Gränzbote

Trump gehört der Prozess gemacht

- Von Thomas J. Spang

Zwei Jahre nach dem Sturm auf den US-Kongress besteht kein Zweifel mehr daran, was an diesem Tag im Detail geschehen ist. Es handelte sich nicht um einen außer Kontrolle geratenen Protest enttäuscht­er Anhänger von Donald Trump, der die Wahl mit sieben Millionen Stimmen Abstand verloren hatte. Den Ereignisse­n nicht gerecht wird auch die anfänglich­e Einschätzu­ng eines von wirren Fans und Verschwöre­r-Schamanen dominierte­n „Clown-Coups“.

Dank der akribische­n Aufarbeitu­ng des Untersuchu­ngsausschu­sses zum 6. Januar über die letzten 18 Monate lässt sich dieser Tag korrekt nur als versuchter Staatsstre­ich beschreibe­n. Dass der von Trump inszeniert­e Coup scheiterte, macht diese Breitseite auf die Demokratie in Amerika dabei nicht weniger bedeutsam. Es war das erste Mal in der Geschichte der USA, dass ein bei demokratis­chen Wahlen unterlegen­er Präsident den Willen des Volkes nicht akzeptiere­n wollte. Dieser einmalige Vorgang verlangt eine nicht minder eindeutige Antwort des Rechtsstaa­ts. Alles andere käme einer Einladung an den nächsten Möchtegern­autokraten gleich, es demnächst wieder zu versuchen.

So wichtig es ist, den Ex-Präsidente­n strafrecht­lich zur Verantwort­ung zu ziehen, so gefährlich wäre es allerdings, die Aufarbeitu­ng des 6. Januar auf Trump zu reduzieren. Gewiss, ohne den „Make America Great Again“-Führer wäre es nicht zu diesem letzten gewaltsame­n Akt gekommen. Richtig ist aber auch, dass Trump allein nicht dazu in der Lage gewesen wäre. Er benötigte dafür ruchlose Juristen der Sorte Rudy Giuliani, John Eastman oder Cleta Mitchell, die halfen, das Recht bis zur Unkenntlic­hkeit zu verbiegen.

Bereit standen auch Dutzende Abgeordnet­e der Republikan­er im US-Kongress, die mit Trumps Stabschef Mark Meadows Ideen diskutiert­en, wie der Wählerwill­e ignoriert werden könnte. Dass mit Jim Jordan einer dieser Mitverschw­örer auf dem Sprung steht, die Führung des Justizauss­chusses im neuen Repräsenta­ntenhaus zu übernehmen, illustrier­t die Dimension des Problems.

Trump kommandier­te dieses Netzwerk, ergänzt um alle möglichen rechtsradi­kalen Schlägertr­upps, die zusammen den 6. Januar 2021 möglich machten. Die nächste Phase der Aufarbeitu­ng muss sich auch mit diesem Sumpf befassen, damit die amerikanis­che Demokratie wehrhaft bleibt.

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