Bereit für das nächste Erfolgskapitel
Karl Geiger ist in Oberstdorf tief verwurzelt und will in seiner Heimat auftrumpfen
(SID) - Willkommen im Geiger-Land! Wer zur Vierschanzentournee über die B 19 in den südlichsten Zipfel Deutschlands fährt, wer durch die Gassen Oberstdorfs spaziert, der kommt nicht am Namen Geiger vorbei. Oder besser: Eigentlich kommt er ständig an ihm vorbei. Gefühlt jedes dritte Firmen- und Klingelschild trägt ihn, der GeigerZähler schlägt quasi ständig aus. Zwei Jahre lang ehrte den berühmtesten Namensinhaber außerdem ein Plakat am Ortseingang: „Karl Geiger – Skiflug-Weltmeister 2020“. Viel Liebe für den Karle.
„Oberstdorf hat mir unfassbar viel gegeben. Ich fühle mich hier pudelwohl“, sagt Deutschlands bester Skispringer, der tief im idyllischen Allgäuer Flecken verwurzelt ist. Der sich hier in Blickweite der Schattenbergschanze mit Frau Franziska und Töchterchen Luisa und unweit dem Rest der Geiger’schen Kernfamilie sein privates Rückzugsgebiet geschaffen hat.
Und deshalb würde Geiger seinem Oberstdorf am liebsten unfassbar viel zurückgeben. Am allerliebsten mit dem Gesamtsieg bei der am Donnerstag (16.30 Uhr/ZDF und Eurosport) traditionell in seiner Heimatgemeinde beginnenden Tournee. Auch wenn er nach wackligem Saisonauftakt nicht zu den allergrößten Favoriten (siehe Kasten rechts) gehört. „Aber wenn ich in Oberstdorf springe“, sagt der 13-malige Weltcupsieger, „will ich immer richtig performen.“
So richtig performt hat der 29-Jährige schon „vor der Haustür“. Vor allem 2020, als Geiger den TourneeAuftakt gewann, als zweiter Oberstdorfer nach dem späteren Gesamtsieger Max Bolkart (1960). Vor coronabedingt leeren statt mit mehr als 25.000 Fans besetzten Rängen, ohne Freunde und Familie an der Schanze, was ihn noch heute schmerzt.
Nun kehren die Massen zurück, das Springen ist seit Wochen ausverkauft. „Ich freue mich extrem auf das volle Stadion“, sagt Geiger. Seine
Oberstdorfer, das ist ihm so wichtig, können ihn hautnah durch das nächste Kapitel seiner bewegten sportlichen Geschichte begleiten. Jene böte alleine mit den vergangenen drei Jahren genug Stoff für eine mehrteilige Netflix-Serie.
Staffel 1 (2020/21): Wie Karl im ersten Pandemie-Winter sensationell Skiflug-Weltmeister und Vater von Töchterchen Luisa wird, sich danach Corona einfängt, sich zur Tournee rettet und das Heimspiel in Oberstdorf gewinnt, wo er, der „Teufelsgeiger“, der „Teufelskarl“, dann sechs Wochen später bei der WM noch zwei Titel und vier Medaillen holt.
Staffel 2 (2021/22): Wie Karl stark wie nie in die Saison startet, als Gesamtweltcup-Führender zur Tournee kommt, dort aber hadert und nur Vierter wird, bei Olympia in die Krise rutscht und dann doch noch Doppelbronze holt.
Staffel 3 (2022/23): Wie Karl im Sommer zum sportlich Sinnsuchenden wird, zu Saisonbeginn hinterherspringt, bei der Tournee-Generalprobe in Engelberg plötzlich seine Form findet – und dann ...?
Es bleibt genug für ein vorläufiges Happy End in den kommenden Tagen. Zumindest Geiger selbst hat eine klare Vorstellung von der Fortsetzung seiner Lebensgeschichte. „Der Tourneesieg ist seit Jahren ein Riesenziel“, sagte der 29-Jährige beim finalen Pressetermin vor der ersten Qualifikation am Mittwoch (16.30 Uhr/ZDF und Eurosport). „Wir haben hier einiges vor.“Es wäre der erste deutsche Gesamterfolg seit Sven Hannawald 2001/02.
Im Geiger-Land werden sie wieder mal gebannt mitfiebern. Und das nun zweijährige Töchterchen Luisa ist zumindest alt genug, die „KarleStory“im Fernsehen zu verfolgen. „Mittlerweile erkennt sie mich da“, sagt Geiger, was beiden beim Trennungsschmerz hilft. „Luisa versteht noch nicht, warum ich so oft weggehe. Meine Frau sagt ihr dann: der Papa geht schaffen, und dann macht er Zieeeeeh!“