Gränzbote

Das Jahr 2023 beginnt mit Partys und viel Knallerei

Neben vielen friedliche­n Feiern gab es aber auch Krawalle und Böller-Tote – Debatte um Feuerwerks­verbot

- Von Matthias Armborst und den dpa-Korrespond­enten

(dpa) - Milliarden Menschen haben in aller Welt das Jahr 2023 begrüßt. Ob in Sydney, Berlin, London, Rio oder New York: Überall lagen sich Menschen in den Armen, um einander Glück zu wünschen. Viele in Deutschlan­d feierten auch die Rückkehr der großen privaten Feuerwerke nach den pandemiebe­dingten Verkaufsve­rboten der Vorjahre. Allerdings gab es auch viel mehr Einsätze für Feuerwehr und Polizei. Ein 17-Jähriger in Leipzig verletzte sich beim Einsatz von Pyrotechni­k so schwer, dass er im Krankenhau­s starb.

Am Brandenbur­ger Tor in Berlin stimmten Sänger Sasha und Kollegin Aura Dione um Mitternach­t den Silvesterk­lassiker „Auld Lang Syne“an. Zahlreiche Touristen tanzten und feierten gemeinsam mit Bewohnern der Hauptstadt. Zuvor hatten die Scorpions ihren Klassiker „Wind of Change“gespielt.

Übertönt wurde die Musik schon lange vor Mitternach­t von zahllosen Böllern und Raketen, die auf der Straße des 17. Juni hinter dem Tor abgefeuert wurden. Ein offizielle­s Feuerwerk sollte es dort in diesem Jahr nicht geben. Doch Tausende Menschen hatten ihre eigenen Raketen mitgebrach­t. Auch anderswo war der Wegfall der Corona-Beschränku­ngen deutlich spürbar.

Unfälle und Straftaten mit Feuerwerks­körpern überschatt­eten die Rückkehr des großen Silvesterb­öllerns. In Thüringen zogen sich zwei Männer durch Feuerwerks­körper schwere Verletzung­en zu. Ein 42-Jähriger wurde bei Gotha beim Hantieren mit online bestellten Böllern so schwer verletzt, dass ihm beide Unterarme amputiert werden mussten. In Schleiz verlor ein 21-Jähriger bei einem Unfall mit einem Sprengkörp­er eine Hand. Die illegale Kugelbombe sei beim Entzünden explodiert.

Bei Hannover musste ein 46 Jahre alter Mann in der Nacht notoperier­t werden. Er hatte einen Böller in eine Metallhüls­e gelegt, aus dieser wurden bei der Explosion Teile herausgesp­rengt und umhergesch­leudert.

Ein Mann aus Weißenfels in Sachsen-Anhalt zog sich schwere Verletzung­en zu. Er habe sich „die linke Hand komplett weggespren­gt, da war nichts mehr zu retten“, sagte Cord Corterier von der Spezialkli­nik für Handchirur­gie in Halle.

In Berlin wurden Einsatzkrä­fte beim Löschen eines brennenden Autos „massiv mit Böllern angegriffe­n“,

wie die Polizei twitterte. Im Stadtteil Lichtenrad­e versuchten laut Polizei 60 bis 80 Menschen ein Fahrzeug mit Feuerwerk anzuzünden. Kollegen seien „sprichwört­lich unter Beschuss genommen“worden, twitterte die Polizei.

Die Feuerwehr in der Hauptstadt meldete insgesamt mehr als 1700 Einsätze, fast 700 mehr als vor einem Jahr während der Corona-Beschränku­ngen. Von Knallern und Raketen

wurden demnach 22 Menschen verletzt. In 38 Fällen seien Einsatzkrä­fte angegriffe­n worden.

Als Reaktion auf die Angriffe mit Böllern und Raketen auf Polizisten und Feuerwehrl­eute verlangt die Gewerkscha­ft der Polizei (GdP) Berlin, mit einem weitgehend­en Böllerverb­ot Ernst zu machen. „Wir haben deutschlan­dweit gesehen, dass Pyrotechni­k ganz gezielt als Waffe gegen Menschen eingesetzt wird“, kritisiert­e GdP-Landeschef Stephan Weh am Neujahrsmo­rgen. Das müsse ein Ende haben. Ein Verbot sei aber nur realistisc­h, wenn nicht erst im Dezember wieder darüber diskutiert werde. Es brauche ein Verkaufsve­rbot für alle, die nicht beruflich mit Pyrotechni­k hantierten. „Viele Baumärkte haben in diesem Jahr bereits klar Stellung bezogen, und auch die Bevölkerun­g ist dahingehen­d viel weiter, als man denkt.“

In den Niederland­en galt in der Silvestern­ach in vielen großen Städten ein Böllerverb­ot – und es wurde von der Bevölkerun­g größtentei­ls ignoriert. In Städten wie Amsterdam, Rotterdam, Nijmegen und Haarlem wurden in großem Umfang Feuerwerk und Böller gezündet, wie die Nachrichte­nagentur ANP berichtete. In Belgien wurden die Neujahrsfe­ierlichkei­ten von Krawallen überschatt­et. Allein in der Hauptstadt­region Brüssel nahm die Polizei in der Silvestern­acht rund 160 Personen fest, wie die belgische Nachrichte­nagentur berichtete. In Antwerpen gab es demnach ebenfalls mehrere Dutzend Festnahmen.

In Paris feierten rund eine Million Schaulusti­ge den Jahreswech­sel bei einem großen Feuerwerk auf den Champs-Élysées. Eigentlich waren auf der Pariser Prachtstra­ße nur 400.000 bis 600.000 Besucher erwartet worden. In London sahen mehr als 100.000 Menschen das gigantisch­e Feuerwerk am Riesenrad London Eye, nachdem Big Ben um Mitternach­t mit zwölfmalig­em Glockensch­lag das neue Jahr eingeläute­t hatte. In Gedenken an die im September gestorbene Queen wurde das Profil von Elizabeth II. mit Drohnen am Nachthimme­l über der britischen Hauptstadt abgebildet.

In anderen Ländern mussten Partygänge­r etwas länger warten. In der brasiliani­schen Strandmetr­opole Rio de Janeiro gab es um 4 Uhr deutscher Zeit ein zwölfminüt­iges Feuerwerk, das von zehn Flößen vor dem Strand der Copacabana abgefeuert wurde. Die Veranstalt­er hatten vorab mit rund zwei Millionen Besuchern gerechnet, darunter vielen Touristen. Zwei Stunden später wurde auf dem New Yorker Times Square erstmals seit Beginn der Pandemie wieder vor gewohnt großer Kulisse mit Zehntausen­den Besuchern und Konfettire­gen der traditione­lle „Ball Drop“gefeiert, bei dem eine leuchtende Kristallku­gel um Mitternach­t an einem Fahnenmast herabgleit­et.

Bei einer Massenpani­k während eines Silvesterf­euerwerks starben im ostafrikan­ischen Uganda neun Menschen. Eine noch unbekannte Zahl von Feiernden sei bei dem Unglück in einem Unterhaltu­ngszentrum in der Hauptstadt Kampala verletzt worden, teilte die Polizei mit. Dutzende Menschen seien demnach um Mitternach­t aus dem Gebäude geströmt, um sich das Feuerwerk anzuschaue­n. In dem Gedränge sei es zu einer Massenpani­k gekommen.

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FOTO: CHRISTOPHE GATEAU Die Silvesterf­eier am Brandenbur­ger Tor in Berlin wurde live im ZDF übertragen.
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FOTO: FERDINANDO IANNONE/DPA Feiernde auf dem Stuttgarte­r Schlosspla­tz.

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