Agatha Christie lässt grüßen
„Tatort: Mord unter Misteln“(Mo., ARD, 20.15 Uhr) - Es wird gemütlich. Die Macher des Weihnachts-„Tatorts“wollen den Fernsehzuschauern offensichtlich eine Ver- schnaufpause gönnen. Kein Sozialdrama, in dem sich dunkle Gestalten eines Großstadtclans in nasskalten Straßen niederknallen, kein Psychodrama um einen psychisch angeschlagenen Ermittler. Nein, der edle Landsitz Bedford Hall in einer englischen Grafschaft dient als Ort des Geschehens. Und nicht nur das: Die Münchner Kommissare Leitmayr (Udo Wachtveitl) und Batic (Miroslav Memec), die sich von ihrem Assistenten Kalli (Ferdinand Hofer) zu einem Krimidinner haben überreden lassen, landen auch in einer anderen Zeit.
Wir schreiben das Jahr 1922, die exaltierte Lady Mona Bantam (eine Rolle wie geschaffen für Sunnyi Melles) ruft Detective Chief Inspector Lightmyer und Constable Ivor Partridge zu Hilfe. Denn ihr Butler liegt tot und, wie sie findet, äußerst deplatziert auf dem Perserteppich des Kaminzimmers, vergiftet.
Was folgt, ist ein Ratespiel in bester Agatha-Christie-Manier. Jeder und jede der sechs Anwesenden könnte ein Mörder sein. Alle haben ein Motiv. Und alle entsprechen sie lebendig gewordenen Klischees alter britischer Kriminalromane: der pietistische Reverend (Joshua Jaco Seelenbinder), der ein Auge auf das einfältige Zimmermädchen Heather (Marie Rathscheck) geworfen hat. Der Möchtegern-Sozialist und durchweg alkoholisierte Arzt Dr. Mallard (Alexander Hörbe), die erfolglose Sängerin Kitty (Katharina Schlothauer) und natürlich der Sohn des Hauses, dessen Rolle Assistent Kalli selbst übernimmt.
Die Dialoge sind nicht tiefschürfend, ein Wort ergibt das andere, aber die Spielfreude des Ensembles – vor allem jenseits der Ermittler – macht so manche Plattitüde wett. Ein „Tatort“für die ganze Familie. Schließlich darf es zu Weihnachten auch mal leicht bekömmlich sein.