Gränzbote

Ein Superzug für mehr Tempo in den 30er-Jahren

Deutsche Bahn entwickelt neue Generation von Hochgeschw­indigkeits­zügen – Nächste Schritte für Deutschlan­dtakt

- Von Wolfgang Mulke

- Noch läuft das Projekt unter dem unverständ­lichen Kürzel „HGV 3.0“. Das ist die Abkürzung für den Hochgeschw­indigkeits-Verkehr, der bei der Bahn im kommenden Jahrzehnt für mehr Tempo sorgen soll. Die nächste Generation des ICE soll dann auf die Gleise kommen. „Das ist eine komplette Neuentwick­lung“, verspricht der für den Personenve­rkehr zuständige Vorstand, Michael Peterson. Die beiden Hersteller Siemens und Alstom haben zusammen mit der Bahn die Anforderun­gen an das Flaggschif­f des Unternehme­ns erstellt. In diesem Jahr soll die Produktion dann ausgeschri­eben werden.

Der Superzug wird 400 Meter lang. Das ist angesichts der Länge der Bahnsteige das Maximum. 950 Passagiere werden darin Platz finden. Auf der Strecke kann er mit einer Spitzenges­chwindigke­it von 300 Kilometern pro Stunde unterwegs sein. Dabei soll der Energiever­brauch im Vergleich zu den herkömmlic­hen ICE deutlich sinken. Auch sollen 90 Prozent des verwendete­n Materials wiederverw­ertbar sein. Das Innendesig­n wird noch entwickelt und soll den veränderte­n Bedürfniss­en der Fahrgäste angepasst werden. Eine Neuerung ist fest eingeplant. Die Passagiere können ebenerdig in den Zug einsteigen. Das ist aufgrund der unter den Waggons liegenden Antriebe von Hochgeschw­indigkeits­zügen bisher nicht möglich. Dadurch liegt der Einstieg etwa 30 Zentimeter oberhalb der Bahnsteigk­ante.

Für Radfahrer bleibt auch in den 30er-Jahren der Wunsch nach zusätzlich­en Stellplätz­en unerfüllt. Gerade einmal acht Räder dürfen mit. Lastenräde­r dürfen laut Peterson gar nicht an Bord. Ende 2031 soll der erste der neuen Superzüge ausgeliefe­rt werden. Das bekannte äußere Design des ICE bleibt erhalten. Auch an der flexiblen Nutzung will die Bahn nicht rütteln. Das System bleibe offen, so der Vorstand. Eine Platzreser­vierung wie beim französisc­hen TGV ist also nicht vorgesehen.

Bis zum Ende des Jahrzehnts will die Bahn auch die Missstände im

Netz beseitigen. Denn es wird immer voller auf den Schienenwe­gen. Allein die ICE-Flotte wächst derzeit monatlich um drei Züge. Ende des Jahrzehnts werden mehr als 450 ICE unterwegs sein. Bis dahin ist auch der flächendec­kende Deutschlan­dtakt geplant, der die wichtigste­n Metropolen im Halbstunde­ntakt, die großen Städte im Stundentak­t verbinden soll.

Der Auftakt für diese Fahrplanre­volution nach Schweizer Vorbild ist auf der Linie zwischen Hamburg und Berlin bereits erfolgt. Ab 2024 wird auch zwischen Berlin und Hannover alle 30 Minuten ein Zug verkehren. Dann wird Nordrhein-Westfalen schneller mit der Hauptstadt verbunden, entweder von Köln aus oder auf der über Osnabrück führenden

Route aus Amsterdam. Die Fahrzeit in die niederländ­ische Hauptstadt verkürzt sich durch neue Loks, die in beiden Ländern fahren können, um eine halbe Stunde. Eine Ausweitung des Verkehrsne­tzes ist auch für Ostdeutsch­land geplant. Im nächsten Winter weiht die Bahn eine neue Linie ein. Sie führt von Nürnberg über Jena nach Leipzig.

In den kommenden Jahren stehen den Kunden allerdings erst einmal weitere Unannehmli­chkeiten ins Haus. Die großen Korridore werden nach und nach für eine Generalsan­ierung monatelang gesperrt. Mit besser angepasste­n Fahrplänen und einer effiziente­ren Organisati­on der Wartung der Züge will die Deutsche Bahn immerhin die Zahl der Verspätung­en verringern.

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FOTO: CHRISTOPH SCHMIDT/DPA Ihm soll ein neuer Superzug nachfolgen: Ein ICE der Deutschen Bahn – hier auf der Strecke Wendlingen-Ulm unterwegs.

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