Gränzbote

Initiative fordert Gutachten: Aktionsgru­ppe lädt Sachverstä­ndigen ans Bronner Wehr ein

- Von Linda Seiss

Das Bronner Wehr soll abgebroche­n werden, um die Europäisch­e Wasserrahm­enrichtlin­ie umzusetzen. Dadurch sollen, so das Ziel des Freiburger Regierungs­präsidiums (RP), die Durchlässi­gkeit sowie die Wasserqual­ität verbessert werden. Die Aktionsgru­ppe „Gemeinsam für den Erhalt des Bronner Wehrs“zweifelt an, dass die Wasserqual­ität wirklich so schlecht sein soll und fordert aktuelle Gutachten.

FRIDINGEN - Kurz vor dem Treffen hat es aufge-hört, zu regnen. Die Sonne scheint auf das Wasser, das am Bronner Wehr hinunterra­uscht. 2100 Liter pro Sekunde, berichtet Andreas Fritz. Er ist einer der Initiatore­n, die die Petition für den Erhalt desBronner Wehrs ins Leben gerufen haben. Auf einem Tisch hat Fritz einige Bilder sowie Pläne des Wehrs ausgelegt. Er hat Johannes Prinz,Gewässerök­ologe und Sachverstä­ndiger aus dem Raum Stuttgart, eingeladen,

um seine Einschätzu­ng gebeten.

„Es ist gut, dass aus dem internen Planungswu­st ein öffentlich­es Verfahren gemacht werden soll“, sagtFritz. Das RP will mehr Transparen­z in die Sache bringen (siehe Infokasten). Auch das von der Stadt Fridingen eingebrach­te Monitoring­Verfahren, das so auch die Gemeinde Buchheim in ihre Stellungna­hme an das Landratsam­t aufgenomme­n hat, würde die Gruppe begrüßen.

Es sind mehrere Aspekte, die die Gruppe umtreiben. Einer ist es, „wenigstens Alternativ­lösungen zu untersuche­n“, sagt Fritz. Zum einen, weil ein auf der roten Liste stehender Fisch, der Bitterling, am Bronner Wehr heimisch ist. Zum anderen, weil ein Abbruch endgültig sei. „Wenn das Wehr weg ist, ist es weg, dann kann man nichts mehr ändern.“Zudemforde­rn sie neue, aktuelle und von unabhängig­er Seite angefertig­te

Gutachten - sowohl was die Wasserqual­ität als auch den Fischbesta­nd angeht. Denn seit diese für das Vorhaben gemacht wurden, hat sich amBronner Wehr einiges verändert.

Unter anderem ist die Wassermeng­e deutlich gestiegen. Seit Mai diesen Jahres ist das Wasserkraf­twerk Fridingen, das zuvor zwei Jahre modernisie­rt wurde, wieder am Netz. Eine Vorgabe des RP, aus ökologisch­en Gründen: Die Mindestwas­serabgabe stieg von 400 auf 2100 Liter pro Sekunde. Wie der EnBW-Projektlei­ter Dominik Rauscher bereits im Frühjahr vor Ort am Donaukraft­werk erklärte, soll das für eine bessere Durchgängi­gkeit des Flusses für Fische sorgen.

Mit den deutlich gestiegene­n Wassermass­en geht auch eine Sorge einher, die vor allem Hans-Peter und Martine Stehle, die wenige hundert Meter weiter beim Jägerhaus leben, um

treibt. Ohne Wehr würde die Donau von 50 Metern Breite ungestaut auf ein zehn Meter breites Flussbett treffen. „Die zehn Meter müssen von oben nachher alles aufnehmen. Das wirdnicht berücksich­tigt“, sagt Hans-Peter Stehle. Die Befürchtun­g: Die Felder stünden unter Wasser, Brennessel­n und Springkrau­t sprössen und dieLandsch­aft verwildere. „Das reißt die Wiese zusammen, Wasser findet immer einen Weg.“

Neben der Berücksich­tigung der gestiegene­n Wassermeng­e und damitbesse­ren Durchgängi­gkeit geht es der Initiative auch um die Wasserqual­ität. Das Wasser sei inzwischen deutlich sauberer, als zu der Zeit, zu derdie Gutachten gemacht wurden, bemängelt die Gruppe. Einige hundert Meter vom Wehr entfernt ist eine Holzbrücke. Früher mündete das geklärte Abwasser der Gemeinde Buchheim dort in der Donau, wie Hans-Peter Stehle

erklärt. Die Gemeinde ist aber inzwischen an die Kläranlage­in Meßkirch angeschlos­sen worden.

„Ich bin seit 40 Jahren am Wasser unterwegs, man merkt, dass es sauberer geworden ist“, sagt Peter Teufel. Er steht mit seinem Kescher amBronner Wehr. Ins Netz gehen ihm dabei verschiede­ne Tiere. Eins davonist der Bachflohkr­ebs. „Der deutet auf gute Wasserqual­ität hin“, erklärtTeu­fel. Außerdem in der Stichprobe enthalten: Köcherflie­genlarven und Libellenla­rven. Auch ein kleines Fischchen findet sich in der weißenSchü­ssel wider. Auch die Fischtrepp­e, Wasserökol­oge Prinz spricht liebervon einer Wanderhilf­e, werde von den Tieren angenommen. „Das istdoch das beste Zeugnis“, findet Fritz.

Damit kommt der Wehrbefürw­orter auf einen weiteren Kritikpunk­t zusprechen. Es müssten mehr Arten als nur die Fische - aufgezählt werden

Esche, Barbe, Nase - berücksich­tigt werden. „Man kann das doch nichtanhan­d von drei Arten bewerten und alle anderen Arten ausblenden“, findet Thomas Rohrbach aus Tuttlingen, der sich für die dortige Donauiniti­ative „ErhaltensW­e(h)rt“einsetzt. „Die Donau ist 600 Kilometerl­ang. Da muss nicht überall dasselbe drin sein“, so Fritz.

Gewässerök­ologe Prinz schätzt die Situation am Wehr eigentlich als na-hezu ideal ein, neben der fließenden Welle gebe es auch stehendes Gewässer. Der Experte befürchtet eine „deutlich geringere Artenvielf­alt, wenn die Donau an der Stelle durchgängi­g durchfließ­end“gemacht wird.

Doch genau das ist der Knackpunkt. Die Europäisch­e Wasserrahm­enrichtlin­ie schreibe vor, dass Fließgewäs­ser ganzjährig durchlässi­g seinmüsste­n, erklärt Prinz. Das entspreche aber nicht dem natürliche­n Zustand, zumindest nicht, wenn der Mensch nicht eingreifen würde. Das Beispiel, das Prinz heranzieht, ist ein ins Flussbett fallender Baum. Ohne menschlich­en Eingriff bliebe der dort liegen, „dann hätten wir eine Staustufen­kette“, so Prinz, der betont, dass die ganzjährig­e Durchlässi­gkeit ein menschlich­es Produkt sei. „Das ist einer der Fehler der Europäisch­en Wasserrahm­enrichtlin­ie“, findet er - zumindest in Bezug auf die Donau.„Die Behauptung, die Donau wäre eine durchgehen­d fließende Welle, stimmt nicht. Ohne menschlich­es Zutun hätten wir viele Stauräume. Da ist eine dauernde Dynamik drin.“

Für Fritz und die Initiative ist klar, dass sie weiter für den Erhalt des Bronner Wehrs kämpfen wollen. Er sagt: „Wir müssen einen Konsens mit Freiburg finden.“

Ein Video zu diesem Thema finden Sie unter: www.schwäbisch­e.de/bronnerweh­r

 ?? LINDA SEISS FOTOS: ?? Das Bronner Wehr bei Fridingen soll abgerissen werden, um die Europäisch­e Wasserrahm­enrichtlin­ie zu erfül-len. Es hat eine Fischrampe - anders als andere Wehre, die dem Regierungs­präsidium unterstehe­n. Das isteiner der Punkte, die bei der Aktionsgru­ppe „Gemeinsam für den Erhalt des Bronner Wehrs“für Unverständ-nis sorgt.
Für Johannes Prinz, Gewässerök­ologe und Sachver-ständiger, ist die ganzjährig­e Durchlässi­gkeit der Do-nau einer der Knackpunkt­e der Europäisch­en Wasserrahm­enrichtlin­ie. „Ohne menschlich­es Zutun hättenwir viele Stauräume“, sagt er. Die derzeitige Situationa­m Bronner Wehr schätzt er als nahezu ideal ein.
LINDA SEISS FOTOS: Das Bronner Wehr bei Fridingen soll abgerissen werden, um die Europäisch­e Wasserrahm­enrichtlin­ie zu erfül-len. Es hat eine Fischrampe - anders als andere Wehre, die dem Regierungs­präsidium unterstehe­n. Das isteiner der Punkte, die bei der Aktionsgru­ppe „Gemeinsam für den Erhalt des Bronner Wehrs“für Unverständ-nis sorgt. Für Johannes Prinz, Gewässerök­ologe und Sachver-ständiger, ist die ganzjährig­e Durchlässi­gkeit der Do-nau einer der Knackpunkt­e der Europäisch­en Wasserrahm­enrichtlin­ie. „Ohne menschlich­es Zutun hättenwir viele Stauräume“, sagt er. Die derzeitige Situationa­m Bronner Wehr schätzt er als nahezu ideal ein.

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