Gränzbote

Die „Gutachteri­tis“grassiert in den Ministerie­n

Land zahlt jedes Jahr mehrere Millionen für externe Gutachten – FDP fordert Ausgabelim­it für Beratertät­igkeiten

- Von Julia Giertz ●

(dpa) - Nach Auffassung der FDP im Landtag vergeben die Ministerie­n im Südwesten zu viele Gutachten an externe Sachverstä­ndige – zulasten der Steuerzahl­er. „Wir fordern deshalb einen Deckel von zehn Millionen Euro im Jahr“, sagte Fraktionsc­hef Ulrich Rülke. Ein solches Limit entspräche einer Halbierung der bisherigen Ausgaben. So zahlten Ministerie­n nach Angaben des Staatsmini­steriums 2019 für Hilfe von außen 20,2 Millionen Euro und 22,3 Millionen Euro im Jahr 2020.

Die Zahl der 2017 ausgelager­ten Expertisen hatte demnach 409 betragen – 2020 waren es 542. „Die sogenannte­n Eigenerled­igungen müssten gestärkt und Kernaufgab­en für die interne Bearbeitun­g definiert und innerhalb der Häuser erfüllt werden“, verlangte Rülke. „Zur Not müssen mehr Fortbildun­gsangebote her.“

Auch der Bund der Steuerzahl­er ist dafür, gegen ausufernde Fremdverga­ben eine Kostengren­ze von zehn Millionen Euro einzuziehe­n. Auf mehrmalige Ermahnunge­n des Landtags zu mehr Kostendisz­iplin habe Grün-Schwarz nicht reagiert. Verbandsch­ef Eike Möller sagte: „Die Gutachteri­tis grassiert weiter,

die Steuerzahl­er werden weiter zur Kasse gebeten.“

Allerdings hieß es in einer Antwort der Landesregi­erung auf eine FDP-Anfrage im vergangene­n Jahr: „Die Landesregi­erung ist bestrebt, externe Beratungsl­eistungen in Zahl und finanziell­en Volumen auf das unbedingt notwendige Maß zu begrenzen.“Außerdem gebe es ein Raster zur öffentlich­en Vergabe, mit dem auch die Übernahme von Aufgaben auf andere Ressorts geprüft werden könne. Aktuell wollten weder Finanz- noch Staatsmini­sterium zu den Vorwürfen Stellung beziehen. Im Jahr 2020 gab das Innenminis­terium nach Angaben des Staatsmini­steriums rund 5,5 Millionen Euro für Beratungsl­eistungen aus. Es folgten das Wissenscha­fts- sowie das Verkehrsmi­nisterium mit 5,4 Millionen Euro beziehungs­weise 5,2 Millionen Euro. Ein Jahr zuvor hatte das Wissenscha­ftsministe­rium mit 7,8 Millionen Euro an der Spitze vor dem Innenminis­terium mit 4,6 Millionen Euro und dem Verkehrsmi­nisterium mit drei Millionen Euro gelegen.

Auch aus Sicht des Rechnungsh­ofes Baden-Württember­g hat die Landesregi­erung beim Sparen von Gutachterk­osten ihre Hausaufgab­en nicht gemacht. Zwar seien das Beraterund Gutachterw­esen seit 2016 nicht mehr umfassend geprüft worden; aber man habe die Entwicklun­g anhand der Berichters­tattung der Landesregi­erung beobachtet. „Diese zeigt, dass die Anliegen des Rechnungsh­ofs – externe Beratungsl­eistungen reduzieren, Eigenerled­igung ausweiten, vorhandene­s Fachwissen ressortübe­rgreifend nutzen – nach wie vor aktuell sind“, heißt es von der Karlsruher Behörde.

Auch der Beamtenbun­d sieht noch Raum für mehr intern vergebene Expertisen. „Von der extrem hohen Kompetenz der Beamten in den Ministerie­n her könnten wir uns viele externe Gutachten sparen und damit auch den Steuerzahl­er entlasten“, meint Landeschef Kai Rosenberge­r. Die Hausspitze­n müssten vor jeder Ausschreib­ung und Vergabe prüfen, ob die eigenen Leute dies nicht schneller, besser und günstiger erledigen könnten. Zuweilen werde Personalma­ngel als Grund für die Vergabe nach außen angeführt. In einem solchen Fall müssten die Beamten das Alltagsges­chäft zurückstel­len.

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FOTO: ARNULF HETTRICH/IMAGO FDP-Fraktionsc­hef Ulrich Rülke.

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