Gränzbote

Bereit für das nächste Erfolgskap­itel

Karl Geiger ist in Oberstdorf tief verwurzelt und will in seiner Heimat auftrumpfe­n

- Von Christoph Leuchtenbe­rg ●

(SID) - Willkommen im Geiger-Land! Wer zur Vierschanz­entournee über die B 19 in den südlichste­n Zipfel Deutschlan­ds fährt, wer durch die Gassen Oberstdorf­s spaziert, der kommt nicht am Namen Geiger vorbei. Oder besser: Eigentlich kommt er ständig an ihm vorbei. Gefühlt jedes dritte Firmen- und Klingelsch­ild trägt ihn, der GeigerZähl­er schlägt quasi ständig aus. Zwei Jahre lang ehrte den berühmtest­en Namensinha­ber außerdem ein Plakat am Ortseingan­g: „Karl Geiger – Skiflug-Weltmeiste­r 2020“. Viel Liebe für den Karle.

„Oberstdorf hat mir unfassbar viel gegeben. Ich fühle mich hier pudelwohl“, sagt Deutschlan­ds bester Skispringe­r, der tief im idyllische­n Allgäuer Flecken verwurzelt ist. Der sich hier in Blickweite der Schattenbe­rgschanze mit Frau Franziska und Töchterche­n Luisa und unweit dem Rest der Geiger’schen Kernfamili­e sein privates Rückzugsge­biet geschaffen hat.

Und deshalb würde Geiger seinem Oberstdorf am liebsten unfassbar viel zurückgebe­n. Am allerliebs­ten mit dem Gesamtsieg bei der am Donnerstag (16.30 Uhr/ZDF und Eurosport) traditione­ll in seiner Heimatgeme­inde beginnende­n Tournee. Auch wenn er nach wackligem Saisonauft­akt nicht zu den allergrößt­en Favoriten (siehe Kasten rechts) gehört. „Aber wenn ich in Oberstdorf springe“, sagt der 13-malige Weltcupsie­ger, „will ich immer richtig performen.“

So richtig performt hat der 29-Jährige schon „vor der Haustür“. Vor allem 2020, als Geiger den TourneeAuf­takt gewann, als zweiter Oberstdorf­er nach dem späteren Gesamtsieg­er Max Bolkart (1960). Vor coronabedi­ngt leeren statt mit mehr als 25.000 Fans besetzten Rängen, ohne Freunde und Familie an der Schanze, was ihn noch heute schmerzt.

Nun kehren die Massen zurück, das Springen ist seit Wochen ausverkauf­t. „Ich freue mich extrem auf das volle Stadion“, sagt Geiger. Seine

Oberstdorf­er, das ist ihm so wichtig, können ihn hautnah durch das nächste Kapitel seiner bewegten sportliche­n Geschichte begleiten. Jene böte alleine mit den vergangene­n drei Jahren genug Stoff für eine mehrteilig­e Netflix-Serie.

Staffel 1 (2020/21): Wie Karl im ersten Pandemie-Winter sensatione­ll Skiflug-Weltmeiste­r und Vater von Töchterche­n Luisa wird, sich danach Corona einfängt, sich zur Tournee rettet und das Heimspiel in Oberstdorf gewinnt, wo er, der „Teufelsgei­ger“, der „Teufelskar­l“, dann sechs Wochen später bei der WM noch zwei Titel und vier Medaillen holt.

Staffel 2 (2021/22): Wie Karl stark wie nie in die Saison startet, als Gesamtwelt­cup-Führender zur Tournee kommt, dort aber hadert und nur Vierter wird, bei Olympia in die Krise rutscht und dann doch noch Doppelbron­ze holt.

Staffel 3 (2022/23): Wie Karl im Sommer zum sportlich Sinnsuchen­den wird, zu Saisonbegi­nn hinterhers­pringt, bei der Tournee-Generalpro­be in Engelberg plötzlich seine Form findet – und dann ...?

Es bleibt genug für ein vorläufige­s Happy End in den kommenden Tagen. Zumindest Geiger selbst hat eine klare Vorstellun­g von der Fortsetzun­g seiner Lebensgesc­hichte. „Der Tourneesie­g ist seit Jahren ein Riesenziel“, sagte der 29-Jährige beim finalen Presseterm­in vor der ersten Qualifikat­ion am Mittwoch (16.30 Uhr/ZDF und Eurosport). „Wir haben hier einiges vor.“Es wäre der erste deutsche Gesamterfo­lg seit Sven Hannawald 2001/02.

Im Geiger-Land werden sie wieder mal gebannt mitfiebern. Und das nun zweijährig­e Töchterche­n Luisa ist zumindest alt genug, die „KarleStory“im Fernsehen zu verfolgen. „Mittlerwei­le erkennt sie mich da“, sagt Geiger, was beiden beim Trennungss­chmerz hilft. „Luisa versteht noch nicht, warum ich so oft weggehe. Meine Frau sagt ihr dann: der Papa geht schaffen, und dann macht er Zieeeeeh!“

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FOTO: GEPA PICTURES/IMAGO Mit Blick auf seine Heimat Oberstdorf möchte Karl Geiger erfolgreic­h in die Vierschanz­entournee starten.

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