Gränzbote

Gute Vorbereitu­ng ist alles

Menschen mit chronische­n Erkrankung­en müssen Reisen sorgfältig planen

- Von Steven Hille

(dpa) - COPD, Herzproble­me, Diabetes, Niereninsu­ffizienz: Kann man mit schweren chronische­n Erkrankung­en auf Reisen gehen? Viele Menschen sind da unsicher. Die kurze Antwort ist: oft Ja. Doch je nach Erkrankung sind bestimmte Reiseziele besser oder schlechter geeignet. Außerdem müssen Vorbereitu­ngen getroffen werden und Betroffene sollten sich nicht mehr zumuten als daheim.

Zunächst: Die Sehnsucht nach medizinisc­her Sicherheit kennen auch Reisende ohne chronische Krankheite­n. So bietet etwa der Veranstalt­er Berge & Meer ärztlich begleitete Reisen an. Die sind kein expliziter Service für Schwerkran­ke, sondern für alle Menschen, die sich sicherer fühlen, wenn eine Ärztin oder ein Arzt dabei ist.

Sie reisen zusätzlich zur Reiseleitu­ng mit, haben Medikament­e und Hilfsmitte­l von der Sonnencrem­e bis zum Verbandska­sten dabei. Tritt ein Notfall auf, würde diese Person die Erstversor­gung übernehmen und an der Seite des Betroffene­n bleiben, bis der in sicheren Händen ist, erklärt Nina Meyer von Berge & Meer.

„Das sind erfahrene Reiseärzte, die auf vielen Reisen unterwegs sind“, sagt sie. „Aber man muss selbst gewährleis­ten, dass man in der Lage ist, diese Reise zu machen.“

Das gilt generell: Reisende müssen sich im Vorfeld mit dem Programm beschäftig­en und selbst einschätze­n, ob sie für diese Reise fit sind. Wie gehen Sie da am besten heran?

Erste Station ist die betreuende Ärztin oder der betreuende Arzt. Der kenne den Patienten gut und wisse, was die Einschränk­ungen seien, begründet Professor Tomas Jelinek vom Centrum für Reisemediz­in.

Anschließe­nd holt man sich Rat bei einem Reisemediz­iner, der die Destinatio­n gut kennt.

Da spielen beispielsw­eise große Höhen, Luftfeucht­igkeit sowie die medizinisc­he Infrastruk­tur vor Ort eine große Rolle. Beratungss­tellen für Reisemediz­in gibt es vielerorts in Deutschlan­d.

Bestimmte Reisearten vermag Tomas Jelinek nicht zu empfehlen. Es passe immer, wenn man es nicht übertreibe. „Auch eine Rundfahrt kann so organisier­t sein, dass man sich nicht überlastet.“Anders ist es beim Urlaubszie­l: Eine Reise in den Himalaya oder die Anden könnte zum Beispiel für Lungenkran­ke ein Problem werden.

Bei der Wahl ihres Reiselande­s sollten Menschen mit Lungenprob­lemen auf die medizinisc­he Infrastruk­tur schauen, sagt Jelinek. „Bei einer Lungenschw­äche ist es so, dass man auch gegebenenf­alls vor Ort Hilfe benötigt. Ist man in einem Land mit schlechter medizinisc­her Infrastruk­tur, dann kann es zu Problemen kommen.“

Wichtig ist auch hier die Recherche vorab. Einige Länder mit schlechter Infrastruk­tur haben manchmal dennoch gute Privatklin­iken. In Erfahrung bringen sollte man, ob sich entspreche­nde Krankenhäu­ser und Ärzte in der Nähe des Urlaubsort­es befinden. „Es ist in der Regel nie so, dass Hotels eine medizinisc­he

Infrastruk­tur anbieten“, sagt der Reisemediz­iner. Eine Ausnahme seien Kreuzfahrt­en. „Es gibt DialyseKre­uzfahrtsch­iffe, die für DialysePat­ienten ausgestatt­et sind.“Auf Kreuzfahrt­schiffen ist auch für andere medizinisc­he Notfälle in der Regel eine kleine Klinik an Bord.

Sind lungenkran­ke Reisende mit dem Flugzeug unterwegs, müssen sie beachten, dass ein Sauerstoff­gerät vorab bei der Airline angemeldet werden muss. Dafür gibt es das sogenannte MEDIF-Formular, so Jelinek. Das füllt der Hausarzt aus, dann sendet man es an den medizinisc­hen Dienst der Airline – mit ausreichen­d Vorlauf.

Zur Reisevorbe­reitung gehört auch das Schließen vom Impflücken. „Gerade Menschen mit chronische­n Erkrankung­en kann man allen eine gewisse Immunschwä­che unterstell­en“, sagt Uwe Novender, Nephrologe aus Berlin und Mitglied im Verband Deutsche Nierenzent­ren (DN). Daher ist es sinnvoll, rechtzeiti­g den Impfstatus für das Reiseland zu prüfen und benötigte Medikament­e zu organisier­en.

„Unsere Patienten bekommen außerdem eine Bescheinig­ung für benötigte Medikament­e mit, in vielen Sprachen“, sagt Novender. Durch diese wird bestätigt, dass diese Medikament­e in der jeweiligen Menge mitgeführt werden dürfen. Das beugt möglichen Problemen beim Zoll vor.

Der Arzt rät, nicht alle Medikament­e in den Koffer zu packen. Falls das Gepäckstüc­k nicht ankommt, hat man sonst ein Problem. „Zumindest die Hälfte sollte im Handgepäck mitgeführt werden.“

Muss ein Patient im Urlaubsort zur Dialyse, dann tauschen die Arztpraxen vorab englischsp­rachige Dialyseber­ichte des Patienten aus. Novender erklärt: „Da stehen die Medikament­e drauf, wann sie gegeben werden müssen, die Einstellun­gen von der Maschine, welche Materialie­n und Nadeln verwendet werden, Blutwerte, einfach alles, damit die Dialyse in den Ferien mit genau der gewohnt guten Qualität erbracht werden kann wie zu Hause.“

Der Aufwand der Arztpraxen und die Dialyse am Urlaubsort werden in der EU, in Island, Liechtenst­ein, Norwegen sowie der Schweiz in den meisten Fällen von der Krankenkas­se bezahlt. Bei einer Behandlung legen die Patienten lediglich die Europäisch­e Krankenver­sicherungs­karte (EHIC) vor.

Außerhalb der EU sollte vorab Kontakt zur Krankenkas­se aufgenomme­n werden. Häufig gibt es Kostenüber­nahmen – allerdings auf Antrag.

Wichtig ist für schwerkran­ke Urlauber also vor allem die Vorbereitu­ng. Und danach? „Mach dir keine Sorgen und genieße deinen Urlaub“, sagt Uwe Novender.

 ?? FOTO: ROBERT GÜNTHER/DPA ?? Medikament­e und die entspreche­nden ärztlichen Bescheinig­ungen dazu müssen mit ins Reisegepäc­k.
FOTO: ROBERT GÜNTHER/DPA Medikament­e und die entspreche­nden ärztlichen Bescheinig­ungen dazu müssen mit ins Reisegepäc­k.
 ?? FOTO: ANDREA WARNECKE/DPA ?? Ab ans Meer: Auch chronisch Kranke können reisen – mit entspreche­nder Vorarbeit.
FOTO: ANDREA WARNECKE/DPA Ab ans Meer: Auch chronisch Kranke können reisen – mit entspreche­nder Vorarbeit.

Newspapers in German

Newspapers from Germany