Militante Serben blockieren Straßen im Kosovo
Streit um Autokennzeichen hat alten Konflikt aufflammen lassen – Belgrad mobilisiert die Armee
- Angesichts verschärfter Spannungen zwischen Serbien und dem Kosovo hat der serbische Präsident Aleksandar Vucic Armee und Sicherheitskräfte in höchste Kampfbereitschaft versetzt. Truppen wurden in die Nähe der kosovarischen Grenze verlegt.
Anlass für den Schritt sind Unruhen im Kosovo: Militante Nationalisten der serbischen Minderheit, die unter der Kontrolle Belgrads stehen, protestieren mit Straßenbarrikaden gegen die Festnahme eines ehemaligen Polizisten aus ihrer Bevölkerungsgruppe. Dieser wurde verhaftet, weil er im Verdacht steht, ein Wahllokal angegriffen zu haben. Die Aktivisten blockierten in der Nacht auf Dienstag weitere Straßen. Insgesamt sind nun an 13 Stellen Barrikaden errichtet.
Die von der Nato geführte Kosovo-Truppe Kfor versucht, trotzdem den Verkehr zu ermöglichen. Bisher hat die Kfor die Barrikaden noch nicht entfernt, weil im Hintergrund westliche Diplomaten auf verschiedenen Kanälen versuchen, eine politische Lösung zu finden. Der kosovarische Premier Albin Kurti kündigte an, dass die Sicherheitskräfte des Kosovo die Barrikaden beseitigen würden, falls die Kfor dies nicht erledige.
Die Verschärfung des Konflikts zwischen Serbien und seinem ehemaligen Landesteil begann im Herbst mit einem Streit über Autokennzeichen und Ausweise. Die kosovarische Regierung hatte eigentlich vorgehabt, für alle Kfz-Besitzer im Kosovo die gleichen Autokennzeichen einzuführen und die serbischen Schilder schrittweise zu verbieten. Jene Serben, die unter der Kontrolle von Belgrad stehen, verließen daraufhin alle Institutionen des Staates Kosovo – die Justiz, die Polizei, die Gemeindeämter, die Regierung und das Parlament.
Weil durch diesen Boykott zu wenige Polizisten im serbisch dominierten Norden des Kosovo sind, entstand ein Sicherheitsvakuum. Kosovarische Polizisten, Beamte der EUMission Eulex und Journalisten wurden von Militanten angegriffen.
Inzwischen hat die kosovarische Regierung – auch auf Druck der USA – die Umsetzung der neuen Regeln bei den Autokennzeichen zurückgezogen. Dennoch kehrten die serbischen Polizisten nicht in die kosovarische Polizei zurück. Zudem verschärften Politiker in Belgrad den Ton: Vucic und andere behaupteten etwa, dass die kosovarische Regierung die Serben aus dem Kosovo vertreiben wolle und dass diese in Gefahr seien. Zuletzt meinte Vucic, dass sich „die Albaner“– wie er die kosovarische Regierung nennt – bewaffnet hätten und kampfbereit seien. Dies diente ihm als Argumentation, um selbst die eigenen Truppen in Alarmbereitschaft zu versetzen.
Vucic traf sich zudem mit dem serbisch-orthodoxen Patriarchen Porfirije. Diesem war zuvor von den kosovarischen Behörden die Einreise in den Kosovo verweigert worden. In der Stadt Mitrovica wurden Plakate gesichtet, die zum Boykott serbischer Waren auffordern.
Serbien hat die Unabhängigkeit des Kosovo nie akzeptiert. Die Unabhängigkeitserklärung des Territoriums 2008 stützte sich darauf, dass Jugoslawien unter Slobodan Miloševic zwischen 1989 und 1998 umfassende Menschenrechtsverletzungen gegenüber der eigenen Zivilbevölkerung im Kosovo begangen hatte. Zuvor hatte Miloševic die seit 1974 geltende Autonomie des Kosovo innerhalb Jugoslawiens aufgehoben, Albaner und nicht regimetreue Serben waren massiven Repressionen ausgesetzt.
Als Serbiens aktueller Präsident Vucic vor wenigen Tagen öffentlich erwog, serbische Sicherheitskräfte in den Kosovo zu entsenden, wurde dies dort umgehend als Bedrohung aufgefasst. Die Unterdrückung durch das Miloševic-Regime und der Krieg im Jahr 1999 sind dort noch sehr präsent.