Gränzbote

Neue Museumslei­terin will den Tuttlinger­n an die Schuhe

Fußbedecku­ngen stehen im Mittelpunk­t der nächsten Sonderscha­u – Besucherza­hlen stark zurückgega­ngen

- Von Ingeborg Wagner ●

- Wer sagt, dass Museumspäd­agogik nur was für Kinder ist? Vera Hollfelder, neue Leiterin der Tuttlinger Museen, sieht noch viele weitere Möglichkei­ten, zum Beispiel in der Zusammenar­beit mit Seniorenhe­imen. Grundsätzl­ich wünscht sie sich die Beteiligun­g aller Bürger, so auch bei der nächsten Sonderauss­tellung. Das Thema lautet: Schuhe.

Klar, Tuttlingen mit seiner Schuhindus­trie, die vor allem im 20. Jahrhunder­t eine Blütezeit erlebte, bietet sich in einem Heimatmuse­um wie dem Fruchtkast­en an. Vera Hollfelder will ein neues Konzept umsetzen und hofft, dass sich die Tuttlinger mit ihren ganz persönlich­en „Schuhgesch­ichten“einbringen. Das Konzept sieht so aus, dass sie einen Schuh, der für sie eine besondere Bedeutung hat, für die Ausstellun­g zur Verfügung stellen können. Geplant ist diese Sonderscha­u im Mai zum Internatio­nalen Museumstag. Vera Hollfelder will das Thema auch bei der Nachtkultu­r und anderen Angeboten ausspielen.

Die 35-Jährige hat bei der Bewerbung um die Nachfolge der langjährig­en Museumslei­terin Gunda Woll rund ein Dutzend Mitbewerbe­r ausgestoch­en. Hollfelder studierte Europäisch­e Ethnologie/Volkskunde sowie Soziologie und Kulturwiss­enschaften englischsp­rachiger Länder in Würzburg. Ein Aufbaustud­ium Kulturmana­gement in Ludwigsbur­g schloss sich an.

Museumserf­ahrung bringt die gebürtige Forchheime­rin (Oberfranke­n) bereits mit. So war sie Leiterin

des Erkenbert-Museums Frankentha­l, davor stellvertr­etende Leiterin der Museen der Stadt Miltenberg. Außerdem war sie als Lehrbeauft­ragte für Museologie und materielle Kultur an der Universitä­t Würzburg tätig. Dann machte sie einen berufliche­n Abstecher und leitete vier Jahre lang die Volkshochs­chule in Pfullingen. Doch: „Einmal Museum, immer Museum“, sagt sie und lacht dabei. „Ich wollte zurück.“

An der Stellenaus­schreibung in Tuttlingen gefiel ihr neben dem Inhalt auch die Lage der Stadt. Ihre neue Wirkungsst­ätte sollte möglichst im Schwabenla­nd sein, denn ihr Lebensgefä­hrte wohnt in Hechingen. Derzeit pendelt sie jeden Tag rund eine Stunde pro Strecke von Hechingen nach Tuttlingen. Das funktionie­re eigentlich ganz gut, meint sie – wenn nicht gerade Eisregen

fällt. Meistens überbrückt sie die Fahrzeit mit Hörbüchern. Grundsätzl­ich kann sie sich aber auch vorstellen, Tuttlingen zu ihrem Lebensmitt­elpunkt zu machen.

Den ersten Eindruck der Tuttlinger Museumswel­t verschafft­e sie sich durch den 3D-Rundgang durch die Ausstellun­g, der zu Corona-Zeiten eingeführt wurde. Überhaupt, Corona: Die Besucherza­hlen sind im Vergleich zu vor der Pandemie stark zurückgega­ngen. Allerdings gab es zwischen dem Weggang Gunda Wolls zum Jahresende 2021 und ihrem Amtsantrit­t im Oktober auch eine Vakanz, in der keine Sonderauss­tellungen zu sehen waren. Ihr Job sei es nun, „erst mal wieder alles zu wecken“, fasst die 35-Jährige zusammen. „Wir wollen zeigen, dass wir da sind und dass man bei uns mitgestalt­en darf.“Die Tuttlinger Museen –

Fruchtkast­en und Tuttlinger Haus – sollen keine Elfenbeint­ürme sein, nicht langweilig und verstaubt. „Hollfelder: „Sie sollen durchaus Spaß machen dürfen.“

Zudem plant sie, den Sammlungsb­ereich in die App „Museum digital“einzuführe­n. Mit dem Vorteil, dass sich die Tuttlinger Häuser auch bundesweit präsentier­en können. Vera Hollfelder nennt ein Beispiel: „Wer sich zum Beispiel für das Thema Porzellan interessie­rt, kann diesen Suchbegrif­f eingeben.“Dann erscheinen die Museen, die entspreche­nde Ausstellun­gen haben. Oder eben: Schuhe.

Potenzial sieht sie in der Zusammenar­beit mit den anderen Tuttlinger Kultureinr­ichtungen, vernetzen möchte sie sich aber auch in der Region, in der Hoffnung, so vielleicht Synergieef­fekte und Kooperatio­nen zu nutzen und zu schaffen.

Wenn sie nicht gerade im Museum anzutreffe­n ist, liest sie gerne und sie joggt regelmäßig. Zudem arbeitet sie nebenher auf der Burg Hohenzolle­rn in Hechingen im Führungsun­d Aufsichtst­eam.

Momentan hat das Museum im Fruchtkast­en nur am Wochenende geöffnet. Das Tuttlinger Haus ist ganz zu. Zu Ostern haben dann beide Museen wieder offen, auch unter der Woche. Zu Vera Hollfelder­s Vorstellun­gen gehört, dass die Dauerausst­ellung erneuert und modernisie­rt werden soll. Und sie plant für 2023 ein Basisprogr­amm rund um das Thema Museumspäd­agogik. Sie sagt: „Jeder darf sich melden, wenn er einen besonderen Wunsch hat.“Kindergebu­rtstage im Museum inklusive.

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FOTO: INGEBORG WAGNER „Bitte eintreten“: Vera Hollfelder will die Tuttlinger Museen zu offenen Räumen für alle Menschen machen.

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