Bademode für die Sternsinger
Man braucht kein diplomierter Meteorologe oder grimmiger Klimapessimist zu sein, um festzustellen: Mit diesem Winter stimmt was nicht. Freilich werden nun im Hintergrund wieder die Stimmen aufbrausen, die immer schon gewusst haben wollen, dass es seit jeher im Januar Badewetter gegeben habe. Weil es ja auch unangenehm wäre, sich einzugestehen, dass 20 Grad zu Silvester womöglich doch ein bisschen komisch sein könnten.
Aber es ist nicht unsere Aufgabe, an jemandes Überzeugungen zu rütteln. Für aufwendige Aufrüttelungsaktionen
ist es sowieso viel zu warm. Ebendiese ungewöhnliche Wärme hat nicht nur Auswirkungen auf die Flora – mancherorts wachsen Gänseblümchen und Löwenzahn –, sondern auch auf idealistische Figuren wie die Sternsinger. Über Generationen hinweg war es klar, dass die Kostüme der drei Weisen aus dem Morgenland aus möglichst wärmenden Stoffen gefertigt sein müssen, damit sich Kaspar, Melchior und Balthasar bei ihren Wanderungen durch den Schneematsch nicht verkühlen.
Bei diesem milden Wetter kann von Schneematsch nicht die Rede sein und dicker Wollzwirn ist freilich gänzlich ungeeignet, um zu Fuß und beladen mit Weihrauch, Myrrhe und Gold durch die Reihenhaussiedlungen zu latschen. Vorbei auch die Zeiten, als den Königen an der Haustüre heißer Tee zur Rast hochwillkommen war. Nun kann man höchstens mit gut gekühltem Eistee punkten. Auch dürfte die Witterung demnächst Einfluss auf die gesungenen Lieder haben und statt des erbaulichen „Stern über Bethlehem“ertönt dann „Pack’ die Badehose ein“. (nyf )