Überflieger Granerud auf den Spuren seines Idols
Als Sven Hannawald vor 21 Jahren den letzten deutschen Gesamtsieg bei der Vierschanzentournee feierte, war der kleine Bub Halvor Egner Granerud (Foto: imago) im fernen Norwegen einer seiner größten Fans. „Ich bin daheim im Garten gesprungen und meine Ski hatten die gleiche Farbe wie die von Sven Hannawald“, hat der 26-Jährige in diesen Tagen erzählt. Jetzt ist Granerud nach seinen überragenden Siegen in Oberstdorf und Garmisch-Partenkirchen auf dem besten Weg, selbst das wichtigste Skisprung-Event des Jahres zu gewinnen.
Die Konkurrenz jedenfalls kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. „Granerud macht im Flug unglaublich
Meter. Was ich beeindruckend finde: Wenn das System greift, dann fliegt er eigentlich geradeaus. Das geht nur, wenn man in absoluter Topform ist“, lobte Karl Geiger. Schon nach dem Auftaktspringen in Oberstdorf meinte der erneut geschlagene DSVAdler, der Norweger springe „auf einem anderen Level“.
Schon jetzt hat Granerud 27 Punkte Vorsprung – umgerechnet 15 Meter – auf den zweitplatzierten Polen Dawid Kubacki, der eigentlich als Topfavorit in die Tournee gestartet war. Nach seinem kometenhaften Aufstieg vor zwei Jahren könnte es für den Norweger im dritten Anlauf nun endlich mit dem Gesamtsieg im Prestigewettbewerb klappen. Angetrieben durch eine völlig verkorkste Saison und der CoronaPandemie geschuldet hatte Granerud 2020 noch als Kindergärtner gearbeitet. Nur wenig später schaffte der damals 24-Jährige in seinem sechsten Weltcup-Jahr den Durchbruch – und wie. Ohne Podestplatzierung war er in die Saison 2020/21 gestartet, vor der 69. Vierschanzentournee gewann er dann fünf Weltcups in Folge. Selten war die Favoritenrolle im Vorfeld der Tournee so klar verteilt. Doch zwei verkorkste Springen in Innsbruck und Bischofshofen warfen den bis dahin führenden Granerud aus dem Rennen, ihm blieb aber der überlegene Gewinn des Gesamtweltcups.
Nach Platz drei bei der Tournee im vergangenen Jahr scheint nun sein Moment gekommen – doch noch stehen zwei Springen aus. Und die Schanze am Bergisel zählt nicht zu Graneruds Favoriten. „Wir hatten unsere Meinungsverschiedenheiten in der Vergangenheit“, sagte er der Zeitung "Dagbladet". „Aber ich hoffe, dass die Zeit alle Wunden heilt und wir dieses Jahr wieder Freunde sein können." (SID)