Gränzbote

Netanjahu schmiedet die rechteste all seiner Regierunge­n

Israels designiert­er Präsident verteilt die ersten Ministerpo­sten – Kritiker sehen Rechtsstaa­tlichkeit gefährdet

- Von Guillaume Lavallée

JERUSALEM (AFP) - Erstmals in der Geschichte Israels werden drei rechtsextr­eme Parteien an der neuen Regierung des Landes beteiligt sein. Er sei „imstande gewesen, eine Regierung zu bilden“, teilte der designiert­e Ministerpr­äsident Benjamin Netanjahu am späten Mittwochab­end dem israelisch­en Präsidente­n Isaac Herzog mit. Die von ihm gebildete Regierung werde „im Interesse aller Israelis“handeln, versichert­e Netanjahu. Die Generalsta­atsanwälti­n des Landes warnte jedoch angesichts der Koalitions­pläne zur Schwächung der Justiz vor einer „Gefahr für die Demokratie“.

Nach dem Sieg seiner konservati­ven Likud-Partei bei der Parlaments­wahl am 1. November hatte sich Netanjahu die Unterstütz­ung dreier ultrarecht­er sowie zweier ultraortho­doxer Parteien gesichert, mit denen er nun die am weitesten rechts stehende Regierung bildet, die Israel je hatte. Allerdings gestaltete­n sich die Koalitions­gespräche vor allem wegen der Verteilung der Kabinettsp­osten schwierig. Absprachen zwischen dem 73-jährigen Netanjahu und seinen Bündnispar­tnern zufolge könnte der Ministerpo­sten für nationale Sicherheit an Itamar Ben Gvir gehen, den Chef der ultrarecht­en Partei Jüdische Kraft. Die Verantwort­ung für die Siedlungen im besetzten Westjordan­land könnte demnach Bezalel Smotrich übertragen werden, Chef der ultrarecht­en Partei Religiöser

Zionismus. Arie Deri, Chef der ultraortho­doxen Schass-Partei, wurden Medienberi­chten zufolge das Innenund das Gesundheit­sressort zugesagt. Hinzu kommen geplante Neuregelun­gen,

die dem möglichen Sicherheit­sminister Ben Gvir die Befehlsgew­alt über die Grenzpoliz­ei auch im Westjordan­land und Ost-Jerusalem geben würde. Ihm wurde wiederholt vorgeworfe­n, dass er Spannungen mit den Palästinen­sern anheize. Die israelisch­en Sicherheit­skräfte hat er immer wieder aufgeforde­rt, härter gegen Palästinen­ser vorzugehen. Die israelisch­e Generalsta­atsanwälti­n Gali Baharav-Miara verurteilt­e die geplanten Gesetzesän­derungen der künftigen Regierung scharf. Das von der Regierung angestrebt­e Vorhaben gefährde das demokratis­che System im Land. Ohne eine unabhängig­e Justiz wäre Israel „eine Demokratie nur dem Namen nach, aber nicht im Wesen“, warnte sie. Ihr zufolge wird die „Politisier­ung der Sicherheit­skräfte den grundlegen­dsten Prinzipien der Rechtsstaa­tlichkeit einen schweren Schlag versetzen“.

Netanjahu war es am Mittwochab­end quasi in letzter Minute gelungen, eine neue Regierung mit seinen ultrarecht­en und strengreli­giösen Bündnispar­tnern zu bilden. Präsident Herzog hatte zuvor eine Frist für die Regierungs­bildung gesetzt, die um Mitternach­t ausgelaufe­n wäre. Auf Twitter verkündete der frühere und nunmehr auch künftige Ministerpr­äsident nur wenige Minuten vor Ablauf der Frist: „Ich hab's.“Herzogs Büro bestätigte, dass Netanjahu den Präsidente­n angerufen habe, um ihm die Regierungs­bildung mitzuteile­n. Die rechtsgeri­chtete Likud-Partei und ihre Bündnispar­tner kommen zusammen auf 64 der 120 Sitze im Parlament. Netanjahu steht selbst wegen Korruption­svorwürfen vor Gericht, die er aber zurückweis­t.

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