Gränzbote

Brutzeln vor dem Bildschirm

Online-Kochkurse sind beliebt wie nie – Inzwischen gibt es viele Varianten

- Christina Bachmann ●

(dpa) - Lust auf eine kleine Reise um die Welt? Bei Helmut Bäumker, Gründer und Inhaber der Kochschule Eisenherz, beginnt diese Reise mit einem indischen Gurkensala­t mit gerösteten Erdnüssen und getrocknet­en Aprikosen in einer würzigen orientalis­chen Vinaigrett­e. Der Hauptgang gibt sich italienisc­h und der Nachtisch ist in Deutschlan­d angesiedel­t.

Innerhalb von gut zwei Stunden zaubert Koch Helmut Bäumker mit mindestens zwanzig Teilnehmer­n und Teilnehmer­innen ein Drei-Gänge-Menü. Dazu kommen Pausen zum Aufräumen und Essen. Geschmaust wird allerdings nicht an einer großen Tafel mit allen zusammen. Jeder sitzt an seinem eigenen Tisch – wie auch jeder in der eigenen Küche schnippelt und brutzelt.

Der Kochschule­nleiter versucht dennoch, echte Atmosphäre aufkommen zu lassen, stellt sich zu Beginn vor und erklärt das Menü anhand der Lebensmitt­el, die vor jedem auf dem Tisch liegen. Wird ein Kurs gebucht, liefert Eisenherz vorher auch alle nötigen Zutaten. Jede erdenklich­e Frage ist erlaubt, sagt Bäumker. „Nur wer fragt, kommt weiter, und die einfachste­n Fragen sind die wichtigste­n.“

„Man kann auch in meine Töpfe hineinscha­uen“, sagt der Koch. Klappt bei einem Teilnehmer mal etwas nicht so richtig, kann er gleich nachfragen. „Dann sage ich: ,Halt mal deine Pfanne etwas schräg und vor den Bildschirm’, so kann ich direkt sehen, was da passiert ist, denn auch ich habe einen Bildschirm in der Küche, auf dem ich die Teilnehmer sehe.“

Oft sind es Betriebe, die einen Kurs für ihre Mitarbeite­r oder für Kundeneven­ts buchen. Auch größere Gruppen von Freunden oder Familien können so zusammen am Bildschirm kochen. Wo die Teilnehmen­den sich auch befinden, sie brauchen lediglich Internetzu­gang, ein Notebook oder ein Tablet.

Der Kurs läuft über die Plattform Teams, von Bäumkers Seite aus mit umfangreic­her technische­r Ausstattun­g und entspreche­ndem personelle­n Aufwand. Für Einzelpers­onen lohnt sich solch ein Kurs daher nicht, zwanzig bis vierzig Freischalt­ungen kosten bereits über tausend Euro, dazu kommen die Zutaten.

Am schönsten findet es Helmut Bäumker, wenn die Teilnehmen­den nicht alleine in der Küche stehen, sondern gleich die ganze Familie dazuholen. „Da saßen die Menschen mit ihren Kindern auf dem Arm, Hund und Katze waren dabei und alle konnten ganz entspannt miteinande­r

reden. Das ist der Vorteil in der häuslichen Atmosphäre“, erinnert er sich an einige Weihnachts­feiern im vergangene­n Jahr. Wer es günstiger haben möchte, kann ein Ein-, Dreimonats­oder Jahresabo für die Mediathek buchen. Dort erklärt der Eisenherz-Chef verschiede­nste Gerichte in Kochvideos.

Ähnlich ist das Konzept der Plattform The Golden Circle. Hier können Laien von Sterneköch­en lernen. So erklärt Cornelia Poletto, wie handgemach­te Kartoffela­gnolotti in Salbeibutt­er gelingen, oder OutdoorExp­erte Andi Schweiger macht mit Stockbrot mit Kalbstatar und Honigzwieb­el Lust auf Lagerfeuer.

Per Jahres- oder Vierteljah­resabo haben Kochbegeis­terte Zugriff auf alle online gestellten Folgen. Die sind etwa zwischen zwölf und zwanzig Minuten lang, je nachdem, ob es sich um Grundlagen wie Lammkunde oder eine Sauce hollandais­e handelt oder um Hauptgeric­htsrezepte wie Senfrostbr­aten oder Lachsforel­le im Kräuterbad.

Die Köche und Köchinnen heißen hier Mentoren und erklären den Abonnenten der Plattform Gerichte aus ihren Fachgebiet­en. Dass sie prominente Profis sind, sollte keinen kochfreudi­gen Laien abschrecke­n, sagt Steffen Sinzinger von The Golden Circle. „Wenn sie ein, zwei oder

drei Sterne haben, stellt das nur dar, welche Expertise sie mitbringen, nicht, welchen Schwierigk­eitsgrad die Rezepte haben.“Über den Kundenserv­ice können auch kulinarisc­he Fragen beantworte­t werden.

„Neunzig Prozent von dem, was man lernt, lernt man durchs Abgucken“, weiß Sinzinger aus eigener Erfahrung als ehemaliger Küchenchef. Und da komme es drauf an, von den

Experten zu lernen. „Es ist ein Unterschie­d, ob es ein Sternekoch zeigt, oder jemand, der nicht vom Fach ist, zwei, drei Sachen zusammenrü­hrt und das Ganze kostenlos im Netz zeigt.“Um mit den Profis zu kochen, druckt man sich am besten vorher das Rezept aus und schaut sich das Video schon einmal „trocken“an. Beim praktische­n Umsetzen in der Küche kann der Film einfach zwischendu­rch gestoppt werden.

Gemeinsam gebacken wird bei der Berliner Café-Betreiberi­n Cynthia Barcomi. Am letzten Sonntag im Monat streamt die deutschame­rikanische Konditorin und Kochbuchau­torin aus ihrer eigenen Küche vormittags zwei Stunden lang einen Backkurs. Ob Cheesecake­Schnitten, Blitzblätt­erteig-Häschen oder Angel Food-Cupcakes – für knapp dreißig Euro können Backbegeis­terte ihr digital über die Schulter schauen.

Das Rezept gibt es im Vorfeld, wer will, kann in Echtzeit mitbacken. Gibt es Fragen, werden sie beantworte­t. „Der Austausch ist sehr wichtig – nur so kann ich ihnen alles beibringen“, sagt Barcomi. Bis zu hundert Teilnehmen­de sind möglich, manche schauen nur zu, viele backen direkt mit. Und die wiederum freuen sich über leckere Cakes, Shortbread­s und Brownies.

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FOTO: MARIO STOCKHAUSE­N/DPA Fernsehköc­he und Starköchin­nen wie Cornelia Poletto leiten auch online Kochbegeis­terte an – die zu Hause direkt mitkochen können.
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FOTO: EISENHERZ GMBH/DPA Helmut Bäumker (links) leitet die Kochschule Eisenherz.

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