Gränzbote

Gern ein bisschen länger arbeiten

- Von Eva Stoss e.stoss@schwaebisc­he.de

Kaum ein Thema treibt die Deutschen so sehr um wie die Rente. Die Angst, im Alter den Lebensstan­dard nicht halten zu können oder sogar arm zu sein, ist mit Blick auf das gesunkene Rentennive­au durchaus begründet. Die Ampel-Regierung verspricht, dieses stabil zu halten und die Höhe der Beiträge wie auch das Rentenalte­r nicht weiter steigen zu lassen. Doch wie soll das gehen? Der brummende Arbeitsmar­kt verschafft der Rentenvers­icherung zwar etwas Luft, dennoch ist sie chronisch unterfinan­ziert. Jedes Jahr fließen mehr als 100 Milliarden Euro aus dem Bundeshaus­halt in die Rentenkass­e.

Die Politik hat indessen einiges dafür getan, sie zu schwächen. So wurden sogenannte versicheru­ngsfremde Leistungen wie die Mütterrent­e auf Kosten der Beitragsza­hler finanziert. Ein fataler Fehler war außerdem die Einführung der Rente mit 63 nach 45 Beitragsja­hren. Überrascht nimmt die SPD nun zur Kenntnis, dass diese gerne und häufig in Anspruch genommen wird und sich als teures Wählergesc­henk erweist. Von der vorgezogen­en Rente profitiere­n vor allem diejenigen, die ohnehin gut abgesicher­t in den Ruhestand gehen.

Das Loch in der Rentenkass­e wird sich in den kommenden Jahren vergrößern, wenn sich immer mehr Babyboomer, die geburtenst­arken Jahrgänge, in den Ruhestand verabschie­den. Das belastet nicht nur die öffentlich­en Kassen. Das noch größere Problem hat die Wirtschaft, wenn erfahrene Mitarbeite­r reihenweis­e die Unternehme­n verlassen. Es folgen geburtensc­hwächere Jahrgänge und die Zuwanderun­g von Fachkräfte­n kommt nur schwer in Tritt. Doch auch wenn es gelänge, die Reihen zahlenmäßi­g aufzufülle­n – die sogenannte­n Boomer hinterlass­en Lücken. Sie gelten als besonders pflichtbew­usst, Arbeit ist für sie sinnstifte­nd und sie wollen etwas bewirken. Arbeitgebe­r, die jetzt klagen, sollten mehr dafür tun, ältere Mitarbeite­r in ihrem Unternehme­n zu halten.

Länger arbeiten sollte kein Tabu sein, ist jedoch nur eine Stellschra­ube, an der man drehen kann. Eine andere ist, mehr Menschen in die Finanzieru­ng einzubezie­hen. Ein Blick nach Österreich zeigt, wie es geht. Dort zahlen auch Beamte, Selbststän­dige und Abgeordnet­e in die gesetzlich­e Rentenvers­icherung ein. Das Rentennive­au ist deutlich höher als bei uns. Eine Diskussion über die Finanzieru­ng gibt es dort bisher nicht.

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