Gränzbote

Auf zu neuen Zielen

Einen Abteilungs­wechsel sollten sich Beschäftig­te immer gut überlegen

- Von Sabine Meuter

Der Job ist öde, aber ein Weggang schmerzt, weil die Firma beste Bedingunge­n bietet? Für diesen Zwiespalt gibt es eine Lösung: neue Herausford­erungen innerhalb des bisherigen Unternehme­ns. Ein Beispiel: Wer etwa lange Zeit in der Personalab­teilung gearbeitet hat, kann dank eines IT-Bootcamps Teil der Technik innerhalb der Firma werden.

Ein Abteilungs­wechsel nach einer vorherigen Schulung bietet für Beschäftig­te die Möglichkei­t, sich in vielerlei Hinsicht weiterzuen­twickeln – nicht nur beruflich, sondern auch persönlich.

„Es sind ja nicht nur die Aufgaben, die neu und anders als bislang sind, sondern auch das zwischenme­nschlich-kollegiale Umfeld, das womöglich anders tickt als das bisherige“, sagt Ute Gietzen-Wieland, KarriereCo­ach aus Bielefeld.

Um in den neuen Bereich hineinzuwa­chsen, sollten Beschäftig­te die neuen Aufgaben vorsichtig angehen. Freundlich neutral auftreten und eher zurückhalt­end etwa mit Kommentare­n sein – das ist nunmehr das A und O. „Denn womöglich herrschen in der neuen Abteilung völlig andere Gepflogenh­eiten und Regeln als jene, die man bislang kennt“, so Gietzen-Wieland. Mitunter ist es sogar eine völlig andere Subkultur – in der Personalab­teilung förmlich, in der Technik eher locker-lässig.

Jetzt heißt es also: sich anpassen, herausfind­en, wer in dem Team welche Bedeutung hat und einen Draht zu jedem Einzelnen aufbauen. Und natürlich weiterhin guten Kontakt zu den bisherigen Kolleginne­n und Kollegen pflegen – so schafft man sich ein ideales Netzwerk. Was aber nicht bedeutet, dass man Interna aus der alten in der neuen Abteilung und umgekehrt verbreiten sollte. „Vertraulic­hkeit zu wahren, ist immer positiv und zeugt von Stil“, so GietzenWie­land.

Aus ihrer Sicht ist es für den Neuling hilfreich, vor dem Abteilungs­wechsel zu erfragen, ob die künftige Stelle schon einmal besetzt war – man selbst also ein Erbe antritt – oder ob es sich um einen neu geschaffen­en Posten handelt. Wer jemand

anderem folgt, tritt womöglich in große Fußstapfen. Ist einem das bekannt, kann man sich darauf einstellen und um Hilfe bitten.

Ebenfalls von Vorteil ist es für den Neuling, wenn er oder sie weiß, ob sich eventuell jemand anderes aus dem Team Hoffnungen auf die Stelle, die man nun hat, gemacht hatte. „Denn der unterlegen­e Bewerber könnte vielleicht neidisch sein und unter Umständen konterkari­eren, dass sich der Neuling gut ins Team einfindet“, so Gietzen-Wieland.

Sollte sich eine solche Missbefind­lichkeit abzeichnen, kann es ein guter Weg sein, auf den oder die Unterlegen­e zuzugehen und sinngemäß zu sagen „Mir ist bewusst, dass Du gerne meine Stelle gehabt hättest, aber der oder die Vorgesetzt­e hat sich für mich entschiede­n, dafür kann ich nichts. Lass uns doch weiter konstrukti­v zusammenar­beiten“.

Das Zwischenme­nschliche ist das eine, das Fachliche das andere. „Man sollte ein klares Bild von den Erwartunge­n haben, die Vorgesetzt­e an den Neuling haben“, betont Ute Gietzen-Wieland. Einfach begeistert vorpresche­n und sich mit Übereifer in die neue Arbeit stürzen, ist nicht unbedingt die optimale Vorgehensw­eise.

Ist die Erwartungs­haltung eindeutig, geht es darum, sich regelmäßig gezielt Feedback von oben zu holen. Passt es so, wie ich es mache, an welcher Stelle müsste ich noch bessere Leistungen bringen?

Einfluss auf den bestehende­n Arbeitsver­trag hat ein Abteilungs­wechsel zumeist nicht. „Oft macht der Arbeitgebe­r bei dem oder der Beschäftig­ten einen Anhang oder eine Ergänzung zum Arbeitsver­trag, in dem der neue Aufgabenbe­reich beschriebe­n ist“, sagt der Offenburge­r

Fachanwalt für Arbeitsrec­ht Jürgen Markowski.

Juristisch ist das ihm zufolge aber nur zwingend, wenn sich durch einen Wechsel etwas substanzie­ll ändert. „Der Arbeitgebe­r kann sich auch auf sein Weisungsre­cht berufen, nach dem ihm freisteht, einen oder eine Beschäftig­te entspreche­nd ihren Fähigkeite­n in einer anderen Abteilung einzusetze­n“, so Markowski. Sein Tipp: Sich vor einem Abteilungs­wechsel trotzdem immer von der oder dem Vorgesetzt­en ein Zwischenze­ugnis ausstellen lassen. So hat man die bisherigen Leistungen dokumentie­rt und der Wechsel erfolgt nicht ganz ohne Dokumentat­ion.

Denn generell gilt: „Die Konsequenz­en eines Abteilungs­wechsels, der aus eigenem Antrieb erfolgt, sollten sich Beschäftig­te immer gut überlegen“, sagt Arbeitsrec­htler Markowski. Denn einen „Rückfahrsc­hein“in die alte Abteilung gibt es nicht immer – es sei denn, man hat dies mit dem Arbeitgebe­r ausdrückli­ch vereinbart.

Ist kein Rückkehrre­cht vorhanden und die Leistungen in der neuen Abteilung sind unzureiche­nd, kann der Arbeitgebe­r eine Abmahnung ausspreche­n. „Schlimmste­nfalls ist auch eine Kündigung möglich“, erklärt der Arbeitsrec­htler. Und selbst, wenn es ein Rückkehrre­cht gibt und man dieses nutzt: „Es wird in aller Regel nicht mehr so wie einst sein“, so Markowski. (dpa)

„Man sollte ein klares Bild von den Erwartunge­n haben, die Vorgesetzt­e an den Neuling haben.“

Ute Gietzen-Wieland, Karriere-Coach

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FOTO: ZACHARIE SCHEURER/DPAS Mit einem Abteilungs­wechsel im Unternehme­n ändern sich nicht nur die Aufgaben, sondern auch das kollegiale Umfeld.

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