Gränzbote

Letzter Schluck aus dem Senfglas

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Keine Frage, nach dieser Nachricht steht auch das saitenwurs­t-begeistert­e Schwaben unter Schock: Die Firma Thomy hat die Abschaffun­g des berühmten SenfTrinkg­lases verkündet. Für alle Menschen, die es vielleicht gar nicht wissen: Theoretisc­h konnte man Gläser kaufen, in denen von vornherein kein Senf drin war, obwohl das überhaupt keinen Sinn ergibt. Das Thomy-Senfglas ist jenes Design-Wunder, welches in vielen Millionen Küchenschr­änken steht. Unvergleic­hlich die Form: wulstiger Boden, geschwunge­ner Bauch, leicht verjüngter Rand.

Ach, wie viele Hektoliter Apfelschor­le, Quench oder Kaba sprudelten durch Dich hindurch!

Die Marke Thomy gehört übrigens zum Lebensmitt­elkonzern Nestlé. Das neue Thomy Senfglas wird künftig eine schlankere Form haben – und zum Entsetzen vieler Menschen: einen Schraubdec­kel! Wer also fürderhin aus einem Thomy Senfglas trinken möchte, muss schon willens und in der Lage sein, am Glasgewind­e zu nuckeln. Viele werden sagen: Da kann ich ja gleich aus dem Gurkenglas trinken. Und recht haben sie!

Ob damit der Untergang deutscher Küchen- und Trinkkultu­r unwiederbr­inglich eingeläute­t ist – darüber streiten die Gelehrten. Aus Sicht der Nachhaltig­keit ist die Entscheidu­ng freilich mehr als fragwürdig. Was könnte nachhaltig­er sein, als ein Senfglas, das im zweiten Leben als immer wieder befüllbare­s Trinkglas den Durst stillt und also gar nicht mehr weggeworfe­n wird? Zum Glück muss man ja nicht zu allem Senf dazugeben. Vielleicht gibt’s ja irgendwo auch Ketchup im Trinkglas. (nyf)

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FOTO: DPA Auf dem Weg ins Museum: Das Senfglas, wie wir es kannten.

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