Was im Krematorium von einem Toten übrig bleibt
Rund 1800 Einäscherungen erfolgen jährlich im Albstädter Krematorium
- Überraschend großen Zulauf erfuhr die Einladung der Stadt Albstadt zur Besichtigung des Krematoriums auf dem Gelände des Friedhofs in Ebingen. Mehr als 30 Interessierte folgten zur Freude von Silke Mebold der Einladung zu dieser ungewöhnlichen Objektschau.
Die Leiterin des Albstädter Friedhofsbetriebs verstand es, die Berührungsängste zum Thema Tod und Sterben in den Hintergrund zurücken, ja es fast alltagstauglich zu machen. „Ich freue mich wirklich, dass Sie sich jetzt schon Gedanken über ihren letzten Weg machen wollen!“
Eine Einäscherung im Albstädter Krematorium kostet (noch) 495 Euro und die Urne, in der die Asche gefüllt wird, ist im Preis inbegriffen. „Natürlich können Sie beim Bestatter noch eine Schmuckurne kaufen, wenn Sie das wollen“, sagte Mebold. Denn die verrottbare Urne, die vom Krematorium gestellt wird, passt in jede kostenpflichtige Schmuckurne hinein. „Wieso muss man denn für die Feuerbestattung einen teuren Sarg kaufen?“, war eine der Fragen, die Mebold immer wieder gestellt wird. „Wir brauchen brennbares Material bei der Einäscherung“. Nur der Körper allein biete nicht genug Nahrung für das Feuer, das eine Temperatur von mindestens 850 Grad haben muss, um eine korrekte Verbrennung zu gewährleisten. Aber es müsse auch kein hochglanzlackierter Sarg mit üppiger Ausstattung sein. „Uns ist es sogar lieber, wenn es ein einfacher Sarg aus unbehandeltem
Holz ist“, sagte Mebold und verwies hierbei auf aufwändige Rauchgasreinigung. „Je weniger chemische Stoffe der Sarg enthält, umso weniger Giftstoffe müssen aus dem Rauchgas herausgefiltert werden. Das gelte natürlich auch für die Sarginnenausstattung. Wobei: „Auch der menschliche Körper ist nicht rückstandsfrei“. Medikamente, Kunststoffe und sonstige Substanzen können zu Rückständen führen, die speziell entsorgt werden müssen.
Anhand einer Schautafel verdeutlichte die Fachfrau den erheblichen Reinigungsaufwand, der nötig ist, um letztlich saubere Abluft aus dem Kamin zu entlassen. Mit der Wärmerückgewinnung aus der Rauchgasanlage werden übrigens die Aussegnungshalle, Büros und Gemeinschaftsräume der Einrichtung geheizt. Beim Verbrennungsofen wurden fleißig die Handys gezückt, um Fotos von der Brennkammer zu machen. „Jetzt wissen wir wenigstens, wie die Vorhölle aussieht“, meinte ein Besucher mit schelmischem Grinsen.
Auf die Frage, ob denn der Preis für die Einäscherung angesichts der steigenden Gaspreise bleiben oder steigen wird, seufzte eine Frau erleichtert auf: „Das hatte ich mich nicht zu fragen getraut!“Da für eine Feuerbestattung rund 25 Kubikmeter Gas verbraucht werden, meinte Silke Mebold, dass vermutlich zum Jahresanfang 2023 eine Erhöhung erfolgen muss. Gleichzeitig machte sie aber klar, dass das Albstädter Krematorium eine städtische Einrichtung ist, die keinen Gewinn machen darf, aber kostendeckend wirtschaften muss. In der Etage unter dem Brennofen sorgten die Brandrückstände bei den Gästen für große Augen, denn im Behälter mit den Resten des eingeäscherten Menschen befanden sich noch deutlich sichtbare Knochen, die zum leichten Gruseln mancher Anwesenden erst in einer Knochenmühle zermahlen werden müssen, da sie sonst nicht in die Urne passen würden. Was nicht zermahlen werden kann, weil sie sonst die Mühle beschädigen würden, sind Metallteile, sozusagen die von außen zugeführte „Hardware“wie künstliche Hüft- und Kniegelenke, Knochenplatten und -nägel.
„Wiederverwendet werden die natürlich nicht“, meinte Mebold schmunzelnd auf die nicht ganz ernst gemeinte Frage eines Gastes. „Aber da es sich um hochwertiges Material handelt, kann es verkauft und eingeschmolzen werden“. Wenn die Hinterbliebenen diese Verfügung getroffen haben, verkauft auch das städtische Krematorium diese Teile. „Von dem Erlös unterstützen wir örtliche soziale Einrichtungen“sagte Silke Mebold. Ansonsten kämen „urnengängige Teile“mit in die Urne, größere Teile hingegen werden auf dem Friedhof in einem separaten Areal beigesetzt.
Zum Thema Sargkauf und -verbrennung war durch Silke Mebold noch ein interessantes Detail zu erfahren, was die Bestattungskosten reduzieren kann, von Bestattern aber unter Umständen verschwiegen werde: Es gibt Särge aus starker belastbarer Pappe, die deutlich preiswerter als Holzsärge sind.