Mit der Rückgabe allein ist es nicht getan
Arte-Dokus machen bewusst, dass der Kunstbetrieb noch lange am kolonialen Erbe zu knabbern haben wird
Wenn es nach der Außenministerin gegangen wäre, hätte die Angelegenheit längst unter Dach und Fach sein müssen. Als im Dezember nach jahrelangen Debatten einige Benin-Bronzen an Nigeria zurückgegeben wurden, sprach Annalena Baerbock (Grüne) von einem überfälligen Schritt. Die Probleme, die die einst geraubten Objekte aufwerfen, sind mit der Rückgabe aber nicht gelöst, das wissen europäische Museen allzu gut. Denn wenn man Menschen nicht mehr nach Rassen oder Völkerstämmen kategorisieren will, wie soll man deren Kulturgüter dann präsentieren?
Eine dreiteilige Arte-Dokumentation „Afrikas neue Museen“zeigt nun auf eindrückliche Weise, dass auch afrikanische Museen die Frage umtreibt, wie sie die restituierten Gegenstände ausstellen sollen, wenn sie dabei den ethnografischen Blick vermeiden wollen, den die Kolonialherren einst auf sie warfen. Der Regisseur Lutz Gregor hat das ThéodoreMonod-Museum in Dakar besucht und zeigt in seiner Dokumenation „Koloniales Erbe in Dakar“, wie man dort versucht, einen neuen Umgang mit der eigenen Vergangenheit zu finden. Um die Objekte zu dekolonialisieren, versucht man in dem Museum, in den Ausstellungen stärker die Ästhetik der Stücke ins Zentrum zu rücken.
Eine weitere Strategie ist, zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler einzuladen, damit diese mit den einst geraubten Beständen arbeiten. Hervé Youmbi wollte den Bruch in der Geschichte des Landes symbolisch rückgängig machen – und hat hierzu eine Maske geschaffen, die zunächst bei rituellen Tänzen benutzt und also in den kultischen Kontext überführt wurde – und nun im Museum neben traditionellen Masken hängt. Ist das Ergebnis aber Kunst oder eher ein Kultgegenstand? Eine Frage, die auch den internationalen Kunstbetrieb in Zukunft stärker beschäftigen könnte, denn die Arte-Filme zeigen auch, dass die junge Kunstszene in Afrika stark ist und das Interesse an ihr auch im europäischen Kunstbetrieb wächst. Die bisher gängige Trennung zwischen Kunstobjekt hier und rituell aufgeladenen Gegenständen dort könnte durch die neuen Positionen schon bald obsolet werden.
Die Zusammenhänge sind mitunter zu komplex, als dass sie in den 30minütigen Filmen durchdrungen würden, zumal man bemüht war, vor allem afrikanische Akteure zu Wort kommen zu lassen – statt von oben herab den Kontext zu erklären, auch wenn das den Zuschauern manches erleichtern würde. Die Botschaft ist aber deutlich: Beim Thema Kolonialismus und Restitution geht es keineswegs nur um materielle Güter, sondern auch um den Kunstbegriff an sich und also auch um Weltbilder, die nun ganz neu befragt werden müssen.
Auch bei dem Streit, wohin die Benin-Bronzen in Nigeria nun eigentlich kommen sollen, geht es letztlich um die Frage, ob es sich um Kunst handelt oder um religiöse Gegenstände. Der Gouverneur des Bundesstaates Edo will die Bronzen in einem neuen Museum der Öffentlichkeit zugänglich machen und Benin City zur Kulturhauptstadt Afrikas machen. Aber auch der König von Benin erhebt Ansprüche, schließlich wurden die Bronzen damals aus dem Königshaus geraubt. Er würde sie nicht öffentlich als Kunstwerke zeigen, sondern sie wieder rituell nutzen.
Afrikas neue Museen,