Ein Sommer voll Feuer – wo es überall gebrannt hat
Im Kreis Tuttlingen brennt es – immer und immer wieder. Das Bild, das sich den Feuerwehren bietet, ist stets dasselbe: Sie werden nachts gerufen und am Einsatzort angekommen steht ein landwirtschaftlich genutztes Gebäude lichterloh in Flammen.
„Für den Landkreis Tuttlingen ist es nicht typisch, dass es mehrere so große Brände hintereinander gibt“, sagte Polizeisprecher Dieter Popp bereits nach den ersten beiden Bränden. Auch den Feuerwehrleuten im Kreis bereiten die Brände unruhige Nächte, wie Armin Ulrich, Kommandant der Feuerwehr Mühlheim und Stetten berichtet. „Das macht uns Feuerwehren zu schaffen. Die Objekte rücken immer näher an Gebäude im Ort hin. Die Sorge, was als Nächstes brennt, ist sehr groß“, sagt Ulrich.
Talheim:
Zwei Lagerhallen des Reiterhofs in Talheim brennen Ende April komplett ab, die Schadenshöhe laut Polizei: 350 000 Euro. Gegen 13.30 Uhr wurde das Feuer im „Pferdeparadies am Lupfen“gemeldet. Als die Feuerwehren aus Talheim, Trossingen und Durchhausen eintrafen, standen die Hallen bereits in Flammen. Pferdebesitzer fuhren noch schnell ihre Autos weg – dennoch brannten zwei Wagen aus. Personen kamen nicht zu Schaden, auch sämtliche Pferde konnten rechtzeitig in Sicherheit gebracht werden. In den Hallen waren Heu, Stroh und Geräte gelagert.
Worndorf:
Ein Stall und eine landwirtschaftliche Maschine hatten Ende Juli bei Worndorf im Bereich Langäcker Feuer gefangen. Schon von der Bundesstraße 311 aus war die Rauchsäule zu sehen. Der Brand sei von einem Traktor neben dem Stall ausgegangen, hieß es von der Polizei auf Nachfrage. Das Feuer habe auf den Stall übergegriffen. Die Rinder,
die sich im Stall befanden, konnten von den Eigentümern gerettet werden. Einige liefen jedoch im Freien herum und waren sichtbar verstört. Verletzt wurde niemand.
Um die Löschwasserversorgung sicherzustellen, sei der Personaleinsatz groß, hieß es von der Feuerwehr. Die Feuerwehren Neuhausen, Mühlheim, Fridingen, Buchheim und Tuttlingen waren im Einsatz. Nach ersten Schätzungen der Polizei liegt der Schaden bei mehr als einer Million Euro.
Tuttlingen:
Die oberen beiden Stockwerke einer Doppelhaushälfte in der Bahnhofstraße sind Anfang August komplett ausgebrannt. Es war nur einer in einer Reihe von Bränden. Allein in acht Tagen im August waren es schon zehn Einsätze, im Juli 42, im Juni 46. Viel „Kleinkram“ist darunter, technische Hilfeleistungen oder Fehlalarme von Brandmeldeanlagen. Aber auch immer wieder das: Wohnungsbrand, Fahrzeugbrand, Gebäudebrand. Der traurige Höhepunkt waren die beiden Einsätze am Sonntag. Erst brannten mehrere Autos auf einem Grundstück an der Ludwigstaler Straße, später dann das Wohn- und Geschäftshaus in der Bahnhofstraße. Der Brand in der Bahnhofstraße ging laut Polizei wohl von einem Topf mit Öl auf einer heißen Herdplatte aus. Vom ersten Obergeschoss breiteten sich die Flammen nach oben aus, in kürzester Zeit stand der Dachstuhl in Flammen. Die beiden Wohnungen oben sind danach unbewohnbar.
Die gute Nachricht: Ein Serientäter ist - nach aktuellem Stand der Dinge - nicht in der Stadt unterwegs. Zwar vermutet die Polizei in zwei Fällen - das Haus an der Stockacher Straße und die brennenden Autos Brandstiftung. Ein Tatverdächtiger im ersten Fall wurde jedoch schon vor einigen Tagen festgenommen. Der Brand einer landwirtschaftlichen Halle an der Rußbergstraße hat die Feuerwehr Ende September beschäftigt. Der Verdacht, das Feuer könnte wie bei mehreren Bränden im August vorsätzlich gelegt worden sein, ist nicht unbegründet. Was nicht in die Reihe der vorherigen Brände passt, ist die Uhrzeit. In Immendingen oder Neuhausen beide Fälle werden von der Polizei als Brandstiftung bewertet - waren die Feuer zwischen 2.30 und 3 Uhr in der Nacht bemerkt worden. Ob an der landwirtschaftlichen Halle in Tuttlingen nun auch gezündelt worden ist, kann die Polizei so kurz nach dem Vorfall nicht sagen. Aktuell, so heißt es aus der Pressestelle des Präsidiums Konstanz, seien die Brandermittler im Einsatz, danach würde noch ein Brandgutachter hinzugezogen. Man wolle Brandstiftung nicht ausschließen. Aber wenn man niemand auf frischer Tat erwischen könne, müsse man nach dem Ausschlussverfahren vorgehen. Falls es kein Gewitter gegeben habe oder Hinweise auf einen technischen Defekt im Gebäude bestehen, werde die Brandstiftung wahrscheinlicher.
