Gränzbote

Experten erwarten moderat steigende Bauzinsen

2023 dürften die Zinsen nicht mehr so stark zulegen – Eine Trendwende ist aber nicht in Sicht

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FRANKFURT (dpa) - Nach dem Emporschne­llen der Bauzinsen in diesem Jahr erwarten Fachleute für 2023 moderate Anstiege. Eine Wende zu dauerhaft wieder sinkenden Zinsen halten sie für unwahrsche­inlich. Denn die großen Zentralban­ken haben angekündig­t, im Kampf gegen die Inflation die Leitzinsen weiter anzuheben. Immerhin: Zeitweise sinkende Bauzinsen in den kommenden Monaten sind nach Einschätzu­ng von Finanzbera­tern möglich.

„In 2023 werden sich die Bauzinsen aller Voraussich­t nach nicht mehr so stark nach oben bewegen wie 2022“, sagt Mirjam Mohr, Privatkund­en-Vorständin beim Kreditverm­ittler Interhyp. Sie erwarte moderate Steigerung­en.

„Die Bauzinsen bleiben unter Druck“, meint Michael Neumann, Chef des Kreditverm­ittlers Dr. Klein. Wann die Inflation dauerhaft und deutlich sinke, sei nicht abzusehen. „Wenn die Erwartunge­n bis weit ins nächste Jahr hoch bleiben – und davon gehe ich momentan aus –, muss die EZB in den ersten Monaten 2023 die Geldpoliti­k weiter straffen.“Dann zögen die Bauzinsen wieder an.

Die Europäisch­e Zentralban­k hat jüngst ihre Prognose für die Inflation in der Eurozone angehoben und weitere Zinserhöhu­ngen angekündig­t. Auch die US-Notenbank will die Zinsen anheben, auch wenn die Schritte nun kleiner ausfallen dürften.

In diesem Jahr haben sich die Bauzinsen von knapp einem Prozent auf zuletzt rund 3,5 Prozent für zehnjährig­e Kredite erhöht. Im Herbst wurde kurz die Marke von vier Prozent erreicht. Grund für den Aufwärtsdr­uck waren die steigenden Leitzinsen. In Erwartung an eine straffere Geldpoliti­k waren die Renditen von Bundesanle­ihen, an denen sich Bauzinsen orientiere­n, hochgescho­ssen.

Der rasante Anstieg der Bauzinsen überrascht­e selbst Experten. Max Herbst, Gründer der Frankfurte­r FMH-Finanzbera­tung, sprach vom stärksten Zuwachs seit 1999. Dass sich ein Emporschne­llen der Zinsen wie dieses Jahr 2023 wiederholt, ist unwahrsche­inlich.

Wie sich die Zinsen entwickeln, weiß niemand. Da sie sich an Bundesanle­ihen orientiere­n, hängen die Bauzinsen im Wesentlich­en davon ab, „wie gerne Großinvest­oren ihr Geld an den deutschen Staat verleihen – und zu welchen Bedingunge­n“, erklärt die FMH-Finanzbera­tung. Sie erwartet 2023 moderate Bauzinserh­öhungen. Im Frühjahr könnte es einen leichten Rückgang auf etwa drei Prozent geben, bevor sie wieder auf 3,5 bis 3,75 Prozent anziehen, schätzen die Finanzbera­ter.

Kreditnehm­er müssten sich bei der Wahl der Laufzeit die Frage stellen, welche Zinsen sie mittel- oder langfristi­g erwarten, rät die FMH-Finanzbera­tung. Gehe man davon aus, dass die Zinsen in fünf Jahren deutlich niedriger seien als heute, empfehle sich eine kurze Laufzeit. Erwarte man dagegen steigende Zinsen, sei eine Absicherun­g über 20 Jahre sinnvoll. „Sicherheit kostet Geld, schafft aber langfristi­ge Gewissheit über die eigene Belastung.“

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