich Wednesday in der neuen Serie mit etwas auseinandersetzen, von dem sie gar nichts hält: ihren Mitschülern. Als ihr jüngerer Bruder von anderen Schülern gemobbt wird, findet sie das inakzeptabel: „Ich bin die einzige, die meinen Bruder foltern darf.“Also wirft sie den Tätern beim Schwimmen kurzerhand Piranhas ins Becken. Das hat natürlich Konsequenzen und so entschließen ihre Eltern Morticia (Catherine ZetaJones) und Gomez (Luis Guzmán), die gegenüber früheren Adaptionen zur rebellischen Teenagerin herangewachsene Tochter auf eine besondere Schule zu schicken: die Nevermore Academy, die sie einst selbst besuchten. Hier finden sich reichlich Außenseiter mit besonderen Fähigkeiten und die Schulleitung hat einen teils eigenwilligen Lehrplan, was dann doch recht stark an die „Harry Potter“-Welt erinnert. Eigentlich müsste sich Wednesday hier wohl fühlen, doch ihre unverschämt gutgelaunte Zimmernachbarin Enid Sinclair (Emma Myers) geht ihr umgehend auf die Nerven. Wednesday nimmt daher verschiedene Anläufe, um auszubrechen. Dass sie dennoch erst einmal in der Nevermore Academy bleibt, liegt an einer mysteriösen Mordserie und dunklen Geheimnissen im Nachbarort, was dann wiederum klar an „Riverdale“erinnert.
Trotz dieser bekannten Zutaten hat „Wednesday“auch seinen ganz eigenständigen Reiz, was am nach wie vor originellen Kosmos der Addams-Family und vor allem Hauptdarstellerin Jenna Ortega liegt. Die 20-Jährige kann schon auf eine sehr lange Schauspielkarriere zurückblicken und zerstreut mit ihrer selbstbewusst-sarkastischen Darbietung schnell alle Zweifel, ob eine Nebenfigur wie Wednesday wirklich eine ganze Serie tragen kann.