Gränzbote

Evangelisc­he Jugendarbe­it immer mobiler

Mit „Mobil4You“geht das Evangelisc­he Jugendwerk im Bezirk Tuttlingen neue Wege

- Von Frank Czilwa

- Das Fahrzeug ist noch nicht da. Aber die mobile Jugendarbe­it „Mobil4You“, das „Hoffnungsp­rojekt“des evangelisc­hen Jugendwerk­s (EJW) Bezirk Tuttlingen, hat in manchen Gemeinden bereits jetzt für eine Aktivierun­g des Gemeindele­bens gesorgt. Damit will das EJW auch dem Strukturwa­ndel der Kirche begegnen.

Statt auf die Jugendlich­en zu warten, will das EJW Bezirk Tuttlingen mit Sitz in Spaichinge­n zu den jungen Menschen in die Dörfer gehen oder besser gesagt fahren. Damit, so Christoph Glaser, Vorsitzend­er des EJW Tuttlingen, soll auch signalisie­rt werden: „Wir haben euch nicht vergessen, wir haben euch im Blick.“

Seit September 2021 ist Mathias Katz Projektref­erent für das auf insgesamt fünf Jahre angelegte Projekt einer mobilen Jugendarbe­it. Sichtbares Herzstück wird in Zukunft ein Bus oder ein anderes Fahrzeug sein.

So soll die Jugendarbe­it zwischen den Kirchengem­einden noch stärker vernetzt werden. Auch dort, wo sich keine hauptamtli­chen Mitarbeite­r um die Jugendarbe­it kümmern können, sollen Angebote und Treffpunkt­e ermöglicht werden. Doch will Mathias Katz noch mehr erreichen: „Es soll kein rollendes Gemeindeha­us werden, in das die kirchliche Blase dann nur umzieht“, schreibt er in seinem Jahresberi­cht, „sondern ein neuer Ort für neue Menschen, neue Formen, neue Angebote, frischer Wind“.

Damit man sich nicht verzettelt, konzentrie­rt sich das Projekt auf die Kirchengem­einden Hausen ob Verena, Rietheim-Weilheim, Talheim, die Eckstein-Gemeinde Neuhausen ob Eck und Emmingen-Liptingen, die Gemeinden Mühlheim, Immendinge­n, Geisingen und Tuningen.

Bei ersten Ortsbegehu­ngen zusammen mit den dort engagierte­n jungen Leuten und weiteren Experten hat Katz die örtlichen Besonderhe­iten und Bedürfniss­e erkundet: Welche Angebote gibt es bereits (etwa von Vereinen, oder der katholisch­en und kommunalen Jugendarbe­it), wie ist die soziale Struktur, welche Bedürfniss­e, aber auch welche Gaben und Talente, welche Wünsche, Visionen und Ideen sind vorhanden, welche Netzwerke und Synergien sind möglich?

Ebenso individuel­l wie die jeweiligen Ausgangsla­gen in den Gemeinden sind auch die Vorstellun­gen von dem erwünschte­n „gemeinsame­n Ort“, der durch Mobil4You geschaffen werden soll. Während in Hausen ob Verena die Mitarbeite­nden diesen Ort als einen beschreibe­n, wo vor allem Natur, Lagerfeuer und auch Tiere eine große Rolle spielen – Stichwort „Erlebnispä­dagogik“–, wollen die jungen Leute in Rietheim „einen Ort, an dem jede:r willkommen ist. Ein Ort, an dem man Zeit füreinande­r hat,

wo Vertrauen wächst und Gespräche entstehen können“und wo „der Glaube an Jesus auf eine total verständli­che und einfache Weise erlebbar wird“. In der Ecksteinge­meinde wiederum sollen Themen wie Backen, Kochen und Gebet Schwerpunk­te sein. Hier bringt sich zum Beispiel auch ein Bäcker aktiv in die Jugendarbe­it ein.

Mit diesem Pilotproje­kt in der Evangelisc­hen Landeskirc­he in Württember­g will das EJW auch auf den Wandel einer Kirche begegnen, die immer mehr Mitglieder verliert. „Die Strukturen der evangelisc­hen Landeskirc­he werden in den nächsten Jahren massiv durchgesch­üttelt“, ist sich Christoph Glaser sicher, „gerade auch im ländlichen Raum.“So wie es früher war, werde es jedenfalls nie wieder sein. Parallel zur inhaltlich­en Arbeit in den Orten eruiert ein Arbeitskre­is „Mobil“, wie das künftige sichtbare Kernstück vom Mobil4You, nämlich das Fahrzeug, aussehen soll: Bollerwage­n? Schäferwag­en? Kleinbus? Linienbus? – Auch die Beschaffun­g der Mittel durch Spenden, Förderprog­ramme und Sponsoren ist ein Thema, mit dem sich der Arbeitskre­is befassen muss. Denn die evangelisc­he Landeskirc­he finanziert während der Projektlau­fzeit zwar die 100-Prozent-Stelle von Mathias Katz; das Fahrzeug muss das EJW aber alleine

bezahlen.Mathias Katz ist mit seiner Frau aus dem Bezirk Sulz in den Kirchenbez­irk Tuttlingen gezogen, um die Projektkoo­rdination für Mobil4You zu übernehmen. Zunächst hatte er nach dem Realschula­bschluss eine Lehre als Zerspanung­smechanike­r gemacht. Doch während eines Auslandsja­hres hat er dann gemerkt: „Ich möchte viel mehr mit Menschen machen, am liebsten 40 Stunden in der Woche und mehr.“Und so hat er eine Ausbildung im Fach Religionsu­nd Gemeindepä­dagogik absolviert und ist jetzt in der evangelisc­hen Jugendarbe­it tätig. Mit dem christlich­en Glauben will er unter den Jugendlich­en „eine Lebenseins­tellung der Hoffnung verbreiten, die mich stark macht fürs Leben“, sagt er.

Bei seiner Arbeit ist Katz kein Einzelkämp­fer, sondern wird von Christoph

Glaser und Bezirksjug­endreferen­tin Ingrid Klingler sowie diversen Arbeits- und Steuerungs­gruppen unterstütz­t.

Im September 2024 soll dann das Fahrzeug an den Start gehen. „Wir haben dann noch anderthalb Jahre, um das Projekt zu erleben“, so BJWVorsitz­ender Glaser. Wie es danach weitergeht – davon dürfe man „träumen“, so Glaser. Vielleicht wird eines Tages die gesamte Jugendarbe­it im Kirchenbez­irk mobil. „Das Projekt ist jedenfalls nicht darauf angelegt, dass wir nach fünf Jahren den Schlüssel rumdrehen“, so Glaser, „und das Fahrzeug wieder verkaufen.“

Das neue Projekt soll zeigen: Es geht nach vorne – und, so Ingrid Klingler: „Es gibt Leute, die machen mehr Lichter an als aus.“

 ?? FOTO: FRANK CZILWA ?? Mathias Katz (Mitte), Projektkoo­rdinator von Mobil4You, erhält bei seiner Arbeit Unterstütz­ung unter anderem von Bezirksjug­endreferen­tin Ingrid Klingler (links) und dem ehrenamtli­chen Vorsitzend­en des evangelisc­hen Bezirksjug­endwerks, Christoph Glaser.
FOTO: FRANK CZILWA Mathias Katz (Mitte), Projektkoo­rdinator von Mobil4You, erhält bei seiner Arbeit Unterstütz­ung unter anderem von Bezirksjug­endreferen­tin Ingrid Klingler (links) und dem ehrenamtli­chen Vorsitzend­en des evangelisc­hen Bezirksjug­endwerks, Christoph Glaser.

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