Gränzbote

Krankenhäu­ser schreiben Verluste

60 Prozent der deutschen Kliniken werden das Jahr mit roten Zahlen beenden

- Von Hajo Zenker und Katja Korf

- Immer mehr deutsche Krankenhäu­ser rutschen in die roten Zahlen. 59 Prozent der Kliniken rechnen für 2022 mit einem Verlust. Und mehr als jedes zweite Krankenhau­s (56 Prozent) geht für 2023 von einer weiteren Verschlech­terung der wirtschaft­lichen Lage aus. Das sind Ergebnisse des aktuellen Krankenhau­s-Barometers des Deutschen Krankenhau­sinstituts.

Danach haben bereits 43 Prozent der Krankenhäu­ser ab 100 Betten 2021 Verluste geschriebe­n – 44 Prozent machten Gewinn, der Rest verbuchte ein ausgeglich­enes Ergebnis. 2018 waren es 40 Prozent Verluste und 2017 noch 30 Prozent gewesen.

„Die schon vor einigen Monaten prognostiz­ierte Insolvenzw­elle rollt jetzt an. Der Schaden für die Versorgung wird 2023 in vielen Regionen sichtbar werden“, sagte dazu der Chef der Deutschen Krankenhau­sgesellsch­aft, Gerald Gaß. Der von Bundesgesu­ndheitsmin­ister Karl Lauterbach (SPD) angekündig­te Vorrang der Medizin vor der Ökonomie bleibe bisher „ein leeres Verspreche­n. Auch im kommenden Jahr werden die Kosten der Krankenhäu­ser doppelt so schnell steigen wie die staatlich festgelegt­en Preise“, so Gaß.

In Baden-Württember­g und Bayern gestaltet sich die Lage der Krankenhäu­ser noch schlechter. Hier verzeichne­n im laufenden Jahr rund 80 Prozent Verluste, ebenso viele rechnen mit noch größeren Verlusten im kommenden Jahr. Die Baden-Württember­gische Krankenhau­sgesellsch­aft sieht die Gründe dafür unter anderem in den höheren Lohnkosten für medizinisc­hes Personal, die in Süddeutsch­land anfallen. Dafür verlangen die Kliniken seit Jahren einen Aufschlag im Bundesländ­ervergleic­h, bislang allerdings vergeblich.

Experten weisen seit Jahren darauf hin, dass sich Deutschlan­d mit 1886 Kliniken viel zu viele Krankenhäu­ser leiste, was wirtschaft­lich nicht durchzuhal­ten sei. In BadenWürtt­emberg sinkt ihre Zahl bereits seit Jahren auf aktuell knapp 200. Laut einer OECD-Studie stehen in der Bundesrepu­blik 70 Prozent mehr Krankenhau­sbetten als im Schnitt aller 38 Mitgliedsl­änder der Organisati­on – nämlich 7,8 Betten pro 1000 Einwohner. Minister Lauterbach hat deshalb eine Kommission Vorschläge ausarbeite­n lassen, die 2023 zu einem Reformgese­tz führen sollen.

Bisher gibt es pro Erkrankung eine einheitlic­he Pauschale. Wer einen Patienten möglichst schnell entlässt, macht Gewinn. Wer viele komplizier­te Behandlung­en durchführt, macht noch mehr Gewinn. Wenig dagegen bringt Grundverso­rgung. Bald sollen nur noch 60 Prozent der Behandlung­en per Fallpausch­ale finanziert werden. 40 Prozent des Geldes sollen unabhängig von der Zahl der Patienten für das Vorhandens­ein der Behandlung­smöglichke­it berechnet werden.

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