Ein Sturm mit Folgen
Komitee will Trump wegen Angriffs aufs Kapitol von öffentlichen Ämtern verbannen
- Am Ende musste alles zügig gehen. Wie schnell, das lässt sich an dem Platzhalter auf der Titelseite des Abschlussberichts ablesen. Als der mehr als 800 Seiten starke Report am späten Donnerstagabend das Licht der Welt erblickte, führte er als Datum „December 00, 2022“an. Der Überraschungsbesuch Wolodymyr Selenskyjs im Kongress hatte das über 18 Monate wie ein Räderwerk arbeitende Komitee aus sieben Demokraten und zwei Republikanern aus dem Takt gebracht.
So groß das Durcheinander um die Publikation des Abschlussberichts, so eindeutig sein Befund. „Der zentrale Grund für den 6. Januar war ein Mann, der frühere Präsident Donald Trump (Foto: dpa), dem viele andere folgten“, heißt es in der Zusammenfassung, die das Komitee den acht Kapiteln vorangestellt hat, die noch einmal schriftlich die Ergebnisse der öffentlichen Anhörungen aus dem Juni und Juli dokumentieren. Der Sturm auf das Kapitol sei der letzte Teil „eines mehrteiligen Plans“gewesen, „das Ergebnis der Präsidentschaftswahlen 2020 zu kippen“. Unter Berufung auf den 14. Verfassungszusatz der Vereinigten Staaten empfiehlt das Komitee, Trump von der künftigen Ausübung öffentlicher Ämter zu verbannen. Der Kongress sollte dafür einen Mechanismus schaffen, der die Anstifter des Aufstands gegen die Vereinigten Staaten vom 6. Januar disqualifiziert. Trump reagierte auf seinem eigenen Netzwerk im Internet mit dem üblichen Vorwurf einer „Hexenjagd“auf ihn. Das Komitee hatte bereits vor Veröffentlichung des Anschlussberichts am Montag bei seiner letzten öffentlichen Sitzung zum ersten Mal in der Geschichte der USA dem Justizminister die Strafverfolgung eines ehemaligen Präsidenten empfohlen.
In den einzelnen Abschnitten führt der Bericht detailliert aus, wie Trump bereits in der Wahlnacht
„die große Lüge“von den angeblich gestohlenen Wahlen verbreitete. Eine Behauptung, die von allen Gerichten, vor denen er die Ergebnisse angefochten hatte, zurückgewiesen wurde. Nachlesen lässt sich noch einmal, wie der mit sieben Millionen Stimmen abgewählte Präsident dann in „mindestens 200“Instanzen versucht hat, Druck auf Gesetzgeber und Wahlbeamte in den Bundesstaaten auszuüben, die Wahlergebnisse zu manipulieren. In allen Einzelheiten
beschreibt der Abschlussbericht die Details des Plans, mithilfe gefälschter Wahlleutelisten aus sieben Bundesstaaten einen Anlass zu schaffen, die Wahlergebnisse im Kongress nicht zu zertifizieren.
Dargestellt wird auch der Druck auf Vizepräsident Mike Pence, der sich weigerte, die Beglaubigung der Ergebnisse in der zeremoniellen Sitzung am 6. Januar zu verweigern. Und die Planung der Gewalt durch Trump, der beim Aufruf zu der Kundgebung seinen Anhängern versprochen hatte, es werde „wild“. Bei seiner Rede auf der Ellipse vor dem Weißen Haus hetzte er die Menge auf. Die Co-Vorsitzende des Komitees, die Republikanerin Liz Cheney, schreibt im Vorwort des Abschlussberichts, die Ermittlungen im Kongress seien „nur ein Anfang“. Nun liege es an den Staatsanwälten, „die Implikationen des Verhaltens zu bedenken, die wir in diesem Report beschrieben haben“. Das Komitee hat dem Justizministerium bereits die Unterlagen bereitgestellt, die es für seine parallelen Ermittlungen nutzen kann. Mit der Entscheidung über eine mögliche Anklage wird im neuen Jahr gerechnet.