Wie Baden-Württemberg wieder Firmen anlocken will
Wirtschaftsministerin Hoffmeister-Kraut will beim Bürokratieabbau Tempo machen
(dpa/sz) - Die teils langsamen Mühlen der Bürokratie sind Baden-Württembergs Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut im Hinblick auf mögliche Ansiedlungen ein Dorn im Auge. „Wenn ein Unternehmen bei uns in Baden-Württemberg investieren will, dann kann es nicht sein, dass es mehrere Jahre dauert, bis eine Baugenehmigung vorliegt“, sagte die aus Balingen stammende CDU-Politikerin in Stuttgart. Das müsse schneller gehen und daran arbeite das Land auch, etwa im Rahmen einer Ansiedlungsstrategie. Ziel sei künftig etwa, dass potenzielle Investoren auf eine erste Anfrage binnen 48 Stunden Antwort erhalten.
„Wir brauchen eine Ermöglichungskultur und eine viel größere Verlässlichkeit für die Unternehmen“, sagte sie weiter. Dafür müssten Verfahren gestrafft und bürokratische Hemmnisse beseitigt werden. „Dazu gehört auch, dass wir über Jahrzehnte angewachsene Standards hinterfragen und den Mut entwickeln, zügigere Entscheidungen zu treffen“, sagte sie.
Baden-Württemberg sieht sich nicht nur global, sondern auch national in einem harten Wettkampf um die Ansiedlung von Unternehmen. Während im Osten finanzielle Beihilfen winken und im Norden ausreichend erneuerbare Energien zur Verfügung stehen, gibt es im Südwesten
weder viel Wind, noch große Freiflächen. Dazu kommen ein hohes Lohnniveau und hohe Lebenshaltungskosten. Mit der Ansiedlungsstrategie will sich das Land im Wettbewerb um potenzielle Investoren besser aufstellen.
Große Hoffnung setze sie in den Fortschritt der Digitalisierung der Verwaltung, sagte HoffmeisterKraut weiter. Hier arbeite ihr Ministerium gemeinsam mit anderen Bundesländern an einem Antragsentwurf für eine bundesweite Unternehmensplattform. „Damit könnten Unternehmen entlastet werden, was etwa Melde- und Informationspflichten aber auch Antragsverfahren angeht.“Erleichterungen solle es
aber auch beim Kontakt mit Behörden und bei Verfahren selbst geben.
Einmal mehr hat allerdings das Staatsministerium von Regierungschef Winfried Kretschmann (Grüne) das Thema in Teilen an sich gezogen – wie etwa in der vergangenen Legislaturperiode, als er die Betreuung des hochrangig besetzten Strategiedialogs zur Zukunft der Automobilund Zulieferindustrie in sein Haus verlegte. Kretschmann hatte sich 2022 stark für den Bau der Brennstoffzellen-Fabrik des Unternehmens Cellcentric in Weilheim an der Teck eingesetzt. Dort gab es massive Bürgerproteste, unter anderem wegen möglicher Folgen des Neubaus für Umwelt und Natur.
Den Ministerpräsidenten ärgert es, dass davor zahlreiche große Ansiedlungsprojekte in Baden-Württemberg scheiterten. Der schwedische Batteriehersteller Northvolt entschied sich für Schleswig-Holstein, das Rennen um Standorte für neue Standorte von Tesla und Intel verlor der Südwesten ebenfalls.
Nun soll das Thema zur Chefsache werden. Die seinem Haus unterstellte Agentur „BWInternational“soll dafür mehr Personal bekommen und laut einem Bericht der „Frankfurter Allgemeinen“künftig gezielter um Firmen aus den Bereichen GreenTech, Industrie 4.0, Künstliche Intelligenz, Bioökonomie, Pharma und Chipfertigung werben.
Der SPD-Landesvorsitzende Andreas Stoch zeigte wenig Verständnis für die Äußerungen der Ministerin. Die Regierungsfraktionen blockierten sich bei vielen wichtigen Zukunftsfragen gegenseitig. Stoch nannte am Sonntag etwa Fragen der Bildung, der Fachkräftesicherung durch Zuwanderung oder den Ausbau der erneuerbaren Energien. Auch aufgrund der schlechten Versorgung mit Ökoenergie habe das Land bei milliardenschweren Investitionen ansiedlungswilliger Firmen aus dem In- und Ausland zuletzt den Kürzeren gezogen. „Die Wirtschaftsministerin sollte nicht jammern und klagen, sondern ihre Hausaufgaben machen“, forderte Stoch.