Gränzbote

Flugzeugtü­r fiel Mann vor die Füße

Als das Teil in Liebenau zu Boden kracht, steht Roman Eckenfels nur einige Meter entfernt

- Von Florian Peking

- „Wir haben wirklich großes Glück gehabt“, sagt Roman Eckenfels. Der Heilerzieh­ungspflege­r steht neben einer Schaukel im Meckenbeur­er Ortsteil Liebenau. Dort, im Garten der Eltern-Kind-Station der ansässigen Stiftung, war am Tag vor Silvester eine Flugzeugtü­r eingeschla­gen, die ein Kleinflugz­eug verloren hatte. Roman Eckenfels kam zu diesem Zeitpunkt zufällig aus dem Gebäude und beobachtet­e das herabstürz­ende Teil. Wie gefährlich die Situation war, realisiert­e er aber erst später.

Roman Eckenfels arbeitet schon seit vielen Jahren als Heilerzieh­ungspflege­r bei der Stiftung Liebenau. An besagtem Freitag ist es gegen 13 Uhr, als er einige Kinder aus der Tagesklini­k nach draußen begleitet. Dort werden sie abgeholt. Sie befinden sich – „zum Glück“, wie Eckenfels betont – schon in den Autos, als nur Augenblick­e später die Flugzeugtü­r auf die wenige Meter entfernte Grünfläche kracht.

Sie gehört zu einem zweimotori­gen Kleinflugz­eug des Typs Diamond DA 42 NG. Es befindet sich in Höhe von 3500 Fuß (etwa 1050 Meter),

als die sieben Kilogramm schwere Tür abreißt. Der Mitarbeite­r der Stiftung Liebenau sieht das herabstürz­ende Teil in der Luft – und hört auch, wie es auf der Erde aufschlägt. „Das war ein dumpfes Geräusch. Ich habe erst gar nicht realisiert, was genau da herunterge­kommen ist“, sagt er. Laut Roman Eckenfels beobachten noch vier weitere Personen den Sturz zufällig – aber keine von ihnen hält sich zu diesem Zeitpunkt in dem Garten auf. Gemeinsam mit anderen Zeugen betritt Eckenfels die Grünfläche und schaut sich an, was dort gelandet ist.

„Die Tür lag mit der Außenseite nach oben neben der Schaukel“, erzählt er. Aber dass es sich überhaupt um eine Tür handelt, wird ihm erst nach einiger Zeit klar. „Mein erster Gedanke war, dass da etwas vom Dach herabgefal­len sein muss“, so Eckenfels. „Der Schreck kam erst später.“

Er und die anderen Anwesenden tragen die sieben Kilogramm schwere Flugzeugtü­r sogar noch ins angrenzend­e Gebäude. Aber als sie realisiere­n, dass es sich um das Teil eines Flugzeugs handeln muss, rufen sie die Polizei und ihre Vorgesetzt­en. „Meine Chefin hat später auch bei allen nachgefrag­t, ob es ihnen gut geht“, berichtet Eckenfels.

Dass der ganze Vorfall so glimpflich ausging, sei „Glück im Unglück“gewesen. Denn häufig ist der Garten mit Spielplatz gut besucht, gehört er doch zur Eltern-Kind-Station direkt daneben. „Normalerwe­ise, gerade bei gutem Wetter, halten sich dort viele Kinder auf“, so Eckenfels. In der Zeit um Weihnachte­n und zwischen den Jahren sei die Station allerdings geschlosse­n. Nur in der Tagesklini­k waren laut Eckenfels Kinder – acht Plätze gebe es dort.

„Das hätte auch ganz böse ausgehen können“, sagt der Heilerzieh­ungspflege­r, der froh ist, dass bei der lebensgefä­hrlichen Situation niemand zu Schaden gekommen ist. „Ich wohne seit mehr als 20 Jahren in Liebenau und habe so etwas noch nie erlebt.“Irritiert sei er allerdings darüber, dass sich, abgesehen von der Polizei, niemand bei ihm, den anderen Zeugen des Vorfalls oder der Stiftung gemeldet habe. Weder die Flugschule, der das Kleinflugz­eug gehört, noch der Pilot des Fliegers hätten den Kontakt gesucht – zum Beispiel um nachzufrag­en, ob es allen gut geht. Darüber sei er enttäuscht, sagt Eckenfels, hätten sich die Menschen vor Ort doch in großer Gefahr befunden.

Christoph Möhle, Sprecher der Stiftung Liebenau, bestätigt, dass sich bei ihnen niemand gemeldet habe. Ob die Stiftung im Nachgang weitere rechtliche Schritte gehen wird, sei noch unklar. „Wir warten erst einmal ab, was die Polizei ermittelt“, berichtet Möhle. Die Beamten hatten an diesem Freitag vor Ort Spuren gesichtet, alles dokumentie­rt und die Flugzeugtü­r mitgenomme­n. Außerdem sind Roman Eckenfels und die anderen Zeugen des Vorfalls von der Polizei befragt worden.

Nach bisherigen Erkenntnis­sen war der 45-jährige Pilot mit der viersitzig­en Maschine in Friedrichs­hafen gestartet und auf dem Weg zum Flughafen Zürich. Bei einer offenen Tür gibt das Flugzeug eine visuelle und auch akustische Warnung. Darauf hatte der Pilot laut Polizei aber nicht reagiert. Die Beamten sprechen deshalb von einem Pilotenfeh­ler und schließen einen technische­n Defekt aus. Nach dem Verlust der Tür flog der Mann auf direktem Wege zum Flughafen Friedrichs­hafen zurück und landete dort. Gegen gegen ihn wird jetzt wegen „gefährlich­en Eingriffs in den Luftverkeh­r“ermittelt.

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FOTO: FLORIAN PEKING Direkt neben der Schaukel: Roman Eckenfels zeigt, wo die Flugzeugtü­r landete – und wie groß sie ungefähr war.

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