Hochprozentige Performance
Die Wertentwicklung von Whisky hat etablierte Anlageklassen deutlich geschlagen
- Nachdem das Zinsniveau an den Kapitalmärkten noch bis vor Jahresfrist an der Nulllinie entlangschrammte, war das Anlegerinteresse an alternativen Investments stark gewachsen. Unter Sachwerten wie edle Weine, Oldtimer, Luxusuhren oder alten Möbeln ragte dabei insbesondere die Wertentwicklung von Whisky heraus. Rückblickend konnten seltene Whiskysorten laut der Londoner Beratungsfirma Knight Frank in den zehn Jahren bis 2020 eine Performance von mehr als 400 Prozent erzielen. Kurioserweise kommt man damit auf jährlich 40 Prozent Rendite – genau die Prozentzahl, die Scotch Whisky per Gesetz mindestens an Alkohol haben muss.
„Whisky bietet die Möglichkeit, Geschäftliches mit Genuss zu verbinden“, sagt dazu Alexander Knight, Mitbegründer des Whisky Cask Clubs in Singapur, der in ganze Whisky-Fässer investiert. Zuletzt (2021) zeigte der Index von Knight Frank allerdings für rare Whiskys „nur“noch eine Wertsteigerung von neun Prozent. Als bisher teuerster Whisky der Welt gilt immer noch eine Flasche „The Macallan“von 1926, die vor vier Jahren beim Londoner Auktionshaus Christie’s für 1,5 Millionen Dollar unter den Hammer kam. Während solche Raritäten für die Mehrzahl der WhiskyFreunde unerschwinglich sind, dienen die Preise in diesem Luxussegment aber zumindest als Indikation für die Entwicklung des Gesamtmarkts. Obwohl Whisky-Preise keine eindeutige Korrelation zum Kapitalmarkt aufweisen, ist Knight der Überzeugung, dass der begehrte Branntwein den ziemlich hoch angesetzten Wert von 20 Prozent des eigenen Portfolios für Vermögensanlagen ausmachen sollte, womit eine natürliche Absicherung gegen die Inflation geschaffen wäre.
Wie heimische Whisky-Händler feststellen, setzen sich aktuell zwei Trends aus den Vorjahren fort: „Es gibt immer weniger Angebot und die Preise steigen weiter“, sagt Lars Altstadt, Geschäftsführer des Ulmer Händlers Whisky-Leaks. Das Angebot eines zwanzigjährigen Whiskys, das jedes Jahr auf den Markt kommt, ist schließlich endlich. Dies ist erst recht der Fall, wenn die Brennereien ihre Ware schon früher als bisher auf den Markt werfen, weil sie feststellen, dass ein jüngerer Whisky heute Preise erzielt, die früher nur für ältere Jahrgänge aufgerufen wurden. Warum also 20 Jahre warten, wenn doch ein 16-jähriger Tropfen genauso teuer verkauft werden kann.
Beispielhaft nennt Altstadt einen 16-jährigen Lagavulin, der lange zwischen
50 und 60 Euro im Handel zu haben war, heute aber um die 80 Euro kostet. In ähnlicher Weise sind die Distillers Editions der schottischen Brennerei von einem Niveau von 85 bis 95 Euro auf 130 Euro gestiegen. Wenn man aber ohnehin schon höhere Preise bezahlt, wird es für Sammler schwerer, Gewinne zu schreiben. Dennoch ist die Nachfrage ungebrochen. „Die Leute sind bereit, für einen guten Whisky mehr Geld auszugeben“, stellt Altstadt fest. Gefragt sind beispielsweise unter den Scotch Whiskys Clynelish, Bowmore Springbank oder Ben Nevis. Gefallen findet auch eine schöne, möglichst dunkle Farbe des flüssigen Golds.
Auf 1,34 Milliarden Euro wird der Whisky-Markt allein in Deutschland taxiert. Laut Prognose sollen es im Jahr 2025 rund 1,80 Milliarden Euro sein, was einem jährlichen Wachstum von mehr als zehn Prozent gleichkommt. Sollte das Volumenwachstum auch in etwa der Preisentwicklung entsprechen, würde diese
Wertsteigerung ja tatsächlich die derzeitigen Inflationsraten ausgleichen. Weltweit erreicht der Markt inzwischen ein Volumen von 72,6 Milliarden Euro, nur wenig mehr umfasst das Bruttoinlandsprodukt von Bulgarien. Unter den inzwischen 38 Whisky-Erzeugerstaaten gehören Schottland, Irland, USA, Kanada und Japan zum Club der fünf Whiskynationen.
Meist teilen die Distilleries an die Händler weltweit Kontingente zu, die sich nach den bisherigen Absatzzahlen richten. Für private Sammler kommt es darauf an, gute Kontakte zu den Händlern zu pflegen, die häufig Clubs für Stammkunden führen. Der Weiterverkauf kann dann in der Regel über Ebay, Online-Auktionen oder Händler in Kommission erfolgen. Whisky werde eben als klassisches Sammelgut, das im wahrsten Wortsinn jederzeit „greifbar“ist, allgemein hochgeschätzt, sagt Altstadt – „und dieses Sammelgut schmeckt zur Not auch noch hervorragend“.