Gränzbote

Der lange Abschied von Papst Benedikt XVI.

Tausende Menschen ziehen am aufgebahrt­en Leichnam vorbei – Vorbereitu­ngen für Beisetzung

- Von Johannes Neudecker und Manuel Schwarz

(dpa) - Georg Gänswein kämpft mit den Tränen, als er vor den Leichnam seines jahrelange­n Weggefährt­en, Dienstherr­n und Vertrauten tritt. Mitten im Petersdom steht der Erzbischof in tiefer Trauer um Papst Benedikt XVI., der nach seinem Tod dort für die Öffentlich­keit aufgebahrt ist. Hinter Gänswein strömen Dutzende Gläubige vorbei, die Abschied von dem emeritiert­en Pontifex nehmen wollen. Sie halten kurz inne, schießen Fotos mit ihren Handys. Trotz der vielen Menschen in der Basilika ist es ruhig.

Vorne vor dem mächtigen Hauptaltar liegt Benedikt aufgebahrt in einem roten liturgisch­en Gewand, mit der Mitra auf dem Kopf und dem Rosenkranz in seinen Händen. Ein Anblick, der im ersten Moment fast schon gruselig wirkt. „Ich fand's ein bisschen merkwürdig, dass er da nur so gelegen hat, wie auf einem Tisch“, sagt Ingo Staut, der gerade aus dem Petersdom kommt.

Seit Jahren war Benedikt nicht mehr in der Öffentlich­keit zu sehen. Nach dem Rücktritt 2013 lebte er zurückgezo­gen im Kloster Mater Ecclesiae, oben in den Vatikanisc­hen Gärten. Dass es Benedikt schlechter ging, erfuhr die Welt am vergangene­n Mittwoch, als Papst Franziskus zum Gebet für ihn aufrief. Am Samstagmor­gen um 9.34 Uhr starb Benedikt im Alter von 95 Jahren in seiner Residenz.

Vor dem Petersdom bildet sich am Montag eine lange Schlange von Gläubigen und Besuchern. Alle wollen zu Benedikt. Manche warten schon seit den frühen Morgenstun­den. „Seit Mitternach­t bin ich hier auf dem Platz“, sagt der gebürtige Regensburg­er Sadredin SaheschPur, der eigens für Benedikt angereist war. „Ich erwarte, dass eine gewisse Stille und Demut herrscht, und zwar so, wie er sich das gewünscht hat“, erklärt er. „Es war nicht so andächtig, wie ich gehofft hatte“, findet Pilgerin Ulrike Alof, als sie mit ihrer Familie aus dem Dom kommt. Die Frau aus dem Westerwald hätte gerne noch etwas in der beeindruck­enden Kirche verweilt.

Italiens Staatspräs­ident Sergio Mattarella und Regierungs­chefin Giorgia Meloni dürfen wie einige andere bereits vor dem Öffnen der Pforten vor Benedikt treten. Dessen Körper wurde schon am frühen Morgen von Mater Ecclesiae in den Dom gebracht. Drinnen gedenken Gänswein und andere aus dem Vatikan – etwa jene Frauen, die zusammen mit Benedikt und Gänswein in Mater Ecclesiae lebten – seiner in einem

Gottesdien­st unter Ausschluss der Öffentlich­keit.

Drei Tage lang wird Benedikt noch für die Öffentlich­keit im Petersdom aufgebahrt liegen. Danach, am Donnerstag, wollen Papst Franziskus, die Kirche, Gläubige und Pilger in einem großen Trauergott­esdienst mit Zehntausen­den Menschen auf dem Petersplat­z Abschied nehmen. Anschließe­nd wird Benedikt in die Krypta des Petersdoms gebracht. Wie der Vatikan bestätigte, wird er in das Grab gelegt, in dem schon sein Vorgänger Papst Johannes Paul II. lag, ehe dessen Überreste an einen anderen Ort in den Hauptraum des Petersdoms gebracht wurden.

Der Vatikan dürfte danach rasch zur Tagesordnu­ng übergehen. Die Dreikönigs­messe steht einen Tag später an, ebenso wie die üblichen Auftritte von Franziskus. Wie es für Georg Gänswein weitergeht, ist derweil noch nicht bekannt. Der 66 Jahre alte Erzbischof ist eigentlich Präfekt des Päpstliche­n Hauses. Von dieser Stelle beurlaubte ihn Franziskus allerdings Anfang 2020.

Beobachter werden auch einen Blick darauf werfen, welche Auswirkung­en das Ableben Benedikts für den amtierende­n Papst haben wird. Manche vermuten, das Regieren im Pontifikat des 86-Jährigen könnte nun leichter werden.

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FOTO: IMAGO/VATICAN MEDIA Der Leichnam des verstorben­en Papsts Benedikt XVI. ist im Petersdom öffentlich aufgebahrt, bewacht von der Schweizer Garde.

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