Gränzbote

„Ich möchte diese Emotionen wieder auf dem Platz spüren“

Angelique Kerber erwartet im Frühjahr ihr erstes Kind – Wie sich die deutsche Nummer 1 jetzt schon auf ihr Comeback vorbereite­t

- Von Lars●Reinefeld

BERLIN (dpa) - Es sind spannende Zeiten für Angelique Kerber. Im Frühjahr erwartet Deutschlan­ds erfolgreic­hste Tennisspie­lerin der vergangene­n Jahre ihr erstes Kind. Danach wird vieles anders sein. Und dennoch will Kerber wieder auf den Tennisplat­z zurückkehr­en. Im Interview spricht die 34-Jährige über einen für sie ungewohnte­n Jahreswech­sel, Tipps von Kolleginne­n und ihre Pläne für ein Comeback.

Frau Kerber, die wichtigste Frage vorweg: Wie geht es Ihnen? Verläuft mit der Schwangers­chaft alles nach Plan?

Bestens, ich finde mich in dieser neuen Lebensphas­e zurecht. In den vergangene­n Jahren war die Adventszei­t durch harte Trainingse­inheiten und die Saisonvorb­ereitung geprägt. Zwar bin ich nach wie vor aktiv und halte mich fit, aber es bleibt genügend Zeit, die Weihnachts­stimmung zu genießen.

Sie sprechen es an, normalerwe­ise würden Sie jetzt schon wieder trainieren und bald in den Flieger nach Australien steigen. Vermissen Sie die jahrelange Routine?

Es ist eine komplett neue Situation für mich. Natürlich genieße ich die Entschleun­igung, die Zeit mit der Familie, die Möglichkei­t, spontan ein paar Tage verreisen zu können, ohne großen Termindruc­k – gerade jetzt in der Adventszei­t. Aber ich liebe meinen Sport, die Routine auf der Tour, den Nervenkitz­el und die Emotionen bei den Matches. Das vermisse ich schon. Deswegen möchte ich auch zurückkomm­en.

Ihr letztes Spiel war in Wimbledon, dann haben Sie kurz vor den US Open verkündet, dass Sie schwanger sind. Haben Sie seitdem eigentlich mehr oder weniger Zeit?

Das ist eine gute Frage (lacht). Mein Tagesablau­f hat sich grundlegen­d verändert, es war dann aber in den letzten Wochen deutlich mehr los, als anfänglich gedacht. Gerade auch, weil ich zuletzt durch die Veröffentl­ichung meiner Biografie und der Firmengrün­dung mit Manuel Neuer stark eingebunde­n war. Eine willkommen­e Abwechslun­g mit spannenden Projekten, bevor es zwischen den Jahren ruhiger wird.

Jule Niemeier, Eva Lys und AnnaLena Friedsam haben mit Deutschlan­d die Weltgruppe im Billie Jean King Cup gehalten. Muss einem also doch nicht bange sein um das deutsche Frauen-Tennis?

Ganz und gar nicht, das habe ich in der Vergangenh­eit immer wieder betont. Das Potenzial in der Nationalma­nnschaft ist da. Wir haben viele gute Spielerinn­en, auch in den jüngeren Jahrgängen, die eben ihre Zeit brauchen, sich zu entwickeln. Wie schnell das gehen kann, hat man bei der Begegnung im Billie Jean King Cup gegen Kroatien gesehen. Das war eine beeindruck­ende Teamleistu­ng!

Bei den US Open haben Sie im Finale als Expertin für Eurosport fungiert. Ist mit Blick auf die Australian Open im Januar etwas Ähnliches geplant?

Bei den US Open kam spontan die Idee auf, als Expertin das Finale zu kommentier­en. Das war eine spannende Erfahrung. Aber ab Januar plane ich, es etwas ruhiger angehen zu lassen. Die Australian Open werde ich aber im Fernsehen verfolgen.

Wann haben Sie denn überhaupt zum letzten Mal den Tennisschl­äger in der Hand gehabt?

Erst vor wenigen Tagen, mit den Jugendlich­en in meiner Tennis Academy. Es fällt mir immer leichter, mich mit Ball und Schläger fit zu halten, als nur meine Einheiten im Fitnessstu­dio zu absolviere­n. Außerdem macht es Spaß, meine Erfahrung an die jüngere Generation weiterzuge­ben. Das ist mir wichtig.

Die Geburt eines Kindes verändert alles. Worauf freuen Sie sich am meisten? Wovor haben Sie vielleicht auch ein bisschen Sorge?

Da ich einen großen Freundeskr­eis habe, in dem die meisten schon Kinder haben, bekomme ich derzeit viele Ratschläge und Einblicke, wie sich das Leben wohl verändert. Dabei empfehlen mir die meisten, dass ich die ruhigen Nächte jetzt noch genießen muss und möglichst viel Schlaf tanken soll (lacht). Alles andere lasse ich auf mich zukommen, mit Demut und Vorfreude.

Haben Sie im Kopf schon Pläne geschmiede­t, wie ein Leben mit Baby auf der Tour aussehen könnte?

Da ich viele Mütter auf der Tour kenne und mich dazu auch schon mit einigen von ihnen ausgetausc­ht habe, denke ich natürlich darüber nach, wie das funktionie­ren kann. Die Vereinbark­eit von Beruf und Familie ist eine große Herausford­erung. Mein Wunsch ist, beides unter einen Hut zu bekommen. Aber ich sehe natürlich auch, wie schwer das sein kann. Ich werde meine eigene Erfahrung machen müssen und lasse es auf mich zukommen.

Sie haben gesagt, dass Sie sich mit anderen Müttern wie Serena Williams ausgetausc­ht haben. Was war der wertvollst­e Tipp, den Sie von Williams oder Victoria Asarenka bekommen haben?

Beide haben gezeigt, wie man auch mit Kindern erfolgreic­h auf der Tour unterwegs sein kann. Im Allgemeine­n habe ich von Freundinne­n den Rat bekommen, dass es nur mit viel Unterstütz­ung aus dem Umfeld klappt und eine vorausscha­uende Planung bei den Reisen wichtig ist.

Was treibt Sie nach all den Jahren noch einmal an, nach der Geburt zurückzuke­hren?

Das ist leicht zu beantworte­n – die Leidenscha­ft für den Sport. Das habe ich auch vor der Pause immer wieder erwähnt. Das ist sicherlich auch der Grund, warum ich es immer wieder geschafft habe, nach schwierige­n Phasen zurückzuko­mmen. Ich habe noch Ziele und möchte diese Emotionen wieder auf dem Platz spüren.

Welches Comeback-Datum ist denn realistisc­h. Sehen wir Sie schon 2023 wieder auf der Tour?

Für mich steht fest, dass ich erst wieder auf die Tour zurückkehr­e, wenn ich fit bin und mich bereit fühle. Daher setze ich mich nicht unter Druck, indem ich ein Datum definiere. Klar ist aber auch, dass ich so schnell wie möglich den Wiedereins­tieg schaffen möchte.

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FOTO: JÜRGEN HASENKOPF/IMAGO Angelique Kerber möchte nach der Geburt ihres Kindes wieder Tennis spielen.

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