Bier brauen geht in der eigenen Küche
Kochtopf, Sieb, Löffel und Eimer sind nötig – Und Hopfen, Malz und eine bestimmte Hefe
TUTTLINGEN - Bier selbst brauen liegt im Trend. Glaubt man den Anbietern von Braukits oder Brausets, dann ist es so einfach wie Kochen mit dem Thermomix. Stimmt das? Und wie gut ist das Ergebnis? Peter Görsch kennt sich aus, er braut seit zehn Jahren selbst. Hier hat er Tipps und Tricks parat, zudem gibt er bei der VHS Braukurse. Doch um das eigene Weihnachtsbier zu brauen, ist man leider schon etwas zu spät dran.
Herr Görsch, in Deutschland werden zwischen 5000 und 6000 Biere gebraut. Warum sollte ich mich auch noch dran versuchen?
Die Menschen, die in meine Kurse kommen, backen und kochen gerne und machen zum Teil Most oder Traubensaft. Sie haben Spaß daran, etwas selbst zu machen. Und warum denn nicht auch noch Bier? Vor 100 Jahren haben Frauen, die geheiratet haben, ein Bierbrauset mit in die Aussteuer bekommen. Damals wurde in jedem Haus Bier noch selbst gebraut.
Wenn ich es zu Hause versuchen will: Was brauche ich dafür?
Da reichen normale Haushaltsmittel wie ein Kochtopf, Sieb, Kochlöffel, Pfanne und Eimer. Bier brauen bekommt man gut mit normalen Utensilien im Haushalt hin. In den Kursen verwenden wir einen Einkochtopf.
Was brauche ich an Zutaten dafür?
Ich braue nach dem Deutschen Reinheitsgebot. Dafür braucht es Wasser, Malz, Hopfen und Hefe. Allerdings keine Backhefe, denn damit kann man kein Bier herstellen, sondern Reinzuchthefen werden verwendet. Je nach Bierstil gibt es unterschiedliche Reinzuchthefen. Zum Beispiel für obergärige Weizenbiere die WB-06 oder bei untergärigen wie Pils die 34/70.
Kann ich mein selbstgebrautes Bier am Abend auch gleich trinken?
Nein. Ein gebrautes Bier braucht vier bis sechs Wochen, bis es trinkfertig
ist. Was man am Abend trinken kann, wäre Zuckerwasser, genannt Würze.
Ist das lecker?
Das kommt darauf an. Wenn man die Würze, also die löslichen Extraktstoffe, einkocht wie Sirup und Butter und Zitronensaft hinzugibt, dann bekommt man Malzbonbons. Das schmeckt malzig und süß. In der Regel nehmen die Kursteilnehmer die Würze mit nach Hause und geben daheim Hefe dazu. Erst, wenn die dazu kommt, wird das Ganze durch Gärung zum Bier. Die Hefe wandelt den Zucker in Alkohol und Kohlensäure um. Nach ein, zwei Wochen wird es in Flaschen abgefüllt, dort reift das Bier. Das nennt sich Jungbier. Je nach Bierstil dauert es dann nochmal drei bis fünf Wochen, bis man es trinken kann.
In der Spaichinger Volkshochschule haben Sie vor einigen Wochen ein Weihnachtsbier gebraut. Was macht ein Weihnachtsbier aus?
Das ist ein Bier, das an Weihnachten fertig wird und hat weniger mit einem besonderen Geschmack zu tun. Festbiere sind in der Regel aber et
was stärker eingebrannt, haben einen höheren Alkoholgehalt und sind geschmacklich intensiver. Es gibt aber keine Vorschrift oder Beschreibung, die besagt, so und so hat ein Weihnachtsbier zu schmecken.
Wenn ich nun ein besonderes Event habe, zum Beispiel eine Hochzeit oder ein Jubiläum: Darf ich für die Festgäste selbst Bier brauen? Was ist zu beachten?
Jeder in Deutschland darf pro Haushalt und Jahr 200 Liter steuerfrei für sich brauen. Dieses Bier darf er auch verschenken. Will er es verkaufen, muss er es versteuern. Ich habe immer wieder Kursteilnehmer von Sport- oder anderen Vereinen, die zu bestimmten Jubiläen Bier brauen, das anlassbezogen verkauft wird. Das muss dann beim Zollamt angemeldet werden, ebenso alles was über 200 Liter geht. Zudem prüfen die Lebensmittelkontrolleure des Landratsamts die hygienischen Zustände beim Brauen, wenn das Bier danach verkauft wird.
Vor allem in den USA boomen die Craft-Biere. Was hat aus Ihrer Sicht nichts in einem Bier verloren?
Das entscheidet jeder für sich. Ich braue die Biere nach dem Reinheitsgebot. Wenn noch einer Zimt, Koriander, Zucker oder Nelken reinwirft, muss er selbst entscheiden, ob ihm das schmeckt oder nicht. Doch es gibt so viele Geschmacksrichtungen bei Hopfen und Malz, so eine Vielfalt, die ich nach dem Reinheitsgebot ins Bier bekomme, dass ich das nicht noch zusätzlich mit etwas anderem versehen muss.
Was ist denn Ihr Lieblingsbier?
Im Sommer trinke ich gerne ein Weizen, im Winter eher ein Bock-Bier.
Peter Görsch aus Dauchingen gibt regelmäßig Brau-Seminare bei der Volkshochschule in Tuttlingen. Sein nächstes Seminar am 21. Januar in Tuttlingen ist fast schon ausgebucht. Die VHS plant im Frühjahr ein weiteres Event mit ihm: In Tuttlingen am 6. Mai, in Trossingen am 13. Mai und in Spaichingen am 17. Juni 2023. Weitere Termine sind auf seiner Homepage zu finden: