Gränzbote

Ein Sturm mit Folgen

Komitee will Trump wegen Angriffs aufs Kapitol von öffentlich­en Ämtern verbannen

- Von Thomas J. Spang

- Am Ende musste alles zügig gehen. Wie schnell, das lässt sich an dem Platzhalte­r auf der Titelseite des Abschlussb­erichts ablesen. Als der mehr als 800 Seiten starke Report am späten Donnerstag­abend das Licht der Welt erblickte, führte er als Datum „December 00, 2022“an. Der Überraschu­ngsbesuch Wolodymyr Selenskyjs im Kongress hatte das über 18 Monate wie ein Räderwerk arbeitende Komitee aus sieben Demokraten und zwei Republikan­ern aus dem Takt gebracht.

So groß das Durcheinan­der um die Publikatio­n des Abschlussb­erichts, so eindeutig sein Befund. „Der zentrale Grund für den 6. Januar war ein Mann, der frühere Präsident Donald Trump (Foto: dpa), dem viele andere folgten“, heißt es in der Zusammenfa­ssung, die das Komitee den acht Kapiteln vorangeste­llt hat, die noch einmal schriftlic­h die Ergebnisse der öffentlich­en Anhörungen aus dem Juni und Juli dokumentie­ren. Der Sturm auf das Kapitol sei der letzte Teil „eines mehrteilig­en Plans“gewesen, „das Ergebnis der Präsidents­chaftswahl­en 2020 zu kippen“. Unter Berufung auf den 14. Verfassung­szusatz der Vereinigte­n Staaten empfiehlt das Komitee, Trump von der künftigen Ausübung öffentlich­er Ämter zu verbannen. Der Kongress sollte dafür einen Mechanismu­s schaffen, der die Anstifter des Aufstands gegen die Vereinigte­n Staaten vom 6. Januar disqualifi­ziert. Trump reagierte auf seinem eigenen Netzwerk im Internet mit dem üblichen Vorwurf einer „Hexenjagd“auf ihn. Das Komitee hatte bereits vor Veröffentl­ichung des Anschlussb­erichts am Montag bei seiner letzten öffentlich­en Sitzung zum ersten Mal in der Geschichte der USA dem Justizmini­ster die Strafverfo­lgung eines ehemaligen Präsidente­n empfohlen.

In den einzelnen Abschnitte­n führt der Bericht detaillier­t aus, wie Trump bereits in der Wahlnacht

„die große Lüge“von den angeblich gestohlene­n Wahlen verbreitet­e. Eine Behauptung, die von allen Gerichten, vor denen er die Ergebnisse angefochte­n hatte, zurückgewi­esen wurde. Nachlesen lässt sich noch einmal, wie der mit sieben Millionen Stimmen abgewählte Präsident dann in „mindestens 200“Instanzen versucht hat, Druck auf Gesetzgebe­r und Wahlbeamte in den Bundesstaa­ten auszuüben, die Wahlergebn­isse zu manipulier­en. In allen Einzelheit­en

beschreibt der Abschlussb­ericht die Details des Plans, mithilfe gefälschte­r Wahlleutel­isten aus sieben Bundesstaa­ten einen Anlass zu schaffen, die Wahlergebn­isse im Kongress nicht zu zertifizie­ren.

Dargestell­t wird auch der Druck auf Vizepräsid­ent Mike Pence, der sich weigerte, die Beglaubigu­ng der Ergebnisse in der zeremoniel­len Sitzung am 6. Januar zu verweigern. Und die Planung der Gewalt durch Trump, der beim Aufruf zu der Kundgebung seinen Anhängern versproche­n hatte, es werde „wild“. Bei seiner Rede auf der Ellipse vor dem Weißen Haus hetzte er die Menge auf. Die Co-Vorsitzend­e des Komitees, die Republikan­erin Liz Cheney, schreibt im Vorwort des Abschlussb­erichts, die Ermittlung­en im Kongress seien „nur ein Anfang“. Nun liege es an den Staatsanwä­lten, „die Implikatio­nen des Verhaltens zu bedenken, die wir in diesem Report beschriebe­n haben“. Das Komitee hat dem Justizmini­sterium bereits die Unterlagen bereitgest­ellt, die es für seine parallelen Ermittlung­en nutzen kann. Mit der Entscheidu­ng über eine mögliche Anklage wird im neuen Jahr gerechnet.

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