Trump gehört der Prozess gemacht
Zwei Jahre nach dem Sturm auf den US-Kongress besteht kein Zweifel mehr daran, was an diesem Tag im Detail geschehen ist. Es handelte sich nicht um einen außer Kontrolle geratenen Protest enttäuschter Anhänger von Donald Trump, der die Wahl mit sieben Millionen Stimmen Abstand verloren hatte. Den Ereignissen nicht gerecht wird auch die anfängliche Einschätzung eines von wirren Fans und Verschwörer-Schamanen dominierten „Clown-Coups“.
Dank der akribischen Aufarbeitung des Untersuchungsausschusses zum 6. Januar über die letzten 18 Monate lässt sich dieser Tag korrekt nur als versuchter Staatsstreich beschreiben. Dass der von Trump inszenierte Coup scheiterte, macht diese Breitseite auf die Demokratie in Amerika dabei nicht weniger bedeutsam. Es war das erste Mal in der Geschichte der USA, dass ein bei demokratischen Wahlen unterlegener Präsident den Willen des Volkes nicht akzeptieren wollte. Dieser einmalige Vorgang verlangt eine nicht minder eindeutige Antwort des Rechtsstaats. Alles andere käme einer Einladung an den nächsten Möchtegernautokraten gleich, es demnächst wieder zu versuchen.
So wichtig es ist, den Ex-Präsidenten strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen, so gefährlich wäre es allerdings, die Aufarbeitung des 6. Januar auf Trump zu reduzieren. Gewiss, ohne den „Make America Great Again“-Führer wäre es nicht zu diesem letzten gewaltsamen Akt gekommen. Richtig ist aber auch, dass Trump allein nicht dazu in der Lage gewesen wäre. Er benötigte dafür ruchlose Juristen der Sorte Rudy Giuliani, John Eastman oder Cleta Mitchell, die halfen, das Recht bis zur Unkenntlichkeit zu verbiegen.
Bereit standen auch Dutzende Abgeordnete der Republikaner im US-Kongress, die mit Trumps Stabschef Mark Meadows Ideen diskutierten, wie der Wählerwille ignoriert werden könnte. Dass mit Jim Jordan einer dieser Mitverschwörer auf dem Sprung steht, die Führung des Justizausschusses im neuen Repräsentantenhaus zu übernehmen, illustriert die Dimension des Problems.
Trump kommandierte dieses Netzwerk, ergänzt um alle möglichen rechtsradikalen Schlägertrupps, die zusammen den 6. Januar 2021 möglich machten. Die nächste Phase der Aufarbeitung muss sich auch mit diesem Sumpf befassen, damit die amerikanische Demokratie wehrhaft bleibt.