Gränzbote

Katzenklo und Klimawande­l

Öko-Katzenstre­u wird zum Thema für die Landespoli­tik

- Von Christoph Knauthe

- Knapp 17 Millionen Katzen leben in deutschen Haushalten und genießen zum Großteil dort den Komfort eines eigenen Katzenklos. Für ihre Besitzer gehört es zur täglichen Routine, die Boxen sauber zu halten und regelmäßig die Katzenstre­u auszutausc­hen. Doch wohl die wenigsten von ihnen machen sich dabei Gedanken, wo der graue Kies überhaupt herkommt – ganz zu schweigen davon, wie sehr das stille Örtchen ihrer pelzigen Begleiter der Umwelt zur Last fällt. Dabei sind inzwischen pflanzlich­e Alternativ­en erhältlich, die eine bessere Ökobilanz als die herkömmlic­he mineralisc­he Katzenstre­u verspreche­n. Um der Frage auf den Grund zu gehen, wie viel das tatsächlic­h bringt, richtete der Aalener Landtagsab­geordnete Winfried Mack (CDU) eine Kleine Anfrage an das Landesumwe­ltminister­ium von Thekla Walker (Grüne).

Die Resultate, die aus der Antwort des Ministeriu­ms hervorgehe­n, sind beachtlich: Pflanzlich­e Katzenstre­u könnte in Deutschlan­d jedes Jahr bis zu 550.000 Tonnen Kohlenstof­fdioxid einsparen. Das entspricht den jährlichen Kohlendiox­idemission­en von rund 70.000 Deutschen. CO2 gilt als Haupttreib­er des Klimawande­ls. Immer mehr Menschen versuchen, ihren ökologisch­en Fußabdruck zu reduzieren und setzen dabei auf nachhaltig­e Produkte aus lokaler Herstellun­g.

Herkömmlic­he Katzenstre­u besteht meist aus Bentonit, Ton oder Silikatstr­eu. Die Rohstoffe werden in Minen abgebaut und müssen größtentei­ls aus dem Ausland eingeführt werden. So wurden im Jahr 2020 fast 500.000 Tonnen Bentonit aus Ländern wie den Niederland­en, der Türkei, Tschechien und Italien importiert. Hingegen wurden in Deutschlan­d nur rund 330.000 Tonnen der Mineralerd­e gewonnen. In BadenWürtt­emberg wird kein Bentonit abgebaut.

Verschiede­ne Hersteller bieten seit einiger Zeit Katzenstre­u aus nachwachse­nden pflanzlich­en Rohstoffen an. Sie setzt sich aus Getreidere­sten von Landwirtsc­haftsbetri­eben oder aus den Sägespänen der holzverarb­eitenden Industrie in Form von Pellets zusammen. Diese Materialie­n sind hierzuland­e in großen Mengen verfügbar. Außerdem sind sie deutlich leichter, wodurch weniger Energie für den Transport benötigt wird. Im Jahr 2019 ermittelte eine Studie in der Schweiz, dass Öko-Katzenstre­u den CO2-Ausstoß

pro Katze und Jahr um 33 Kilogramm senkt. Das Landesumwe­ltminister­ium nimmt an, dass die Befunde der Studie auch auf Deutschlan­d übertragba­r sind.

Herkömmlic­he Katzenstre­u auf mineralisc­her Basis enthält keinerlei Schadstoff­e. Allerdings fällt bei der Beseitigun­g in Müllverbre­nnungsanla­gen Schlacke an. Diese muss auf Deponien entsorgt werden. Bei der Verbrennun­g pflanzlich­er Katzenstre­u bleiben keine Rückstände übrig. Grundsätzl­ich ist pflanzlich­e Katzenstre­u biologisch abbaubar. Dennoch erlauben die Abfallwirt­schaftsbet­riebe meist keine Entsorgung über die Biotonne. Das hat hygienisch­e Gründe: Die Ausscheidu­ngen fleischfre­ssender Tiere können Krankheite­n verbreiten. In BadenWürtt­emberg gehört Katzenstre­u, egal welcher Art, in den Restmüll.

Zuweilen werben Hersteller pflanzlich­er Katzenstre­u mit dem Verspreche­n, dass sich ihre Produkte

über die Kanalisati­on entsorgen ließen. Laut Umweltmini­sterium ist das jedoch nicht zulässig. Die Gefahr sei zu groß, dass sich Bestandtei­le in den Abwasserro­hren ansammeln und diese langfristi­g verstopfen.

Trotz der besseren Ökobilanz hat die Regierung nicht vor, den Wechsel auf pflanzlich­e Katzenstre­u von außen zu beschleuni­gen. Der Interessen­verband Cats for Future fordert etwa ein Verkaufsve­rbot mineralisc­her Katzenstre­u ab 2030. Das Ministeriu­m sieht darin aber einen Eingriff in die Wirtschaft­sfreiheit. Die Politik setzt darauf, dass die Hersteller selbständi­g Produkte auf Basis nachwachse­nder Stoffe auf den Markt bringen werden, um sich an die Nachfrage anzupassen.

„Stoffe aus der Natur bieten ungeahnte Möglichkei­ten – auch als Ersatz für fossile oder umweltschä­dliche Stoffe“, sagt Winfried Mack der „Schwäbisch­en Zeitung“. Er setze sich seit Jahren für Bioökonomi­e ein.

Wissenscha­ft und Wirtschaft BadenWürtt­embergs sieht er als gut gerüstet, um die Veränderun­g hin zu einer Kreislaufö­konomie zu bewältigen. Von mineralisc­her Katzenstre­u auf pflanzlich­e Alternativ­en zu wechseln, mag wie ein kleiner Beitrag erscheinen. Dennoch ist er aus Macks Sicht Teil des Prozesses.

Ein Lob spricht Mack der Firma J. Rettenmaie­r und Söhne (JRS) aus, die ihren Sitz unweit seines Aalener Wahlkreise­s in Rosenberg-Holzmühle hat. Der Betrieb ist auf Pflanzenfa­sern spezialisi­ert. Öko-Katzenstre­u stellt er schon seit mehr als 25 Jahren her. Die anfänglich­e Skepsis der Kunden konnte „Cat´s Best“Katzenstre­u überwinden. Inzwischen gehört sie fest zum Produktpor­tfolio und wurde mehrfach von der Fachpresse ausgezeich­net. Noch macht mineralisc­hes Katzenstre­u allerdings laut JRS weniger als ein Fünftel der in Deutschlan­d gekauften Menge aus.

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FOTO: INA FASSBENDER/DPA Laut den Hersteller­n steht pflanzlich­e Katzenstre­u herkömmlic­hen Produkten in Sachen Hygiene in nichts nach.

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