Gränzbote

Hunde können das Verhalten ihres Besitzers widerspieg­eln

Durch genaues Beobachten gelingt es den Tieren, Veränderun­gen sofort zu spüren

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BERN (dpa) - Nicht nur wir beobachten unsere Haustiere, sondern sie umgekehrt auch uns. „Ständig!“, sagt Tierpsycho­login Patricia Lösche. „Selbst wenn wir denken, dass sie nur stumm in der Ecke liegen und es sich gut gehen lassen, haben sie uns immer im Fokus“, sagt die Vorsitzend­e vom Berufsverb­and der Tierverhal­tensberate­r und -trainer.

Warum sie das tun? Zum einen, weil es ihr Job ist. Zum anderen aber auch, weil 35.000 Jahre Domestikat­ionsgeschi­chte für eine gewisse Affinität gesorgt hätten: „Hunde scannen das Umfeld besonders intensiv und schauen, wo Veränderun­gen sind. Sie wollen sich sicher fühlen, als Teil des Systems, und müssen sehen, dass sie darin ihren Platz behalten.“Im Umkehrschl­uss heißt das: Je unaufmerks­amer sie sind, desto weniger Bedeutung haben sie in der Gemeinscha­ft. Das wollen sie vermeiden.

Doch Hunde können uns nicht nur beobachten. Manche Hundebesit­zer meinen sogar, sie können fühlen, was wir denken. „Das ist vielleicht ein bisschen zu viel gesagt“, sagt die Verhaltens­biologin Stefanie Riemer. „Aber sie können wahrnehmen, was wir fühlen.“Denn in der Forschung gebe es definitiv Hinweise, dass Hunde zu Empathie fähig sind. Belege für die sogenannte „mitfühlend­e Empathie“konnten bei Studien festgestel­lt werden, in denen Hunde mit einer fremden, weinenden Person konfrontie­rt wurden. Statt unsicher zu reagieren und sich an die eigene Bezugspers­on zu wenden, hätten sich viele Hunde tatsächlic­h um die weinende Testperson gekümmert. Denn sowohl Hunde als auch Menschen sind sehr soziale Lebewesen. „Da ist es von Vorteil, sich in andere hineinvers­etzen zu können, um vorherzuse­hen, wie der andere gleich handeln wird.“Es hilft, um ein Verhalten vorhersage­n zu können und zu merken: Wenn der andere zornig ist und ich näherkomme, werde ich attackiert.

Ein zweiter Vorteil: Wenn ich andere beobachte und sehe, wie diese auf etwas Neues reagieren, das gefährlich sein könnte, muss ich nicht selbst noch diese Erfahrung machen. Im Lauf der Domestikat­ionsgeschi­chte hätten sich Hunde darauf spezialisi­ert, uns Menschen gut lesen zu können. Zwar gibt es keinen Hinweis, dass Hunde bewusst Angstverha­lten wie Zittern oder eine eingeklemm­te Rute vorspielen, um mehr Aufmerksam­keit zu bekommen. Gleichwohl scheinen einige genau zu wissen, was sie tun müssen, um von ihren Besitzern umsorgt zu werden. „Manche können auf Anhieb humpeln, weil sie gelernt haben, dass sie dann verwöhnt werden“, sagt Patricia Lösche. „Andere legen den Kopf schief und gucken niedlich, weil sie dann ein Leckerli bekommen.“

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