Initiative fordert Gutachten: Aktionsgruppe lädt Sachverständigen ans Bronner Wehr ein
Das Bronner Wehr soll abgebrochen werden, um die Europäische Wasserrahmenrichtlinie umzusetzen. Dadurch sollen, so das Ziel des Freiburger Regierungspräsidiums (RP), die Durchlässigkeit sowie die Wasserqualität verbessert werden. Die Aktionsgruppe „Gemeinsam für den Erhalt des Bronner Wehrs“zweifelt an, dass die Wasserqualität wirklich so schlecht sein soll und fordert aktuelle Gutachten.
FRIDINGEN - Kurz vor dem Treffen hat es aufge-hört, zu regnen. Die Sonne scheint auf das Wasser, das am Bronner Wehr hinunterrauscht. 2100 Liter pro Sekunde, berichtet Andreas Fritz. Er ist einer der Initiatoren, die die Petition für den Erhalt desBronner Wehrs ins Leben gerufen haben. Auf einem Tisch hat Fritz einige Bilder sowie Pläne des Wehrs ausgelegt. Er hat Johannes Prinz,Gewässerökologe und Sachverständiger aus dem Raum Stuttgart, eingeladen,
um seine Einschätzung gebeten.
„Es ist gut, dass aus dem internen Planungswust ein öffentliches Verfahren gemacht werden soll“, sagtFritz. Das RP will mehr Transparenz in die Sache bringen (siehe Infokasten). Auch das von der Stadt Fridingen eingebrachte MonitoringVerfahren, das so auch die Gemeinde Buchheim in ihre Stellungnahme an das Landratsamt aufgenommen hat, würde die Gruppe begrüßen.
Es sind mehrere Aspekte, die die Gruppe umtreiben. Einer ist es, „wenigstens Alternativlösungen zu untersuchen“, sagt Fritz. Zum einen, weil ein auf der roten Liste stehender Fisch, der Bitterling, am Bronner Wehr heimisch ist. Zum anderen, weil ein Abbruch endgültig sei. „Wenn das Wehr weg ist, ist es weg, dann kann man nichts mehr ändern.“Zudemfordern sie neue, aktuelle und von unabhängiger Seite angefertigte
Gutachten - sowohl was die Wasserqualität als auch den Fischbestand angeht. Denn seit diese für das Vorhaben gemacht wurden, hat sich amBronner Wehr einiges verändert.
Unter anderem ist die Wassermenge deutlich gestiegen. Seit Mai diesen Jahres ist das Wasserkraftwerk Fridingen, das zuvor zwei Jahre modernisiert wurde, wieder am Netz. Eine Vorgabe des RP, aus ökologischen Gründen: Die Mindestwasserabgabe stieg von 400 auf 2100 Liter pro Sekunde. Wie der EnBW-Projektleiter Dominik Rauscher bereits im Frühjahr vor Ort am Donaukraftwerk erklärte, soll das für eine bessere Durchgängigkeit des Flusses für Fische sorgen.
Mit den deutlich gestiegenen Wassermassen geht auch eine Sorge einher, die vor allem Hans-Peter und Martine Stehle, die wenige hundert Meter weiter beim Jägerhaus leben, um
treibt. Ohne Wehr würde die Donau von 50 Metern Breite ungestaut auf ein zehn Meter breites Flussbett treffen. „Die zehn Meter müssen von oben nachher alles aufnehmen. Das wirdnicht berücksichtigt“, sagt Hans-Peter Stehle. Die Befürchtung: Die Felder stünden unter Wasser, Brennesseln und Springkraut sprössen und dieLandschaft verwildere. „Das reißt die Wiese zusammen, Wasser findet immer einen Weg.“
Neben der Berücksichtigung der gestiegenen Wassermenge und damitbesseren Durchgängigkeit geht es der Initiative auch um die Wasserqualität. Das Wasser sei inzwischen deutlich sauberer, als zu der Zeit, zu derdie Gutachten gemacht wurden, bemängelt die Gruppe. Einige hundert Meter vom Wehr entfernt ist eine Holzbrücke. Früher mündete das geklärte Abwasser der Gemeinde Buchheim dort in der Donau, wie Hans-Peter Stehle
erklärt. Die Gemeinde ist aber inzwischen an die Kläranlagein Meßkirch angeschlossen worden.
„Ich bin seit 40 Jahren am Wasser unterwegs, man merkt, dass es sauberer geworden ist“, sagt Peter Teufel. Er steht mit seinem Kescher amBronner Wehr. Ins Netz gehen ihm dabei verschiedene Tiere. Eins davonist der Bachflohkrebs. „Der deutet auf gute Wasserqualität hin“, erklärtTeufel. Außerdem in der Stichprobe enthalten: Köcherfliegenlarven und Libellenlarven. Auch ein kleines Fischchen findet sich in der weißenSchüssel wider. Auch die Fischtreppe, Wasserökologe Prinz spricht liebervon einer Wanderhilfe, werde von den Tieren angenommen. „Das istdoch das beste Zeugnis“, findet Fritz.
Damit kommt der Wehrbefürworter auf einen weiteren Kritikpunkt zusprechen. Es müssten mehr Arten als nur die Fische - aufgezählt werden
Esche, Barbe, Nase - berücksichtigt werden. „Man kann das doch nichtanhand von drei Arten bewerten und alle anderen Arten ausblenden“, findet Thomas Rohrbach aus Tuttlingen, der sich für die dortige Donauinitiative „ErhaltensWe(h)rt“einsetzt. „Die Donau ist 600 Kilometerlang. Da muss nicht überall dasselbe drin sein“, so Fritz.
Gewässerökologe Prinz schätzt die Situation am Wehr eigentlich als na-hezu ideal ein, neben der fließenden Welle gebe es auch stehendes Gewässer. Der Experte befürchtet eine „deutlich geringere Artenvielfalt, wenn die Donau an der Stelle durchgängig durchfließend“gemacht wird.
Doch genau das ist der Knackpunkt. Die Europäische Wasserrahmenrichtlinie schreibe vor, dass Fließgewässer ganzjährig durchlässig seinmüssten, erklärt Prinz. Das entspreche aber nicht dem natürlichen Zustand, zumindest nicht, wenn der Mensch nicht eingreifen würde. Das Beispiel, das Prinz heranzieht, ist ein ins Flussbett fallender Baum. Ohne menschlichen Eingriff bliebe der dort liegen, „dann hätten wir eine Staustufenkette“, so Prinz, der betont, dass die ganzjährige Durchlässigkeit ein menschliches Produkt sei. „Das ist einer der Fehler der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie“, findet er - zumindest in Bezug auf die Donau.„Die Behauptung, die Donau wäre eine durchgehend fließende Welle, stimmt nicht. Ohne menschliches Zutun hätten wir viele Stauräume. Da ist eine dauernde Dynamik drin.“
Für Fritz und die Initiative ist klar, dass sie weiter für den Erhalt des Bronner Wehrs kämpfen wollen. Er sagt: „Wir müssen einen Konsens mit Freiburg finden.“
Ein Video zu diesem Thema finden Sie unter: www.schwäbische.de/bronnerwehr