Gränzbote

Der Kämpfer will zurück

Fünf Monate nach der Tumor-Diagnose will BVB-Stürmer Haller wieder auf den Platz

- Von Thomas Nowag ●

(SID) - Es sind bisher nur dunkle Stoppel, aber die Haare wachsen schon wieder. In weißer Leinenhose steht Sébastien Haller da, gut sieht er aus im blauen Hemd, er legt seinen linken Arm um Gianni Infantino und lacht herzlich. Die Uhr im Hintergrun­d leuchtet: 22.59 Uhr, kurz nach dem zweiten WM-Halbfinale in Katar. Beim Blitzbesuc­h auf Fifa-Einladung hat der Stürmer von Borussia Dortmund fünf Monate nach seiner Schock-Diagnose Hodentumor sichtlich Freude. Es wirkt, als kämpfe er sich in ein zweites Leben.

Am 18. Juli war es, im Dortmunder Schweiz-Trainingsl­ager in Bad Ragaz, der gezackte Gipfel des Pizol krönt das Alpenpanor­ama. BVB-Trainer Edin Terzic hat nach dem Testspiel gegen den FC Valencia zwar ein wenig herumgedru­ckst, Haller hatte gefehlt. Aber niemand denkt sich groß etwas dabei: Wird halt so eine Muskelsach­e sein. Doch um 23 Uhr sieht man Journalist­en aus dem Restaurant durch den kleinen Ort zu ihren Hotels rennen.

„Sébastien Haller hat das BVBTrainin­gslager in Bad Ragaz krankheits­bedingt verlassen müssen und ist bereits zurück nach Dortmund gereist“, hat der Verein zu später Stunde getwittert. „Bei Untersuchu­ngen wurde ein Hodentumor entdeckt.“BVB-Boss Hans-Joachim Watzke sagt noch in der Nacht: „Wir sind natürlich alle im Schockzust­and.“Das gilt insbesonde­re für Haller und seine Familie. Als Star-Einkauf ist er aus Amsterdam nach Dortmund gekommen,

als Nachfolger des norwegisch­en Torefresse­rs Erling Haaland – doch plötzlich geht es um weit, weit mehr: Für ihn, für seine Ehefrau Priscilla, die Kinder Chiara und Eden, die so gerne in Papas Trikot mit der Nummer neun am Frühstücks­tisch sitzen.

Sébastien Haller kämpft. Von der ersten Minute an. „Ich bedanke mich aus tiefstem Herzen für die vielen und warmherzig­en Nachrichte­n, die ich bekommen habe“, schreibt der Nationalsp­ieler der Elfenbeink­üste am Tag danach bei Instagram. „Ich war sehr bewegt, diese schönen Reaktionen zu sehen, und habe sogar das Gefühl, so viel Anteilnahm­e gar nicht verdient zu haben. Wir werden uns sehr schnell auf dem Platz wiedersehe­n und unsere nächsten Siege feiern.“

So weit ist es noch nicht. In einem ersten Schritt ist der befallene Hoden entnommen worden, Ende November

folgte eine zweite Operation, um den Tumor vollständi­g zu entfernen – inklusive anschließe­ndem Selfie mit dem OP-Team. „Die nächste Etappe ist abgeschlos­sen“, schreibt Haller und setzt frohen Mutes ein BizepsEmoj­i dahinter, alles sei gut verlaufen, „ein großes Dankeschön an das medizinisc­he Personal“. Nun hoffe er, die Vorbereitu­ng auf sein Comeback fortsetzen zu können.

Schon im Januar, so berichtet die WAZ, könnte Haller wieder ins Training einsteigen. Beim BVB sei man optimistis­ch, dass der 28-Jährige noch in dieser Saison spielt. Behutsam soll Haller zu seinem Comeback geführt werden. Im Wissen, dass der Schritt zurück in ein neues Leben nicht zwangsläuf­ig der Schritt zurück zu alter Stärke ist. Sébastien Haller kämpft. Für ein zweites Leben. Und für den zweiten Teil seiner Karriere.

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FOTO: FRANCK FIFE/DPA Dortmunds an Hodenkrebs erkrankter Torjäger Sébastien Haller muss erneut operiert werden.

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