Bahn so unpünktlich wie nie zuvor
Quote zeitweise unter 50 Prozent – CDU-Experte Bareiß kontra Verkehrsminister Wissing
- Immer wieder gibt es kleine Lichtblicke für die Nutzer der Deutschen Bahn, zuletzt im Südwesten mit der Eröffnung der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm im Rahmen des Großprojekts Stuttgart 21. Dennoch geht für die Kundinnen und Kunden ein anstrengendes Jahr zu Ende: Im Fernverkehr waren von Januar bis November im Schnitt nur 65,6 Prozent der Züge pünktlich, von Juli bis August lag die Quote sogar jeweils unter 60 Prozent. „Leider haben die Verspätungen bei der Bahn einen historischen Höhepunkt erreicht“, sagte Thomas Bareiß, der verkehrspolitische Sprecher der Unionsfraktion, der „Schwäbischen
Zeitung“am Donnerstag. Zuvor hatte die „Rheinische Post“die Zahlen aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Unionsfraktion veröffentlicht.
„So wie es ist, kann es nicht bleiben“, sagte Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) daraufhin der „Bild“-Zeitung. Der Bahnvorstand müsse geplante Reformen nun rasch umsetzen. Die aktuelle Pünktlichkeitsentwicklung ist nach Auffassung der Bundesregierung „nicht zufriedenstellend“. In manchen Regionen ist die Pünktlickeitsquote laut „Rheinischer Post“zeitweise unter 50 Prozent gefallen. Insbesondere im Sommer waren verspätete Züge fast schon die Regel. Bei der Bahn gelten Züge als pünktlich, die mit weniger als sechs Minuten Verspätung am Ziel ankommen. In den drei Sommermonaten war mehr als jeder fünfte Fernzug mehr als 15 Minuten zu spät. Im September und Oktober waren wieder mehr Züge pünktlich unterwegs, der Trend kehrte sich im November jedoch wieder um.
„Die sehr hohe Auslastung des Netzes und intensive Bautätigkeit kombiniert mit externen Störfaktoren – wie die Sabotage von Infrastruktur und die mehrwöchige Sperrung einer Hauptmagistrale des Schienenverkehrs – haben in diesem Herbst die Pünktlichkeit deutlich nach unten gezogen“, sagte ein Bahnsprecher am Donnerstag. Im Oktober hatten Unbekannte in Herne und Berlin Glasfaserkabel durchtrennt.
Das dadurch zusammengebrochene Funknetz legte den Zugverkehr in weiten Teilen Norddeutschlands über Stunden lahm. Hinzu kamen diverse Streckensperrungen. Die Pünktlichkeitsquote für Dezember liegt noch nicht vor.
Entsprechend harsch fiel die Kritik der Opposition aus. Die Verschlechterung sei sprunghaft angestiegen, sagte CDU-Experte Bareiß. „Das ist mehr als dramatisch – und im Bundesverkehrsministerium herrscht Stille. Das grenzt fast schon an Arbeitsverweigerung. Leider werden wahrscheinlich viele Reisepläne vor Weihnachten noch großen Ärger verursachen. Es wird Zeit, dass Herr Wissing den Ernst der Lage erkennt.“