Netanjahu schmiedet die rechteste all seiner Regierungen
Israels designierter Präsident verteilt die ersten Ministerposten – Kritiker sehen Rechtsstaatlichkeit gefährdet
JERUSALEM (AFP) - Erstmals in der Geschichte Israels werden drei rechtsextreme Parteien an der neuen Regierung des Landes beteiligt sein. Er sei „imstande gewesen, eine Regierung zu bilden“, teilte der designierte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am späten Mittwochabend dem israelischen Präsidenten Isaac Herzog mit. Die von ihm gebildete Regierung werde „im Interesse aller Israelis“handeln, versicherte Netanjahu. Die Generalstaatsanwältin des Landes warnte jedoch angesichts der Koalitionspläne zur Schwächung der Justiz vor einer „Gefahr für die Demokratie“.
Nach dem Sieg seiner konservativen Likud-Partei bei der Parlamentswahl am 1. November hatte sich Netanjahu die Unterstützung dreier ultrarechter sowie zweier ultraorthodoxer Parteien gesichert, mit denen er nun die am weitesten rechts stehende Regierung bildet, die Israel je hatte. Allerdings gestalteten sich die Koalitionsgespräche vor allem wegen der Verteilung der Kabinettsposten schwierig. Absprachen zwischen dem 73-jährigen Netanjahu und seinen Bündnispartnern zufolge könnte der Ministerposten für nationale Sicherheit an Itamar Ben Gvir gehen, den Chef der ultrarechten Partei Jüdische Kraft. Die Verantwortung für die Siedlungen im besetzten Westjordanland könnte demnach Bezalel Smotrich übertragen werden, Chef der ultrarechten Partei Religiöser
Zionismus. Arie Deri, Chef der ultraorthodoxen Schass-Partei, wurden Medienberichten zufolge das Innenund das Gesundheitsressort zugesagt. Hinzu kommen geplante Neuregelungen,
die dem möglichen Sicherheitsminister Ben Gvir die Befehlsgewalt über die Grenzpolizei auch im Westjordanland und Ost-Jerusalem geben würde. Ihm wurde wiederholt vorgeworfen, dass er Spannungen mit den Palästinensern anheize. Die israelischen Sicherheitskräfte hat er immer wieder aufgefordert, härter gegen Palästinenser vorzugehen. Die israelische Generalstaatsanwältin Gali Baharav-Miara verurteilte die geplanten Gesetzesänderungen der künftigen Regierung scharf. Das von der Regierung angestrebte Vorhaben gefährde das demokratische System im Land. Ohne eine unabhängige Justiz wäre Israel „eine Demokratie nur dem Namen nach, aber nicht im Wesen“, warnte sie. Ihr zufolge wird die „Politisierung der Sicherheitskräfte den grundlegendsten Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit einen schweren Schlag versetzen“.
Netanjahu war es am Mittwochabend quasi in letzter Minute gelungen, eine neue Regierung mit seinen ultrarechten und strengreligiösen Bündnispartnern zu bilden. Präsident Herzog hatte zuvor eine Frist für die Regierungsbildung gesetzt, die um Mitternacht ausgelaufen wäre. Auf Twitter verkündete der frühere und nunmehr auch künftige Ministerpräsident nur wenige Minuten vor Ablauf der Frist: „Ich hab's.“Herzogs Büro bestätigte, dass Netanjahu den Präsidenten angerufen habe, um ihm die Regierungsbildung mitzuteilen. Die rechtsgerichtete Likud-Partei und ihre Bündnispartner kommen zusammen auf 64 der 120 Sitze im Parlament. Netanjahu steht selbst wegen Korruptionsvorwürfen vor Gericht, die er aber zurückweist.