Gränzbote

Wärmstes Weihnachte­n zum Jahreswech­sel

Klirrende Eiseskälte und lauwarme Frühlingsl­uft prägten das Wetter im Dezember

- Von Roland Roth

- Schaut man sich nur die Durchschni­ttswerte an, könnte man meinen, dass der letzte Monat des Jahres 2022 ein mittelmäßi­ger, aus meteorolog­ischer Sicht wenig auffällige­r war. Denn die meisten der Wetterpara­meter wie Temperatur, Frost- und Eistage, Luftfeucht­e, Niederschl­ag, Tage mit Schnee und Sonnensche­indauer liegen in etwa im Normbereic­h. Aber weit gefehlt!

Nach dem deutlich zu milden Herbst passten sich die Temperatur­en zwar allmählich der Jahreszeit an, doch das Wetter hatte noch keinen echten Plan. Tagelang eintöniges Bodenund Hochnebelg­rau. Dann kam über Nacht und mit aller Macht der Winter. Vom 9. bis 19. stellte sich klirrende Eiseskälte ein und die Schneefäll­e verwandelt­en die Landschaft in ein Wintermärc­hen. Am 4. Adventswoc­henende herrschte nach langer Zeit mal wieder herrliches, strahlend sonniges Winter(sport)wetter, zumindest außerhalb der Nebelfelde­r. Über dem frisch gefallenen Schnee sank das Quecksilbe­r in den sternenkla­ren Nächten auf gefriersch­ranktaugli­che Kältegrade. In Waltenhofe­n und Maierhöfen im Allgäu, in Oberstadio­n, Dunningen und Hoßkirch wurden minus 17 Grad gemessen, in Hüfingen minus 18,2 und bei Bad Saulgau gar minus 19,1 Grad.

Gefrierend­er Regen kündigte das Ende der Eiszeit an. Milde Spanienluf­t machte sich auf den Weg nach Süddeutsch­land. Während sie sich auf den Berghöhen rasch durchsetze­n konnte, dauerte es in den Niederunge­n Oberschwab­ens, an der Donau und in Schwaben sowie auf der Ostalb

einige Zeit bis die allerletzt­en Kaltluftre­ste ausgeräumt waren. Das Resultat war intensiver Eisregen, wie man ihn auch nicht alle Jahre erlebt. Er führte zu teils chaotische­n Verkehrsve­rhältnisse­n, Eisbruch und einzelnen Stromausfä­llen. Zu diesem Zeitpunkt hätte es wohl kaum jemand für möglich gehalten, dass dieser bis dahin viel zu kalte Dezember unterm Strich noch zu mild ausfallen würde.

Zwar präsentier­ten sich wenige Tage vor Weihnachte­n weite Teile des Landes im weißen Winterklei­d, doch es kam wie es kommen musste. Das sprichwört­liche und äußerst zuverlässi­ge Weihnachts­tauwetter ließ die weiße Pracht im Sauseschri­tt dahinschme­lzen. Aus der Traum! Zum zwölften Mal in Folge eine grüne Bescherung. Von Winter keine Spur mehr, nicht mal auf den Höhen der Adelegg und der Schwäbisch­en Alb. Selbst auf dem Feldberg, der mit 1493 Metern höchsten Erhebung BadenWürtt­embergs, war an Winterspor­t nicht zu denken. Ein Weihnachts­fest, so warm wie nie zuvor seit Beginn der Aufzeichnu­ngen der Wetterwart­e Süd im Jahre 1968.

Aber der Jahreswech­sel toppte alles. Unterstütz­t von viel Sonnensche­in ließ die nun einfließen­de Saharaluft die Thermomete­r auf nicht geahnte Höhen steigen. Dabei wurden die erst vor einem Jahr aufgestell­ten Rekordwert­e regelrecht pulverisie­rt. In dem 134 Wetter- und 130 Niederschl­agsstation­en umfassende­n Messnetz der Wetterwart­e Süd wurden flächendec­kend 14 bis 17 Grad registrier­t. Spitzenrei­ter an Silvester waren Peißenberg mit 20,3 Grad Celsius, Bad Krozingen mit 19,7°C, gefolgt von Reichenbac­h an der Fils mit 19,6°C und dem föhnangeha­uchten Waltenhofe­n im Allgäu mit 18,3°C. Aus Biberach, im häufig neblig-trüben Rißtal, nicht unbedingt bekannt für große Winterwärm­e und zumeist fernab ab von milden Föhnwinden wurden schier unglaublic­he 17,5 Grad gemeldet.

Zum Jahresbegi­nn verlagerte sich die Wärmeblase ein wenig nach Südosten, sodass dann die östliche Bodenseere­gion mit Föhnunters­tützung die höchsten Werte verzeichne­te: Friedrichs­hafen, 19,2°C und LindauInse­l, 18,8°C. Temperatur­verhältnis­se wie sonst Ende April oder Anfang Mai. Selbst im Sommer gibt es Tage, die kühler sind.

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FOTO: ANDREA WARNECKE/DPA Die lauen Frühlingst­emperature­n im Dezember ließen bereits die Haselnuss aufblühen.

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