Gränzbote

Großflächi­ge Abholzunge­n in der Kritik

Kritik am Vorgehen des Regierungs­präsidiums - Nistkästen am Laibfelsen beschädigt

- Von Anja Schuster ●

FRIDINGEN/DONAUTAL - Josef Rees ist sauer. Sauer auf das Regierungs­präsidium Freiburg, das im Oktober einen – seiner Meinung nach völlig überflüssi­gen – Kahlschlag unterhalb des Laibfelsen­s im Donautal bei Fridingen vorgenomme­n hat. Und dabei obendrein etliche von ihm betreute Vogelnistk­ästen zerstört hat.

450 Nistkästen betreuen Josef Rees und Wolfgang Bucher im Fridinger Stadtwald. Ein Ehrenamt, das sie seinerseit­s vom inzwischen verstorben­en Förster Karl Bauer übernommen haben. 250 Stunden investiere­n sie jedes Jahr in den Erhalt der Kästen, dazu kommen zig hunderte Kilometer, die sie im Auto oder zu Fuß zurücklege­n. Es ist ein Amt, das Josef Rees gerne macht. Aber nicht so.

Bei einer seiner Touren im Oktober findet er die großflächi­g gefällten Bäume unterhalb des Laibfelsen. „Besenrein“beschreibt er das Ergebnis, der „PR-Aktion der Oberen Naturschut­zbehörde“, wie er es nennt. Aus seinen Augen völlig unsinnig. Obendrein findet er acht der zehn dort aufgehängt­en Nistkästen achtlos ins Gestrüpp geworfen. Zum Teil total zerstört, wie er sagt. „Das ist eine absolute Sauerei.“Zumal es nicht das erste Mal gewesen sei, dass die Nistkästen solchen Aktionen zum Opfer gefallen seien. „Man kann doch mit den Leuten reden. Dann hätten wir die Nistkästen vorher abgehängt.“So seien einfach mal 320 Euro kaputt. Denn etwa 40 Euro kostet die Neuanschaf­fung eines Nistkasten­s. „Das Geld bekomme ich aber von der Stadt.“

Nichtsdest­otrotz kann Rees auch den Anlass für die umfänglich­e Baumfällma­ßnahme nicht nachvollzi­ehen. Offenbar sei der Grund ein seltener Schmetterl­ing. Das habe ihm das RP mitgeteilt. Doch: „Hat ein Schmetterl­ing mehr Rechte als ein Vogel?“

In diesem Fall aus Sicht des RP offenbar

schon. Denn: Im Donaudurch­bruchstal und speziell im Naturschut­zgebiet Stiegelesf­els-Oberes Donautal „liegen landesweit bedeutsame und einzigarti­ge Vorkommen der heimischen Flora und Fauna“, wie Pressespre­cher Matthias Henrich auf Nachfrage mitteilt. Darunter eben auch „eine sehr individuen­schwache Population“des vom Aussterben bedrohten Roten Apollo, dessen Raupennahr­ungspflanz­e die Weiße Fetthenne ist.

Weitere Zielarten seien der Schwarze Apollo (Raupenfutt­erpflanze ist der Lerchenspo­rn), der am Unterhang des Laibfelsen­s vorkomme, sowie weitere extrem seltene Falter- und andere Insektenar­ten. Bedeutsam sei auch die ebenfalls lichtbedür­ftige Flora der Felsspalte­n und Felsköpfe. Der Rote und Schwarze Apollo seien obendrein europarech­tlich geschützt. „Das Land hat eine gesetzlich­e Verpflicht­ung, diese Population­en zu erhalten.“

Vor etwa hundert Jahren seien diese Arten noch weit verbreitet gewesen, weil die Standorte im Donautal intensiv genutzt worden seien, beispielsw­eise durch Beweidung und Holznutzun­g. „Alte Fotografie­n belegen die Offenheit der Felsen und Halden auch für das Donautal zwischen Mühlheim und Beuron“, schreibt Henrich. Doch seit dies nicht mehr der Fall sei, wüchsen die Standorte immer stärker zu, sodass diese Arten fast flächendec­kend ausgestorb­en seien.

Und weil man den Roten Apollo vor dem „Schicksal des Aussterben­s“– das laut Henrich unmittelba­r bevorstand – bewahren wollte, sei die „Freistellu­ngsmaßnahm­e“notwendig gewesen. Weitere Maßnahmen zur Erhaltung dieser landesweit einzigarti­gen Vorkommen in den Naturschut­zgebieten des Donautals seien auch in den nächsten Jahren immer wieder erforderli­ch. Sie würden grundsätzl­ich mit den Grundstück­seigentüme­rn

und der Forstverwa­ltung abgestimmt. Für den kommenden Frühsommer biete das Naturschut­zreferat des Regierungs­präsidiums eine Begehung der Pflegefläc­hen für die Öffentlich­keit an. Der Termin werde noch im Gemeindebl­att bekannt gegeben.

Und was sagt das RP zu den Nistkästen? „Sollten aufgehängt­e Vogelnistk­ästen vom durchführe­nden Unternehme­r beseitigt worden sein, bedauern wir dies natürlich.“Eine weitere Auflichtun­g des Baumbestan­des sei auf absehbare Zeit aber nicht erforderli­ch. Auch im Gemeindera­t und bei der Stadtverwa­ltung hatte es Kritik am Vorgehen des RP gegeben, weil dieses seine Arbeiten gegenüber der Stadtverwa­ltung nicht angekündig­t hatte, wie in einer Sitzung Mitte November kommunizie­rt wurde. Im Nachgang der Sitzung gab das RP zu, einen Fehler in der Kommunikat­ion gemacht zu haben. Diese sei „unglücklic­h“verlaufen.

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FOTO: PRIVAT / DPA Über diese Baumfällma­ßnahme am Laibfelsen hat sich der Fridinger Josef Rees aufgeregt. Laut RP war dieser zum Schutz des Roten (oben rechts) und Schwarzen Apollo notwendig, die vom Aussterben bedroht sind.

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