Wehingen:
Gleich an mehreren Stellen brannte
es Ende August nahe Wehingen und dem Risiberg. In einem fünfstündigen nächtlichen Großeinsatz hat die Feuerwehr Wehingen in der Nacht von Donnerstag auf Freitag zusammen mit anderen Einsatzkräften einen drohenden Waldbrand verhindert. Kurz nach ein Uhr wurde die Feuerwehr über einen Waldbrand in einem Waldgebiet Richtung Böttingen alarmiert. „Beim ersten Eintreffen stand ein Holzstapel im Vollbrand - und das mitten im Wald“, berichtet Feuerwehrkommandant Martin Sayer. Der Stapel war, so die Polizei, zehn auf zehn Meter groß. Das Feuer war auf der Rückseite bereits dabei, sich auf Wald und Waldboden auszubreiten.
Die große Herausforderung war, ausreichend Löschwasser an die Einsatzstelle im Bereich der Heuberg-Steig zu bekommen. Schon früh wurden zwei weitere Löschfahrzeuge mit Wassertank aus Gosheim und Bubsheim nachalarmiert. Eines der Wehinger Löschfahrzeuge richtete eine Wasserentnahmestelle im Ortsgebiet Wehingen ein. Von dort aus pendelten die übrigen, nun drei Löschfahrzeuge zum Brandherd. Durch diese Flexibilität konnte die Feuerwehr den Brand
schließlich schnell unter Kontrolle bringen und vollständig löschen. Kurz vor 2 Uhr ist von einem Zeugen bei der Polizei ein weiterer Brand auf einem Feldweg im Bereich des Risiberges in Richtung Tuttlingen gemeldet worden. Hier brannten drei Heuballen inmitten eines Feldes. Gleichzeitig brannte einen Kilometer weiter in Richtung Tuttlingen auf einem Feld angehäuftes Heu auf einer Länge von zirka 45 Meter. Durch das schnelle Eingreifen der Feuerwehr habe dort ein Übergreifen des Feuers auf umliegendes Heu und damit eine weitere Ausbreitung des Brandes verhindert werden können, so der Bericht der Polizei. Die alarmierte Feuerwehr konnte das Feuer an allen Brandstellen schnell löschen.
Ob es zwischen all diesen Brandherden einen Zusammenhang gibt und ein Feuerteufel sein Unwesen treibt, dazu wollte die Polizei nichts sagen. Die Ermittlungen laufen, so auch der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Frank Grundke. Die Taten würden einzeln untersucht. Wenn sich daraus Anhaltspunkte ergeben auf ein und denselben Täter werde man das zusammen führen. Momentan sei das noch reine Spekulation.
Mühlheim:
Ende August musste auch die Feuerwehr in Mühlheim ausrücken und dort den Brand eines Silos löschen. Es stand in der Bahnhofstraße, gegenüber ein Holzlager, nebenan eine Spedition, deren Tankzüge mit teils leicht entzündbaren Stoffen gefüllt seien, wie Armin Ulrich, Kommandant der Feuerwehr Mühlheim und Stetten, schildert. „Wenn das später entdeckt worden wäre, hätten wir ein Problem gehabt. Dass das Feuer auf die Lkw überschlägt, war mit unsere größte Sorge“, sagt Ulrich. Nach vielen Bränden im Juli und August war es etwas ruhiger geworden bei der Feuerwehr, doch in der vergangenen Woche häuften sich erneut die Einsätze.
Trossingen:
Rund 120 tote Rinder und ein Schaden in Millionenhöhe:Mehrere Gebäude auf dem Eschbachhof nördlich des Wohngebiets Albblick brennen Anfang Oktober komplett nieder. Das Wohnhaus und die dort lebende Familie konnten gerettet werden - für viele Tiere jedoch kam jede Hilfe zu spät. Die Feuerwehr war den ganzen Freitag mit Nachlöscharbeiten beschäftigt. Hofinhaber Martin Benzing ist fassungslos. „So etwas habe ich noch nie erlebt“, sagt er. Ein Mann habe ihn mitten in der Nacht aus dem Schlaf geklingelt. Schnell steht fest: Es brennt. Gemeinsam mit den Einsatzkräften versucht Benzing, seine Tiere zu retten. „Wir haben noch die Tore aufgemacht“, sagt er. Doch nur wenige Tiere schaffen es ins Freie. Personen sind nach Angaben von Polizei und Feuerwehr nicht verletzt worden. Stall und Scheune brennen komplett ab. „Man hat nichts mehr machen können, wir waren hilflos“, sagt Benzing über die Brandnacht.