Bargeldlos durch Dänemark
Der Dichter Bertolt Brecht hat mal in Bezug auf die Größe eines Verbrechens gefragt: „Was ist der Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?“Diese Frage stellt sich in Dänemark inzwischen niemand mehr, denn im Jahr 2022 ist es in diesem schönen Land nicht ein einziges Mal zu einem Banküberfall gekommen. Freilich liegt es nicht nur an der unbedingten Gesetzestreue der Dänen, sondern am Umstand, dass inzwischen kaum mehr eine Bank so viel Bargeld bereithält, dass sich ein Überfall lohnen könnte. Und virtuelles Geld kann man mit vorgehaltener Waffe nicht rauben. Genauso sinnlos wäre es, die Bank zu nötigen, eine Million dänischer Kronen an ein Faxgerät zu senden.
Wer also in Kopenhagen ein Vermögensdelikt begehen will, ist quasi auf den Mundraub zurückgeworfen, weil auch der durchschnittliche Passant auf den Straßen der Hauptstadt meist nur noch Plastikgeld mit sich führt. Und wenn in der Brieftasche keine Scheine mehr drin sind, hat ja der ganze Taschendiebstahl keinen Sinn. Im Jahr 2021 – so hat es die Dänische Zentralbank mitgeteilt – wurden nur noch zwölf Prozent aller Zahlungen mit Bargeld abgewickelt, mit fallender Tendenz.
Während die Dänen also ein völlig unromantisches Verhältnis zum Bargeld haben, pflegen die Deutschen eine besonders enge Beziehung zu den Scheinchen. Am Weltspartag ziehen sie ihre prallen Sparschweine laut schüttelnd in die Schalterhallen. Doch weil Geld allein eh nicht glücklich macht, ist es nachrangig, wie wir es zum Fenster hinauswerfen. Bar oder virtuell ist Jacke wie Hose. (nyf )