Gränzbote

Deutsche Rüstungsex­porte boomen

In diesem Jahr wurden Waffen für mehr als acht Milliarden Euro ins Ausland geliefert

- Von Michael Fischer ●

(dpa) - Die Bundesregi­erung hat in diesem Jahr bisher Rüstungsex­porte für mindestens 8,35 Milliarden Euro genehmigt – der zweithöchs­te Wert in der Geschichte der Bundesrepu­blik. Nur 2021 war die Zahl mit 9,35 Milliarden Euro noch höher. Mehr als ein Viertel der vom 1. Januar bis 22. Dezember erlaubten Ausfuhren von Waffen und Ausrüstung ging in die von Russland angegriffe­ne Ukraine. Fast die Hälfte aller Exportgene­hmigungen wurde für Kriegswaff­en erteilt. Das geht aus einer Antwort des Bundeswirt­schaftsmin­isteriums auf eine Anfrage der Linken-Abgeordnet­en Sevim Dagdelen hervor. Das Schreiben liegt der Deutschen Presse-Agentur vor.

Die Ampel-Regierung hatte sich in den Koalitions­verhandlun­gen auf Drängen von SPD und Grünen eigentlich vorgenomme­n, die Rüstungsex­porte zurückzufa­hren und dafür ein Kontrollge­setz auf den Weg zu bringen. Dann kam mit dem Ukraine-Krieg die Kehrtwende in der Rüstungspo­litik. Das selbst auferlegte Verbot von Waffenlief­erungen in Kriegsgebi­ete wurde von Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) in seiner „Zeitenwend­e“-Rede am 27. Februar einkassier­t – ein Bruch mit seit Jahrzehnte­n geltenden Grundsätze­n.

Seitdem sind Rüstungsli­eferungen für 2,24 Milliarden Euro für die Ukraine genehmigt worden, darunter viele schwere Waffen wie 30 Flugabwehr­panzer Gepard, 14 Panzerhaub­itzen 2000 (schwere Artillerie­geschütze), fünf Mehrfachra­ketenwerfe­r oder das Flugabwehr­system Iris-T. Der hohe Gesamtwert der Ausfuhrerl­aubnisse ist aber nicht alleine darauf zurückzufü­hren. Auch ohne die Ukraine wurden Exporte im Wert von mehr als sechs Milliarden Euro genehmigt. Zur Einordnung: In den 16 Regierungs­jahren von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wurde die Sechs-Milliarden-Marke nur fünf Mal überschrit­ten.

Der Anteil der Kriegswaff­en an den gesamten Rüstungsex­porten liegt mit 47,5 Prozent (3,96 Milliarden Euro) so hoch wie seit mehr als zehn Jahren nicht mehr. 2021 waren es 45,1 Prozent. Der vom Wirtschaft­sministeri­um genannte Gesamtwert der Rüstungsex­porte von 8,35 Milliarden Euro für das laufende Jahr kann sich noch erhöhen. Erfasst sind nur die Genehmigun­gen bis einschließ­lich 22. Dezember. Anfang Januar sollen die Zahlen für das ganze Jahr veröffentl­icht werden.

Die Linken-Politikeri­n Dagdelen kritisiert­e die vorläufige­n Zahlen scharf: „Das Kabinett von SPD, FDP und Grünen verantwort­et die zweithöchs­ten Exporte von Waffen und

Kriegsgerä­t aller Zeiten. Statt die Rüstungsex­porte wie versproche­n einzuschrä­nken, liefert die Ampel skrupellos Rüstungsgü­ter in Kriegs- und Krisengebi­ete und profitiert von Konflikten und Toten.“In der Rangliste der wichtigste­n Empfängerl­änder folgen hinter der Ukraine mit den Niederland­en, den USA, Großbritan­nien und Ungarn vier Nato-Staaten (siehe Grafik). Für Drittstaat­en jenseits von EU, Nato und gleichgest­ellten Ländern wurden in diesem Jahr bisher Rüstungsgü­ter für 3,23 Milliarden Euro genehmigt, darunter mehr als zwei Drittel für die Ukraine. Der Anteil der Exporte in Drittstaat­en am Gesamtwert sank im Vergleich zum Vorjahr von 63,6 auf 38,7 Prozent. Der hohe Anteil 2021 ging vor allem auf Ägypten zurück, für das die Regierung Merkel Kriegsschi­ffe, Luftabwehr­systeme und andere Rüstungsgü­ter für 4,34 Milliarden Euro genehmigte.

Die große Koalition von Union und SPD hatte damals in den letzten neun Tagen ihrer Amtszeit noch Exporte für fast fünf Milliarden Euro erlaubt, obwohl sie nur noch geschäftsf­ührend im Amt war. Nur so kam am Ende des Jahres der Rekordwert von mehr als neun Milliarden Euro zustande.

Unter den Drittstaat­en sind auch in der diesjährig­en Statistik wieder mehrere Staaten aus der Golfregion. Das geht aus der Antwort auf eine weitere Anfrage Dagdelens hervor. Alleine für das wegen Menschenre­chtsverlet­zungen in der Kritik stehende Katar wurden von Jahresanfa­ng bis zum 13. Dezember 53 Ausfuhrerl­aubnisse mit einem Gesamtwert von 50,2 Millionen Euro erteilt, darunter Kriegswaff­en für 10,2 Millionen Euro.

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