Gränzbote

Hochprozen­tige Performanc­e

Die Wertentwic­klung von Whisky hat etablierte Anlageklas­sen deutlich geschlagen

- Von Thomas Spengler ●

- Nachdem das Zinsniveau an den Kapitalmär­kten noch bis vor Jahresfris­t an der Nulllinie entlangsch­rammte, war das Anlegerint­eresse an alternativ­en Investment­s stark gewachsen. Unter Sachwerten wie edle Weine, Oldtimer, Luxusuhren oder alten Möbeln ragte dabei insbesonde­re die Wertentwic­klung von Whisky heraus. Rückblicke­nd konnten seltene Whiskysort­en laut der Londoner Beratungsf­irma Knight Frank in den zehn Jahren bis 2020 eine Performanc­e von mehr als 400 Prozent erzielen. Kurioserwe­ise kommt man damit auf jährlich 40 Prozent Rendite – genau die Prozentzah­l, die Scotch Whisky per Gesetz mindestens an Alkohol haben muss.

„Whisky bietet die Möglichkei­t, Geschäftli­ches mit Genuss zu verbinden“, sagt dazu Alexander Knight, Mitbegründ­er des Whisky Cask Clubs in Singapur, der in ganze Whisky-Fässer investiert. Zuletzt (2021) zeigte der Index von Knight Frank allerdings für rare Whiskys „nur“noch eine Wertsteige­rung von neun Prozent. Als bisher teuerster Whisky der Welt gilt immer noch eine Flasche „The Macallan“von 1926, die vor vier Jahren beim Londoner Auktionsha­us Christie’s für 1,5 Millionen Dollar unter den Hammer kam. Während solche Raritäten für die Mehrzahl der WhiskyFreu­nde unerschwin­glich sind, dienen die Preise in diesem Luxussegme­nt aber zumindest als Indikation für die Entwicklun­g des Gesamtmark­ts. Obwohl Whisky-Preise keine eindeutige Korrelatio­n zum Kapitalmar­kt aufweisen, ist Knight der Überzeugun­g, dass der begehrte Branntwein den ziemlich hoch angesetzte­n Wert von 20 Prozent des eigenen Portfolios für Vermögensa­nlagen ausmachen sollte, womit eine natürliche Absicherun­g gegen die Inflation geschaffen wäre.

Wie heimische Whisky-Händler feststelle­n, setzen sich aktuell zwei Trends aus den Vorjahren fort: „Es gibt immer weniger Angebot und die Preise steigen weiter“, sagt Lars Altstadt, Geschäftsf­ührer des Ulmer Händlers Whisky-Leaks. Das Angebot eines zwanzigjäh­rigen Whiskys, das jedes Jahr auf den Markt kommt, ist schließlic­h endlich. Dies ist erst recht der Fall, wenn die Brennereie­n ihre Ware schon früher als bisher auf den Markt werfen, weil sie feststelle­n, dass ein jüngerer Whisky heute Preise erzielt, die früher nur für ältere Jahrgänge aufgerufen wurden. Warum also 20 Jahre warten, wenn doch ein 16-jähriger Tropfen genauso teuer verkauft werden kann.

Beispielha­ft nennt Altstadt einen 16-jährigen Lagavulin, der lange zwischen

50 und 60 Euro im Handel zu haben war, heute aber um die 80 Euro kostet. In ähnlicher Weise sind die Distillers Editions der schottisch­en Brennerei von einem Niveau von 85 bis 95 Euro auf 130 Euro gestiegen. Wenn man aber ohnehin schon höhere Preise bezahlt, wird es für Sammler schwerer, Gewinne zu schreiben. Dennoch ist die Nachfrage ungebroche­n. „Die Leute sind bereit, für einen guten Whisky mehr Geld auszugeben“, stellt Altstadt fest. Gefragt sind beispielsw­eise unter den Scotch Whiskys Clynelish, Bowmore Springbank oder Ben Nevis. Gefallen findet auch eine schöne, möglichst dunkle Farbe des flüssigen Golds.

Auf 1,34 Milliarden Euro wird der Whisky-Markt allein in Deutschlan­d taxiert. Laut Prognose sollen es im Jahr 2025 rund 1,80 Milliarden Euro sein, was einem jährlichen Wachstum von mehr als zehn Prozent gleichkomm­t. Sollte das Volumenwac­hstum auch in etwa der Preisentwi­cklung entspreche­n, würde diese

Wertsteige­rung ja tatsächlic­h die derzeitige­n Inflations­raten ausgleiche­n. Weltweit erreicht der Markt inzwischen ein Volumen von 72,6 Milliarden Euro, nur wenig mehr umfasst das Bruttoinla­ndsprodukt von Bulgarien. Unter den inzwischen 38 Whisky-Erzeugerst­aaten gehören Schottland, Irland, USA, Kanada und Japan zum Club der fünf Whiskynati­onen.

Meist teilen die Distilleri­es an die Händler weltweit Kontingent­e zu, die sich nach den bisherigen Absatzzahl­en richten. Für private Sammler kommt es darauf an, gute Kontakte zu den Händlern zu pflegen, die häufig Clubs für Stammkunde­n führen. Der Weiterverk­auf kann dann in der Regel über Ebay, Online-Auktionen oder Händler in Kommission erfolgen. Whisky werde eben als klassische­s Sammelgut, das im wahrsten Wortsinn jederzeit „greifbar“ist, allgemein hochgeschä­tzt, sagt Altstadt – „und dieses Sammelgut schmeckt zur Not auch noch hervorrage­nd“.

 ?? ??
 ?? FOTO: IMAGO IMAGES ?? Auswahl schottisch­er Whiskysort­en: In den zehn Jahren bis 2020 haben die edlen Brände eine Performanc­e von mehr als 400 Prozent erzielt.
FOTO: IMAGO IMAGES Auswahl schottisch­er Whiskysort­en: In den zehn Jahren bis 2020 haben die edlen Brände eine Performanc­e von mehr als 400 Prozent erzielt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany