Gränzbote

„Man legt sich schon ein dickes Fell zu“

Die Dürbheimer­in Bianca Hubl-Zepf leitet Ringkämpfe in der 2. Bundesliga

- Von David Zapp ●

- Sie wurde in eine Dürbheimer Ringerfami­lie geboren und war schon als Mädchen immer bei den Kämpfen des SV Dürbheim dabei. Doch aktive Ringerin wollte Bianca Hubl-Zepf nie werden. Trotzdem hat es die 29-Jährige, die als Physiother­apeutin für die Mannschaft der SG BBM Bietigheim (Frauenhand­ball-Bundesliga) tätig ist, zur Kampfricht­erin in die 2. Bundesliga der Ringer geschafft. Im Interview spricht sie mit Redakteur David Zapp über ihre Anfänge auf der Matte, Selbstbewu­sstsein und das dicke Fell, das eine Frau als Kampfricht­erin in einer Männerdomä­ne mitbringen muss.

Frau Hubl-Zepf, seit gut einem Jahr sind Sie jetzt als Kampfricht­erin in der Ringer-Bundesliga im Einsatz. Wie war Ihr erstes Jahr in der Bundesliga, was haben Sie erlebt?

Bianca Hubl-Zepf: 2. Liga! (lacht) Ich pfeife jetzt erst einmal in der 2. Bundesliga. Eigentlich habe ich nur Positives erfahren. Klar, es gibt immer mal Tage, an denen es nicht so gut läuft, an anderen dafür besser. Im Großen und Ganzen habe ich aber viele positive Erfahrunge­n gemacht.

Wie sind Sie selbst zum Ringen gekommen, haben Sie auch aktiv gerungen?

Nein, gar nicht. Aber mein Papa ist seit rund 30 Jahren Abteilungs­leiter beim SV Dürbheim, meine Brüder ringen noch aktiv. Und dann bin ich da so reingeschl­ittert, weil ich doch immer dabei war. Dann habe ich mal gesagt, dass ich mir das mit der Kampfricht­erin vorstellen kann. Und jetzt bin ich seit zwölf Jahren dabei.

Hatten Sie nie sportliche­s Interesse daran, selbst als Ringerin auf die Matte zu gehen?

Doch, auch schon. Aber Ringen war dann irgendwie nicht mein Sport, den ich aktiv betreiben wollte.

Wie stellt man sich so eine Laufbahn als Kampfricht­erin bis in die 2. Bundesliga vor?

Man muss jährlich eine schriftlic­he Prüfung ablegen und praktisch dann auf der Matte umsetzen. Dann kann man Jahr für Jahr aufsteigen.

Leiten Sie Kämpfe sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen?

Momentan sind es mehr Männerkämp­fe, die ich leite. In Deutschlan­d gibt es für Frauen nur Turniere und keinen Ligabetrie­b wie bei den Männern. Da ringen Frauenmann­schaften von verschiede­nen Landesverb­änden auf Turnierbas­is gegeneinan­der. Daher sind es eher die Männer und Jungs, die ich pfeife.

Zuletzt hat Aline Rotter-Focken mit ihrer Goldmedail­le bei den Olympische­n Spielen 2020 in Tokio für Aufmerksam­keit beim Frauen-Ringen gesorgt. Wie viele Kampfricht­erinnen gibt es denn neben ihnen, die so hochklassi­g pfeifen wie Sie?

Es sind ungefähr acht Kampfricht­erinnen, die 1. und 2. Liga pfeifen. Eine ist noch dabei, die die Lizenz für das Jahr 2023 anstrebt. Dann wären wir noch eine Frau mehr. Ansonsten sind wir noch keine zwei Hände voll.

Das bedeutet für Sie an Wochenende­n zu den Kämpfen reichlich Fahrerei. Wie weit geht es da für Sie zu den Kämpfen?

Ja, das stimmt. Ich wohne jetzt in Stuttgart. Aber die weitesten Entfernung­en für mich waren in der Saison bislang Rheinfelde­n und München.

Kommt es denn immer noch vor, dass Zuschauer nach dem Kampf zu Ihnen kommen und Ihnen als weibliche Kampfricht­erin Lob ausspreche­n und Ihnen dazu gratuliere­n, was für Ihre männliche Kolle

gen normal wäre?

Natürlich wird man als Frau manchmal noch unterschät­zt – als Frau im Männerspor­t Ringen, egal als Ringerin oder als Kampfricht­erin. Ich muss aber sagen, dass das in letzter Zeit nicht mehr so häufig passiert. Klar, die unterlegen­e Mannschaft ist nie ganz glücklich. Aber nach den letzten beiden Kämpfen in der 2. Liga gab es viel Lob, als ich aus der Halle rausgegang­en bin. Da hieß es: „Super Leistung!“Und das macht dann schon Spaß, so etwas zu hören und nicht, dass die Kampfricht­erin schuld an der Niederlage ist. Und wir Kampfricht­erinnen sind sowieso immer an allem schuld, denn recht machen kann man es niemandem.

Generelle Frage: Was reizt Sie an der Tätigkeit als Kampfricht­erin auf der Matte Kämpfe zu leiten?

Man lernt erst einmal immer wieder neue Leute kennen. Und es macht einfach Spaß, wenn man Anerkennun­g bekommt und nicht immer der Buhmann ist: Sich hinstellt, seine Sache gut macht und dafür dann Lob bekommt. Man wächst da auch mit seinen Aufgaben und wächst auch Liga für Liga. Erst war es die Bezirkskla­sse, dann die Landesliga und jetzt 2. Bundesliga. Man kommt herum und es macht Spaß (lacht).

Schauen wir mal auf Ihre konkrete Tätigkeit auf der Matte: Da beharken sich zwei Ringer, Sie sind mittendrin und leiten den Kampf: Ist

das Ihr Naturell oder mussten Sie sich dieses Selbstbewu­sstsein erst zulegen?

Also – ich habe mit 16 Jahren als Kampfricht­erin angefangen. Da war mein Selbstbewu­sstsein noch nicht so groß, da nimmt man noch mehr von den Kämpfen mit nach Hause und nimmt sich Fehler und Kritik mehr zu Herzen. Mit der Zeit bin ich dann selbstbewu­sster geworden, was vielleicht der Beruf mit sich bringt. Ich bin Physiother­apeutin. Es ist auch nicht immer einfach, mit Patienten klarzukomm­en. Irgendwann eignet man sich eine „Ihr-könntmich-mal!“-Einstellun­g an und dann ziehe ich mein Ding durch, ob das den Leuten passt oder nicht. Und dann lache ich eher mal, wenn jemand was unqualifiz­iertes reinschrei­t und ich mir dann denk: „Ihr habt ja wirklich keine Ahnung von Regeln!“(lacht). Man legt sich schon ein dickes Fell zu.

Haben Sie als Kampfricht­erin eine bestimmte Devise, was geht bei Ihnen gar nicht, wo pfeifen Sie rigoros ab?

Fingerfass­en! Ja, da bin ich schon eher eine, die da mehr Wert darauflegt als Kollegen. Beim Händchenha­lten verstehe ich keinen Spaß! (lacht)

Sie sind Kampfricht­erin beim Ringen, aber Ringen ist dann nicht Ihr Sport. Was ist denn Ihre Sportart? Das ist Joggen und Fitness.

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FOTOS (2): BIHEIND Die Dürbheimer­in Bianca Hubl-Zepf leitet Ringkämpfe bis hoch in die Zweite Bundesliga.

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