Gern ein bisschen länger arbeiten
Kaum ein Thema treibt die Deutschen so sehr um wie die Rente. Die Angst, im Alter den Lebensstandard nicht halten zu können oder sogar arm zu sein, ist mit Blick auf das gesunkene Rentenniveau durchaus begründet. Die Ampel-Regierung verspricht, dieses stabil zu halten und die Höhe der Beiträge wie auch das Rentenalter nicht weiter steigen zu lassen. Doch wie soll das gehen? Der brummende Arbeitsmarkt verschafft der Rentenversicherung zwar etwas Luft, dennoch ist sie chronisch unterfinanziert. Jedes Jahr fließen mehr als 100 Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt in die Rentenkasse.
Die Politik hat indessen einiges dafür getan, sie zu schwächen. So wurden sogenannte versicherungsfremde Leistungen wie die Mütterrente auf Kosten der Beitragszahler finanziert. Ein fataler Fehler war außerdem die Einführung der Rente mit 63 nach 45 Beitragsjahren. Überrascht nimmt die SPD nun zur Kenntnis, dass diese gerne und häufig in Anspruch genommen wird und sich als teures Wählergeschenk erweist. Von der vorgezogenen Rente profitieren vor allem diejenigen, die ohnehin gut abgesichert in den Ruhestand gehen.
Das Loch in der Rentenkasse wird sich in den kommenden Jahren vergrößern, wenn sich immer mehr Babyboomer, die geburtenstarken Jahrgänge, in den Ruhestand verabschieden. Das belastet nicht nur die öffentlichen Kassen. Das noch größere Problem hat die Wirtschaft, wenn erfahrene Mitarbeiter reihenweise die Unternehmen verlassen. Es folgen geburtenschwächere Jahrgänge und die Zuwanderung von Fachkräften kommt nur schwer in Tritt. Doch auch wenn es gelänge, die Reihen zahlenmäßig aufzufüllen – die sogenannten Boomer hinterlassen Lücken. Sie gelten als besonders pflichtbewusst, Arbeit ist für sie sinnstiftend und sie wollen etwas bewirken. Arbeitgeber, die jetzt klagen, sollten mehr dafür tun, ältere Mitarbeiter in ihrem Unternehmen zu halten.
Länger arbeiten sollte kein Tabu sein, ist jedoch nur eine Stellschraube, an der man drehen kann. Eine andere ist, mehr Menschen in die Finanzierung einzubeziehen. Ein Blick nach Österreich zeigt, wie es geht. Dort zahlen auch Beamte, Selbstständige und Abgeordnete in die gesetzliche Rentenversicherung ein. Das Rentenniveau ist deutlich höher als bei uns. Eine Diskussion über die Finanzierung gibt es dort bisher nicht.